Donnerstag, 19. Dezember 2013

Home for Christmas (2010)




HOME FOR CHRISTMAS
(Hjem til jul)
Norwegen/Schweden/Deutschland 2010
Dt. Erstaufführung: 02.12.2010
Regie: Bent Hamer

Man spürt es in jedem Frame des Films: Home for Christmas meint es ja nur gut. Handwerklich ohne Beanstandung, manche Einstellungen gar für sich genommen grandios, ist dieser norwegische Beitrag zum Weihnachtskino vor allem eins: ziellos. Der Weg ist das Ziel, könnte man nun einwerfen, aber leider ist auch der Weg eher all over the place, die die US-Amerikaner gerne sagen, wenn man nicht so recht weiß, was das Ganze denn nun ergeben soll. Home for Christmas schlingert durch diverse Geschichten, die lose bis sehr lose miteinander verbunden werden und wenn es das Anliegen von Regisseur Bent Hamer gewesen war, der Banalität des Lebens etwas abzugewinnen, dann muss man dies als gescheitert betrachten. Manche Filme finden Poesie und Würde in der Banalität des Alltäglichen, bei Hamer ist es einfach nur das – banal.

Heiligabend in Skogli, Norwegen: es ereignen sich diverse kleine Geschichten im Schutze der Nacht. Paul (Trond Fausa Aurvaag) darf seine Kinder nicht sehen, weil seine Frau und ihr neuer Mann ihm das verbieten. Kurzerhand besorgt er sich bei seinem Freund, dem Arzt Knut (Fridtjov Saheim) eine spezielle Zutat zu seinem Plan, wie es doch noch klappen könnte. Knut derweil ist sich in seiner Ehe unsicher, ob er und seine Frau ein Kind bekommen sollten und bekommt einen klaren Kopf, als er während seines Bereitschaftsdienst einem serbisch-albanischen Paar (Igor Necemer & Nina Zanjani) bei der Geburt ihres ersten Kindes hilft. Zwei ältere Kinder, Thomas (Morten Ilseng Risne) und Bintu (Sarah Bintu Sakor), verlieben sich gerade trotz ihrer religiösen Unterschiede, während sich ein Obdachloser (Reidar Sorensen) auf den Weg nach Skogli macht. Karin (Nina Andresen Borud) derweil wird von ihrer Affäre enttäuscht und sucht einen Weg, klare Verhältnisse zu schaffen, während Simon (Joachim Calmeyer) auf die Widerkehr seines lange abwesenden Sohnes wartet.

In seinen Einzelheiten ist Home for Christmas gar nicht schlecht. Pauls Geschichte ist in ihrer Mischung aus schwarzem und abseitigen Humor und ihrer nonchalanten Konklusion „typisch skandinavisch“, während die aufkeimende Liebe zwischen Bintu und Thomas ziemlich niedlich ist – er verweigert sogar das Familienessen und beschwört den Zorn seiner Mutter herauf, um mit Bintu zusammen zu sein. Karins Geschichte steuert in der (Pseudo-)Auflösung auf die beste Szene des Films zu und das Hamer den Zuschauer hier in der Schwebe lässt, kann man kongenial oder ärgerlich finden. Die meisten anderen Dinge, die in den restlichen Episoden aufgetischt werden, tendieren eher zu letzterem. Es ist vor allem das Plakative, dass Home for Christmas etwas zu forciert erscheinen lässt. In der Heiligen Nacht wird ein Kind von gesellschaftlich Marginalisierten in einer Waldhütte ohne fließendes Wasser geboren – ja, danke, wir haben es verstanden. Die Mutter des Kindes steht zudem noch in Bezug zu dem düsteren, im ehemaligen Jugoslawien spielende Prolog des Films, der erst durch eine denkbar müde „Auflösung“ integriert wird. Keine Überraschung, keine besonders kluge Konstruktion – dieser rahmengebende Moment verpufft in seiner Bedeutungslosigkeit genauso wie der unvermeidliche Todesfall, bei dem man der Figur nicht nachtrauert, weil man alles Wissenswerte über sie erst in dem Moment durch einen redseligen Notarzt erfährt. Der Tod als Nostalgieaufhänger, sehr schön.

Die melancholische Stimmung, die über Home for Christmas liegt, hat etwas für sich, könnte aber einen weniger nichtssagenden Film vertragen. Als Stimmungsbild mag der Film irgendwie funktionieren, aber dafür fehlt dann wieder die Ausgewogenheit. Und in seiner behäbigen Schwermütigkeit fehlt ihm dann wieder die stimmige Narration. So steht Home für Christmas einerseits für einen gewissen Jim-Jarmusch-Touch á la Night on Earth (ohne dessen Genialität zu erreichen), andererseits für plakative, ins Leere verlaufende Manipulation und blankem Kitsch, den man schwer verzeihen kann, weil die Bindungen zu den Figuren kaum existent sind.
Bent Hamer findet einige prägnante Bilder und ab und zu blitzt auch ein unbestreitbares inszenatorisches Talent auf, aber da er seinen Film einerseits mit Banalitäten überfrachtet und andererseits mit prägnanten Charakteren unterversorgt, ist Home for Christmas nicht der Film, der er augenscheinlich gerne wäre und den man auch so gern in ihm sehen wollen würde.


http://filmblogosphaere.wordpress.com/

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