Sonntag, 8. Dezember 2013

Tatsächlich...Liebe (2003)




TATSÄCHLICH…LIEBE
(Love Actually)
Großbritannien/USA/Frankreich 2003
Dt. Erstaufführung: 20.11.2003
Regie: Richard Curtis

Noch einen Monat bis Weihnachten: In London müssen sich eine ganze Reihe von Individuen mit allen möglichen Formen von Liebe und ihren Begleiterscheinungen herumschlagen. Schriftsteller Jamie (Colin Firth) erwischt seine Freundin mit seinem Bruder im Bett, woraufhin er sich zum Schreiben nach Frankreich zurückzieht, wo er sich in die portugiesische Haushälterin Aurélia (Lúcia Moniz) verliebt, obwohl keiner die Sprache des anderen beherrscht. Harry (Alan Rickman) ist der Chef einer Designagentur und mit Karen (Emma Thompson) verheiratet, der Schwester des gerade zum Premierminister ernannten David (Hugh Grant). Dieser verliebt sich unerwartet in die Angestellte Natalie (Martine McCutheon) in der Downing Street 10, während sich Harrys neue Sekretärin Mia (Heike Makatsch) an ihren Chef heranmacht und eine Ehekrise heraufbeschwört. Harrys Mitarbeiterin Sarah (Laura Linney) ist derweil in den Kreativdirektor Karl (Rodrigo Santoro) verliebt, traut sich aber keinen ersten Schritt zu. Daniel (Liam Neeson) hat vor kurzem seine Frau verloren, während sich sein Stiefsohn Sam (Thomas Sangster) zum ersten Mal verliebt hat. Mark (Andrew Lincoln) macht eine schwere Zeit durch, als sein bester Freund Peter (Chiwetel Ejiofor) Juliet (Keira Knightley) heiratet, in die er heimlich verliebt ist. John (Martin Freeman) und Judy (Joanna Page) lernen sich am Set eines Pornofilms kennen, während Colin (Kris Marshall) in die USA reisen will, um dort „schärfere Frauen“ kennenzulernen als in England. Und dann ist da noch der alternde Rocker Billy Mack (Bill Nighy), der mit einer Coverversion von Love Is All Around von The Troogs einen Weihnachtshit landen will…

So verworren, wie sich die Inhaltsangabe womöglich liest, ist Tatsächlich…Liebe nicht. Die vielen Verbindungen zwischen den Figuren, die neben Liebe auch Freundschaft, Nachbarschaft oder Verwandtschaft sein können, stören den Fluss des erstaunlich gut funktionierenden Ensemblefilms nicht. Die Fülle an Figuren bringt allerdings mit sich, dass einige besser auf dem Boden des Schneideraums hätten landen sollen, während man von anderen nicht genug mitbekommt. Die gleichzeitig witzige wie hübsche Romanze zwischen John und Judy bekommt nicht genug Raum, während sich der Plot um den anstrengenden Colin in einem blödsinnigen Witz gipfelt, der Shannon Elizabeth und Denise Richards eine Ausrede gibt, für ein paar Sekunden auf der Leinwand zu erscheinen. Ansonsten sind die Geschichten, vielleicht noch mit Ausnahme des Sarah/Karl-Plots, bemerkenswert ausgeglichen, man hat nicht das Gefühl, sehr viel mehr Zeit beispielsweise mit dem Premierminister als mit Jamie oder Karen verbracht zu haben.
Ein anderer durchaus negativ zu wertender Punkt ist die Konzentration auf ausschließlich heterosexuelle Beziehungen. Für einen Film, der alle möglichen Formen von Liebe preist, erweist er sich als ziemlich wenig „experimentierfreudig“. So wird die Chance vergeben, Mark beispielsweise heimlich in Peter verliebt sein zu lassen (Implikationen wären da). Ein weiterer Plot involvierte gar ein lesbisches Paar, dessen eine Hälfte am Ende allerdings tot gewesen wäre – vielleicht ist es dann sogar besser, wenn so etwas im Schnittprozess der Schere zum Opfer fällt, wäre es doch nur ein schales Lippenbekenntnis gewesen. So konzentriert sich Tatsächlich…Liebe auf die Nummer Sicher, vielleicht auch um eine eher homophobe Zuschauerschicht nicht „abzuschrecken“. Etwas mehr Vielfalt hätte dem Film sicherlich gut gestanden, denn ansonsten ist es eine gelungene Komödie.

Es ist der vielzitierte „britische Charme“, der Tatsächlich…Liebe so gut funktionieren lässt. Regisseur/Drehbuchautor Richard Curtis liegt etwas an allen Figuren, was nicht heißt, dass er an verschrobenen Witzen, auch mal auf Kosten der Charaktere, spart. Manches ist grotesk, anderes nur etwas verschroben, manchmal ist der Film im klassischen Sinn komisch, mal mischt sich auch etwas Tragik in die Szenerien. Emma Thompson ist besonders effektiv in einer Szene mit einer Enttäuschung unterm Tannenbaum, die man so wahrscheinlich nicht in einem Film vermuten würde, der sich selbst als die „ultimative romantische Komödie“ anpreist. Curtis weiß, wie man sympathische Figuren skizziert, die sich angenehm von den Karikaturen anderer Komödien unterscheiden. Bei allen Eskapaden hat man immer das Gefühl, dass diese Menschen Realität sein könnten. Und so verbringt man gern epische 130 Minuten mit ihnen, eine Zeitspanne also, in der die allermeisten romantic comedys ihre Halbwertszeit bereits deutlich überschritten haben.

Tatsächlich…Liebe ist hoffungslos romantisch und das ist alles andere als ein Vorwurf. Zumal Curtis im Epilog zwar sehr viele Hochzeiten impliziert, in einer Beziehung aber auch noch sehr viel Handlungsbedarf verortet. Ausschließlich rosig und leicht ist es in der Liebe nicht, auch wenn Curtis selbstredend vermeidet, diesen Aspekt allzu sehr in den Vordergrund zu stellen. Dass er ihn dennoch nicht verneint ist eine Erwähnung wert, ebenso wie sein geschickter Zug, den Tatbestand sexueller Belästigung mit einer schwarzen politischen Satire zu verknüpfen, was zu einer der wenigen Szenen führt, die in keinster Weise witzig ist.
Tatsächlich…Liebe ist ein entwaffnend freundlicher, optimistischer und unterhaltsamer Film, der menschliche Beziehungen bemerkenswert gut beobachtet und mit einem engagierten Cast gesegnet ist. Selbst wenn die Fiktion am Ende nicht an die wunderschönen Bilder realer Zusammenkünfte am Flughafen Heathrow herankommt, Tatsächlich…Liebe ist des einen oder anderen Blicks vollkommen wert.


http://filmblogosphaere.wordpress.com/

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