Mittwoch, 4. Dezember 2013

Family Man - Eine himmlische Entscheidung (2000)




FAMILY MAN – EINE HIMMLISCHE ENTSCHEIDUNG
(The Family Man)
USA 2000
Dt. Erstaufführung: 14.12.2000
Regie: Brett Ratner

Family Man ist ein sehr sentimentaler Film. Was ihn leidlich interessant macht sind die kleinen Subversitäten, die Regisseur Brett Ratner einbaut, um gegen den Zuckerguss zu kämpfen. Diese können den Film zwar auch nicht davor bewahren, überlang und unterentwickelt daherzukommen, aber sie tun ihr bestes, damit er nicht gänzlich zu einer vergessenswerten Ausrede für etwas Weihnachtsmystik wird.

Jack Campbell (Nicolas Cage) lebt als Broker auf der Überholspur des Lebens, Geld, schneller Sex und ein Ferrari gehören für ihn zu einer ausgefüllten Existenz. Doch eines Weihnachtsabends interveniert eine nicht näher genannte übersinnliche Kraft in Gestalt des Ladendiebes Cash (Don Cheadle) in Jacks Leben und am nächsten Morgen erwacht er nicht in seinem Apartment in Manhattan, sondern in einem kleinen Haus in Jersey neben seiner Ex-Freundin Kate (Téa Leoni) und zwei Kindern (Makenzie Vega und Jake & Ryan Milkovich). Die beiden sind verheiratet und langsam beginnt Jack zu realisieren, dass er in einem Leben erwacht ist, das er führen würde, hätte er sich von Jahren gegen einen karrierefördernden Aufenthalt in London und für Kate entschieden. Zunächst will Jack um jeden Preis seine Broker-Existenz zurück, doch dann gewinnt der Charme der Vorstadt mehr und mehr an Reiz…

Family Man bedient sich – natürlich – vieler Charles-Dickens-Elemente, der König der Weihnachtsgeschichten wird aber in den Credits nicht genannt. So viel dazu. Darüber hinaus gibt es ein paar wenige Momente, die den Zuschauer geradezu aufhorchen lassen. Wenn Jacks Tochter sich ihm nähert und dann an seinem Blick erkennt, dass er nur so aussieht wie ihr Vater aber emotional nicht der Mann ist, den sie aus ihrer Realität kennt und erschrocken zurückweicht, nimmt der Film seine „alternative Realität“-Prämisse erstaunlich ernst (auch wenn dieses Aspekt danach eher halbherzig verfolgt wird). Don Cheadle als Geist/Engel/was-auch-immer gelingt es eine geheimnisvolle Aura aufzubauen, die ihn wahrlich wie eine übersinnliche Entität daherkommen lässt. Am meisten profitiert der Film aber von der Chemie zwischen Nicolas Cage und Téa Leoni, die die Charaktere mehr zum Leben erweckt als die Klischees, die das Drehbuch ihnen zum Arbeiten an die Hand gibt.

Erstaunlich ist auch, dass der Film sich zum Ende nicht in rührseliger Gelassenheit bettet. Das Ende lässt Raum für Spekulationen und verfällt auch nicht in eine simple Schwarz/Weiß-Rhetorik. Über weite Teile sieht es so aus, als würde Family Man sich auf dem simplen Gegensatz „böse, herzlose und einsame Finanzwelt Vs. Ökonomisch prekäre, aber glückliche Kleinstadtidylle“ ausruhen. Dem ist nicht so, auch wenn es diverse Elemente gibt, die dies zunächst bekräftigen. Am Ende aber ist Family Man immerhin klug genug, um nicht auf einfache romantisierte Vorstellungen hereinzufallen. Auch in der Alternative gibt es dunkle Flecken und Ratner lässt es offen, ob Jack und Kate einen Kompromiss finden können. Letztlich ist der Film eher ein Plädoyer für Kompromissbereitschaft als ein Loblied auf die hart arbeitende Lower-Class, die von Zukunftsangst getrieben dennoch viel Herzlichkeit aufbringen kann. Denn, das sollte man sich klar machen, die Welt, in der Jack Broker ist, stellt die filmische Realität dar. So hat das Ende auch etwas Bitteres an sich: all die Menschen, die man in der Alternative kennenlernte, existieren in dieser Form nicht. Manche werden womöglich sogar nie geboren.

Trotz dieser Implikationen ist Family Man ein optimistischer, um nicht zu sagen etwas schmalziger Film. Auch wenn er im Subtext durchaus subversive Elemente mit sich bringt bietet er auf der Oberfläche doch viel crowd pleaser-Material an. Weihnachten ist der Aufhänger, viel vom Film spielt aber in den Monaten danach. Dennoch behält er eine wohlige Atmosphäre bei, die er augenscheinlich aus den Feiertagen ableitet. So ist Family Man am Ende des Tages ein hübscher, inkonsequenter Film, der dank der Darsteller und einiger interessanter Fragestellungen gut unterhält, aber auch schnell wieder vergessen werden dürfte. Family Man ist wie eine Packung Lebkuchen: schnell gegessen und genossen, aber so richtig gesättigt oder kulinarisch befriedigt fühlt man sich danach nicht.


http://filmblogosphaere.wordpress.com/

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