DER POLAREXPRESS
(The Polar Express)
USA 2004
Dt. Erstaufführung: 25.11.2004
Regie: Robert Zemeckis
Dt. Erstaufführung: 25.11.2004
Regie: Robert Zemeckis
Was sollte Robert Zemeckis nach verdienten Erfolgen wie Zurück in die Zukunft, Falsches Spiel mit Roger Rabbit, Forrest Gump, Contact und Cast Away –
Verschollen bloß tun? Vielleicht den bisherigen Tiefpunkt seiner Karriere
inszenieren? Warum nicht?! Und so belästigte er das Publikum vier Jahre nach
Tom Hanks‘ Überlebenskampf auf einer einsamen Insel mit Der Polarexpress, einer über alle Maßen gruseligen, unnötigen
Ausrede für einen Weihnachtsfilm.
Ein kleiner Junge, der nicht mehr an den Weihnachtsmann
glaubt, sieht sich in der Heiligen Nacht mit einem magischen Zug konfrontiert,
der vor seinem Haus hält. Der Schaffner lädt ihn ein, mit ihm und diversen
anderen Kindern an den Nordpol zu reisen, um den Weihnachtsmann zu treffen und
vielleicht der Glückliche zu sein, der das erste Geschenk des Jahres empfangen
darf. Nach einem Augenblick des Zögerns steigt der Junge an Bord und es beginnt
eine turbulente Reise voller Gefahren und wunderlicher Begegnungen.
Um das Versagen von Der
Polarexpress besser einordnen zu können, sollte man zwei Begriffe kennen: Motion Capture und The Uncanny Valley. Ersteres ist eine Technik, die das Spiel realer
Darsteller, in diesem Fall hauptsächlich Tom Hanks, auf animierte Figuren
überträgt. Während dies in Der Herr der
Ringe oder Planet der Affen –
Prevolution durch Andy Serkis zu einer sinnig eingesetzten Kunstform
erhoben wurde (Gollum ist immer noch die beste Figur im ganzen
Mittelerde-Kosmos), übertragen sich die Bewegungen hier eins zu eins auf am
Computer errechnete Marionetten. Damit wären wir auch schon beim Uncanny Valley, einem Begriff aus der
Robotik. Im Grunde umschreibt er das Unbehagen, das Menschen empfinden, wenn
etwas zwar wie ein Mensch aussieht, sich aber nicht gänzlich wie einer verhält.
Zombiefilme machen sich diesen Umstand zunutze und fatalerweise auch Der Polarexpress. Die Charaktere in
diesem Film forcieren allesamt so sehr einen Fotorealismus, dass das
Zusammenspiel zwischen möglichst perfekter Imitation der Realität und
gleichzeitigem Unvermögen, diese abzubilden, zu einer 100 Minuten langen
Demonstration des Schauderns wird. Man blickt ständig in kalte, tote Augen und
sieht Bewegungsabläufe, die an eine computergestützte Version des
animatorischen No-Gos Rotoskopie erinnern (bei dieser Technik wurden die real
gefilmten Aufnahmen von Schauspielern einfach abgepaust – exzessiv zu
begutachten in der Herr der Ringe-Zeichentrickversion
von 1978). Die Figuren tun nur so, als wären sie Menschen und ihrer
Verweigerung zur Abstraktion liegt ihr Unvermögen, den Zuschauer anzurühren.
Die Menschen, die den Polarexpress
bevölkern sind weit weniger ernst zu nehmen als beispielsweise die abstrakteren
Bilder, die etwa in Die Unglaublichen
geboten werden. So ist Der Polarexpress
letztlich auch kein Animationsfilm im Sinne der Verzauberung durch die Biegung
der Realität, er macht sich die Kunstform nicht zu Eigen. Dies ist eine kalte
Leistungsschau des technisch machbaren, eine klinische Angelegenheit mit den
furchtbarsten Filmelfen aller Zeiten.
Hat Der Polarexpress
also nichts Gutes an sich? Nicht ganz. In den Actionszenen, zumal sie den Zug
involvieren, legt er eine beeindruckende Kinetik an den Tag. Doch auch hier
befinden sich Fallstricke, denn der Film ist etwas zu eindeutig als
3D-IMAX-Film konzipiert, seine Gestaltung legt also viel Wert auf den „Achterbahneffekt“,
der bei TV-Ausstrahlungen beispielsweise verloren geht und das repetitive
Element freilegt: es wird etwas zu oft gerutscht und gefallen und es ist zu
offensichtlich, dass der Film seine Möglichkeiten ständig versucht, zur Schau
zu stellen. Es gibt eine ganze Reihe von Begebenheiten in Der Polarexpress, die nur dazu da sind, den Jahrmarktcharakter des
ganzen Unterfangens zu bebildern und das Interesse erlahmen lassen.
Ein anderes potentes Element ist die Sache mit dem Glöckchen, dessen Klingeln man nur hören kann, wenn man an den Weihnachtsmann glaubt. Dies behandelt der Film mit einem Feingefühl, das ihm sonst fast gänzlich fehlt und schafft es so immerhin, auf einer versöhnlichen Note zu enden, zumal der Geist der Weihnacht ansonsten im Spektakel und der nicht enden wollenden Flut an Uncanny Valley-Bildern ziemlich untergeht.
Ein anderes potentes Element ist die Sache mit dem Glöckchen, dessen Klingeln man nur hören kann, wenn man an den Weihnachtsmann glaubt. Dies behandelt der Film mit einem Feingefühl, das ihm sonst fast gänzlich fehlt und schafft es so immerhin, auf einer versöhnlichen Note zu enden, zumal der Geist der Weihnacht ansonsten im Spektakel und der nicht enden wollenden Flut an Uncanny Valley-Bildern ziemlich untergeht.
Der Polarexpress
ist ein Film, der es gut meint, aber auf erschreckende Art scheitert. Zu viel
Füllmaterial, zu viel Leblosigkeit bei den Figuren und zu wenig Zauber lassen
ihn zu einer Technikschau verkommen, die mit sich selbst sehr viel zufriedener
ist als sie das Recht dazu hätte. Der
Polarexpress ist ein frustrierend überflüssiges Machwerk.
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