Dienstag, 10. Dezember 2013

Die Geister, die ich rief... (1988)




DIE GEISTER, DIE ICH RIEF…
(Scrooged)
USA 1988
Dt. Erstaufführung: 08.12.1988
Regie: Richard Donner

Roger Ebert, der kürzlich verstorbene US-Kritikerpapst, hasste Die Geister, die ich rief…, vor allem aufgrund Bill Murrays Darbietung, die viel Schreien involvierte. Ist ein Stern als Wertung gerechtfertigt, wenn man eine Neuauflage von Charles Dickens‘ Eine Weihnachtsgeschichte anfertigt und einen modernen Scrooge präsentiert, der wirklich widerlich ist? Geht es nicht genau darum? Wie auch immer, die Meinung dieses Rezensenten geht in eine andere Richtung als die von Ebert und generös, wie er war, wird er sie mir sicherlich auch noch aus dem Jenseits zugestehen.

Frank Cross (Bill Murray) ist ausführender Produzent bei einem TV-Sender. An Heilig Abend wird dieser eine riesige Live-Bühnen-Übertragung der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens ausstrahlen, für die Cross eine solch furchtbare Werbung schalten lässt, dass sie alte Damen vor Schreck ins Grab bringt. Fast überflüssig zu sagen, dass Frank mit dem Fest der Liebe nicht viel am Hut hat. Seine eigene Liebe (Karen Allen) gab er wegen der Karriere auf, seine Familie ignoriert er größtenteils, seine Mitarbeiter behandelt er schäbig. So kommt es, dass der menschenverachtende Zyniker dieses Jahr selbst von drei Geistern heimgesucht werden soll, die ihm die wahre Bedeutung von Weihnachten zeigen wollen…

In gewisser Weise wirkt Die Geister, die ich rief… heute fast brav. Frank Cross mag ein Widerling sein, sein Werbespot eine Katastrophe und diverse Elemente der Filminternen Inszenierung der Weihnachtsgeschichte ziemlich fragwürdig sein, aber verglichen mit dem offensichtlichem Müll, der heutzutage in ungeahnten Massen auf den TV-Schirmen endgelagert wird, scheint man sich bei Franks Sender tatsächlich noch Mühe zu geben, eine große Show auf die Beine zu stellen. Heute würde Frank wahrscheinlich für seine Publikumsverdummung getadelt werden, für alle Bauer sucht Frau und Familien im Brennpunkt-Formate dieser Welt. So hat die mediale Komponente einen nostalgischen Anstrich, was sie nicht weniger funktionieren lässt. Heute wäre Die Geister, die ich rief… als Gesamtwerk wahrscheinlich nur noch zynischer als es Bill Murray anno 1988 sein konnte.

Die Übertragung der Charles-Dickens-Geschichte auf die Welt von TV-Geräten und Videorekordern gelingt bemerkenswert gut, ohne dabei den Kern der Geschichte zu verfälschen oder zu verraten. So nimmt die Rolle von Marley Franks auf dem Golfplatz verstorbener Chef und Freund Lew Hayward (John Forsythe) ein, der Geist der vergangenen Weihnacht ist ein energiegeladener Taxifahrer (David Johansen), der Geist der gegenwärtigen Weihnacht ein rabiater, etwas anstrengender Engel (Carol Kane) und der Geist der zukünftigen Weihnacht ein Wesen halb praktischer Effekt und halb albtraumhafte Videoinstallation. Die Effekte sind hervorragend, die Ideen, wie man die Dickens’chen Figuren in der Moderne agieren lässt, unterhaltsam. Die Figur von Bob Cratchit ist aufgeteilt zwischen Franks Sekretärin Grace Cooley (Alfre Woodard), die auch einen Tiny-Tim-Charakter (Nicholas Phillips) mitbringt, und dem geschundenen Mitarbeiter Eliot Loudermilk (Bobcat Goldthwait), der am Ende für eine der unschöneren Szenerien des Films verantwortlich ist. Am Weihnachtsabend möchte man als Mitarbeiter in der Regie bestimmt nicht mit einem Gewehr bedroht werden.

Der Humor in Die Geister, die ich rief… generiert sich aus den mitunter grotesken Dialogezeilen und der fast schon manischen Spielfreude Murrays. Man liebt es, seinen Frank Cross zu hassen, nimmt ihm aber auch die andere Seite ab – es ist immer noch Bill Murray. Und die Ernsthaftigkeit, mit der er manchen Brüller vorträgt, macht ihn nur noch effektiver. Wenig wirkt forciert, der Humor ergibt sich organisch aus den Situationen, in denen sich Murrays moderner Scrooge wiederfindet.
Die Wandlung mag etwas schnell kommen, zu sehr kostet der Film unter diesem Aspekt seine eigene Freude an Frank als Ekelpaket und Sprücheklopfer aus, aber am Ende hinterlässt auch Die Geister, die ich rief… jenes wohlige Gefühl, dass Dickens‘ Vorlage nun mal zu generieren im Stande ist. Unprätentiös modernisiert, gut besetzt und mit viel Liebe zum Detail inszeniert ist dies einer jener Filme, deren „Alle Jahre wieder“-Turnus man begrüßt. Roger darf aber auch was anderes anschalten.


http://filmblogosphaere.wordpress.com/

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