WÄHREND DU SCHLIEFST
(While You Were Sleeping)
USA 1995
Dt. Erstaufführung: 27.07.1995
Regie: Jon Turteltaub
Dt. Erstaufführung: 27.07.1995
Regie: Jon Turteltaub
Ein Film wie Während
du schliefst kann bei aller Malen-nach-Zahlen-Dramaturgie dennoch ein
befriedigendes Erlebnis bieten, wenn er den Schauspielern genug Material gibt,
um damit zu arbeiten und vor allem wenn er es schafft, der Wiederkehr des
Immer-Gleichen dennoch einen gewissen Charme abzutrotzen. Jon Turteltaub (Cool Runnings – Dabei sein ist alles)
und seine Drehbuchautoren Daniel G. Sullivan und Fredric LeBow schaffen genau
das und es ist verwunderlich, dass Sullivan und LeBow weder zuvor noch danach
wieder ein Drehbuch verfassten, als wären sie gute Geister, die Während du schliefst zum Erfolg
verhelfen sollten.
Lucy (Sandra Bullock) ist eine hoffnungslose Romantikerin.
Sie arbeitet als Ticketverkäuferin bei den Verkehrsbetrieben von Chicago und
träumt jeden Tag aufs Neue davon, Peter (Peter Gallagher) anzusprechen, den
Mann, der bei ihr jeden Tag ein Ticket kauft und wie die Verkörperung all ihrer
Träume daherkommt. Als Peter eines Tages auf dem Bahnsteig überfallen und ins
Gleisbett fällt, wo er ohnmächtig liegen bleibt, rettet Lucy ihm das Leben,
bevor er von einem herannahenden Zug erfasst werden kann. Im Krankenhaus lernt
sie Peters quirlige Familie kennen und wird durch ein Missverständnis für
Peters Verlobte gehalten. Eh sich Lucy versieht ist sie Teil des Clans – eine
willkommene Abwechslung zu ihrem Single-Dasein, vor allem an Weihnachten. Sie
bringt es nicht übers Herz, die Situation aufzuklären, was mit fortschreitender
Zeit auch immer schwieriger wird. Und dass sie sich langsam in Peters
skeptischen Bruder Jack (Bill Pullman) verliebt, macht die Sache auch nicht
leichter…
Während Sandra Bullock meistens mühelos zwischen
komödiantischen und dramatischen Stoffen hin und her pendeln kann, ist Bill
Pullman in letzteren weniger effektiv – und versucht es zu seinen Missgünsten
dennoch ständig. Doch in Während du
schliefst bilden sie ein glaubwürdiges Leinwandpaar, die die verwandten
Seelen treffend verkörpern und sich die Bälle auf emotionaler und
komödiantischer Ebene zuwerfen. Das Drehbuch nimmt sie als Charaktere ernst und
die beiden Darsteller finden sich so in einer dankbaren Situation wieder. Sie
müssen nicht gegen das Script arbeiten und bekommen vor allem auch keine
peinlichen Vorgaben. Sandra Bullock sollte 14 Jahre später auf höchst
furchtbare Weise erfahren, was es bedeutet, wenn sich diese beiden Vorgaben
unheilvoll verquicken – Verrückt nach
Steve ist sicherlich einer der absoluten Tiefpunkte ihrer Karriere.
Auch die anderen Darsteller sind ganz bei der Sache. Vor
allem der immer verlässliche Jack Warden (Die
zwölf Geschworenen, Der Himmel kann
warten, Die Unbestechlichen) gibt
eine liebenswerte Performance ab. Und dies ist wahrscheinlich das treffendste
Adjektiv, um Während du schliefst zu beschreiben
– liebenswert. Der Film ist weder von Zynikern noch für Zyniker und sein
unbedingter Glaube an seine formelhafte Geschichte hat etwas Entwaffnendes. Man
mag viele Kniffe bereits vorher erahnen, man mag das Ende bereits Meilen vor
dem Ziel klar vor sich sehen, aber der Unterschied zu den massenhaften
durchschnittlich bis unerträglichen Vertreter der romantic comedys ist, dass hier beide Elemente durch den Einsatz
aller Beteiligten funktionieren. Der Film ist romantisch (und lässt Lucy auch
nicht wie eine Stalkerin mit psychischen Problemen erscheinen, sondern als
genuin einsame Seele) und witzig (viel davon durch das Zusammenspiel von Lucy
und ihrer neuen Chaos-Familie) und erfüllt damit sozusagen die Mindestanforderungen.
Diverse Vertreter des Genres sind schwach entweder in einem oder in beiden
Abteilungen, Während du schliefst
schlägt überall die richtigen Töne an.
Ist der Film vollkommen inkonsequente, leicht zu verdauende Unterhaltung?
Zweifellos. Doch er geht mit so viel Elan an die Sache heran, dass es schwierig
ist, ihn dafür zu kritisieren. Während du
schliefst hält kaum dramaturgische oder gestalterische Überraschungen
parat, aber als das, was er ist – ein warmherziger, unterhaltsamer Zeitvertreib
– ist er eine Empfehlung wert. Man kann sich die Zeit deutlich schlechter
vertreiben als in der Gegenwart eines gut aufgelegten Casts, dass ein bei aller
Bekanntheit dennoch von guter Laune vibrierendes Drehbuch durchspielt.
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