STIRB LANGSAM
(Die Hard)
USA 1988
Dt. Erstaufführung: 10.11.1988
Regie: John McTiernan
Dt. Erstaufführung: 10.11.1988
Regie: John McTiernan
Stirb langsam, DER
Weihnachtsfilm für Actionfans. Nicht nur die deutschen TV-Sender nehmen John
McTiernans Genreklassiker jedes Jahr ins Programm, er dürfte auch in diversen
DVD-Playern rotieren, wenn sich das Fest der Liebe naht. Zwar hat er im Kern
recht wenig mit Weihnachten zu tun, lediglich der zeitliche Rahmen gibt die
Zeit vor, aber daran dürfte sich niemand stören. Es reicht, wenn man einen
Weihnachtsbaum im Hintergrund sieht, der Protagonist mit seiner Familie feiern
möchte und die Worte „Ho-Ho-Ho“ vorkommen. Verbunden mit jener Art Action, die
Hollywood größtenteils verlernt hat zu drehen, ist Stirb langsam immer noch das Kronjuwel in einer Serie, die mit dem
jüngsten Outing, Stirb langsam – Ein guter
Tag zum Sterben auf der unteren Skala des cineastischen Genusses angekommen
ist. Wie gut, dass man 1988 davon noch nichts ahnte.
John McClane (Bruce Willis), Polizist aus New York, begibt
sich am 24.12. nach Los Angeles, um dort mit seinen Kindern und seiner von ihm
getrennt lebenden Frau Holly (Bonnie Bedelia) zu feiern – immer mit der
Hoffnung, ihre Beziehung könnte doch noch eine Chance haben. John reist zum
Nakatomi Tower, in dem Holly für die international operierende Firma von Herrn
Takagi (James Shigeta) arbeitet und in der eine Weihnachtsfeier steigt. Alles
ist friedlich, bis eine Terroristengruppe unter der Führung von Jack Gruber
(Alan Rickman) das Gebäude stürmt und die Partygäste als Geiseln nimmt. Nur
John kann fliehen und beginnt einen Ein-Mann-Kampf gegen die zahlenmäßig
überlegenden Aggressoren…
Bei seiner Veröffentlichung erschien Stirb langsam der FSK so grausam, dass sie ihn erst ab 18 freigaben
und eine 16er-Fassung nur geschnitten auf Video zuließen. Inzwischen ist der
Film ungeschnitten ab 16 freigegeben, was die Frage aufwirft, wie er in den
Augen von Zuschauern erscheint, die hauptsächlich nihilistischen Actionmüll wie
Passwort Swordfish und Bad Boys II konsumieren. Denn Stirb langsam hat zwar viel Action zu
bieten und die Terroristen erleiden unschöne Enden, aber dem Film geht das
menschliche Desinteresse ab, das im Genrekino heute allzu oft demonstriert
wird. Es sterben auch zwei Geiseln, so viel sei verraten für alle, die den Film
noch nicht kennen, aber sie wurden zuvor als Figuren eingeführt und dienen
nicht nur als Kanonenfutter. Michael Bay hätte sicherlich mehr Menschen kalt
lächelnd über die Klinge springen lassen. Zumal Alan Rickman als Oberterrorist
so gut ist, dass er solche Einschüchterungen nicht nötig hat. Man weiß auch so,
dass dieser Mann brandgefährlich ist, ohne dass er ständig Exekutionen
durchführt. Und Willis‘ John McClane ist hier auch noch ein richtiger Mensch,
nicht die unkaputtbare Kampfmaschine neuerer Teile. Im Unterhemd wirkt er
manchmal geradezu schlaksig, wenn er barfuß über Glasscherben laufen muss,
kommt er an seine Grenzen und McTiernan billigt ihm ohnehin eine gewisse Verletzlichkeit
zu. McClane kann den Kampf aufnehmen, weil er ein Profi ist, aber es wird nie
vergessen, dass er menschlich an seine äußersten Grenzen gebracht wird. Stirb langsam ist ein Actionfilm mit
wirklichem human interest neben dem
Spektakel.
Stirb langsam ist
zudem eindeutig ein Kind seiner Zeit. Die im Original explizit aus Deutschland
stammende Terroristenbande ist unzweifelhaft an die RAF angelegt und ihr nur vorgeschobenes
politisches Ansinnen, das lediglich der Tarnung zum Raub von schnödem Mammon
gilt, geht schon fast als süffisanter Kommentar durch. Dieser Umstand erschien
in Deutschland als zu sorglos und delikat, woraufhin die Herkunft der
Antagonisten schwammig als „Europa“ bezeichnet wurde, mit einem gewissen
Kopfnicken in Richtung Irland, noch so einem Hot Spot der Zeit. So heißt
Rickmans Jack Gruber nur hierzulande Jack, eigentlich hört er auf den Namen
Hans. Wenn sich McClane die Namen einzelner Terroristen auf dem Arm notiert,
gerät die Synchronisation so auch ins Schlingern: „Euch nenn ich Hans und Karl,
wie die bösen Riesen im Märchen.“ Kreativität in ihrer verzweifelsten Form.
Stirb langsam ist
ein zwei Stunden langes, perfekt durchkomponiertes Werk, spannend, witzig,
kinetisch. Es zeigt Interesse an seinen Figuren, nicht einmal den hippen Chauffeur
Argyle (De’voreaux White) lässt es gänzlich zur Witzfigur verkommen. Hinzu
kommt ein bemerkenswertes Gespür für Timing und die Sets, die von Jan De Bont
gekonnt in Bildern eingefangen werden. Der Kamermann sollte Jahre später einen
sogar noch besseren Actionfilm namens Speed
inszenieren, aber das nur am Rande… Stirb langsam ist hervorragende Genreunterhaltung,
nicht nur zu Weihnachten. Aber wer will sich ernsthaft zu dieser Zeit schon Reginald
VelJohnson versagen, der Let it snow
singt, während ein toter Terrorist auf seinen Wagen zufliegt?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen