Montag, 5. August 2013

RoboCop (1987)




ROBOCOP
USA 1987
Dt. Erstaufführung: 07.01.1988
Regie: Paul Verhoeven

Mit einem Titel wie RoboCop muss man eigentlich das Schlimmste annehmen. Und tatsächlich ist Paul Verhoevens US-Debüt keinesfalls frei von Trash, im Grunde ist die gesamte Inszenierung dem Trash nicht abgeneigt. Doch hinter der Fassade tummeln sich einige interessante, diskussionswürdige Denkanstöße, die zwar nie die Gewalt und die Science-Fiction-Elemente überflügeln, RoboCop aber dennoch mehr Gewicht geben, als man hinter dem albernen Titel vermuten mag.

In naher Zukunft ist Detroit völlig in der Hand der Verbrecher. Der Schwarzmarkt blüht, Drogen und Waffen wechseln ständig die Hände, die Polizei ist maßlos überfordert. Als der Polizist Murphy (Peter Weller) bei einem Einsatz vom stadtbekannten Gauner Boddicker (Kurtwood Smith) und seiner Gang ermordet wird, kehrt er als Cyborg in den Dienst zurück. Eigentlich nur die organische Hälfte eines hypermodernen Polizeiroboters (gänzlich mechanische Ausführungen erwiesen sich als … störungsanfällig), wird er von Erinnerungen an sein altes Leben geplagt, auch wenn jegliche Emotionen und Gedanken eigentlich „entfernt“ wurden. So kommt Murphy in seiner neuen Gestalt als RoboCop einem wahnwitzigen Komplott auf die Spur, das Detroit endgültig ans Messer liefern soll und dessen potenzielle Nutznießer sich bereits die Hände reiben…

Gestaltungstechnisch ist RoboCop überdeutlich ein Kinder der 1980er Jahre. Die Polizisten sind allesamt harte Hunde, das Revier ist ständiger Schauplatz von Schlägereien mit gerade Verhafteten, Prostituierte lungern herum und der Chef (Robert DoQui) regiert mit harter, aber gerechter Hand. Die vollkommen mechanischen potenziellen Polizeiroboter sind per Stop-Motion animiert, was eine angenehme Körperlichkeit erzeugt, das Sounddesign für sie ist allerdings weniger gelungen. Als einer von ihnen sich in einer misslichen Lage wiederfindet, quiekt er wie ein Schwein. Und natürlich ist die technische Zukunft vom Jahre 1987 aus gesehen. Älteren Zuschauern mag das nicht weiter auffallen, für alle anderen wird es 2014 ein Remake geben, über dessen PG-13 (FSK ab 12 als deutsches Äquivalent) sich bereits jetzt im Internet mokiert wird. Denn RoboCop ist neben seiner Titelfigur vor allem für seine Gewaltexzesse bekannt. Es wird viel geschossen und zerstört, Blut fließt in Massen und als Zuschauer wundert man sich nicht, warum die Erinnerungen an seine Ermordung nicht aus dem Gedächtnis von Murphy gelöscht werden konnten.

Glücklicherweise vergisst Verhoeven bei aller Liebe zur graphischen Darstellung und Pyrotechnik den Subtext nicht. RoboCop zeigt recht anschaulich die zwei Seiten der Medaille. Zum einen dient die Verbindung von Mensch und Maschine der größeren Flexibilität. Der menschliche Teil kann Situationen besser einschätzen als es eine Maschine könnte (diese Diskrepanz wird in einer gleichzeitig schockierenden wie satirischen Szene illustriert, die zu den länger im Gedächtnis bleibenden Einstellungen des Films zählt). Zum anderen verringert der maschinelle Part die Verletzlichkeit und erhöht die Schlagkraft. Dies ist die verwertbare, „Big Business“-Interpretation, die der Film im Laufe der Zeit auf eine persönliche Ebene hinunter bricht. Murphy kann seine neue Existenz nutzen, um auch persönlich davon zu profitieren – auch wenn Verhoeven diesen Nutzen sehr melancholisch in Szene setzt. Murphy, der durch das verwaiste, ehemals von ihm und seiner Familie bewohnte Haus streift, gehört ob seiner Emotionalität nicht zu den Szenen, die man in einem Film wie diesem erwarten würde. Dass die weiteren Implikationen nicht ausgelotet werden, Murphy also als nicht auf die Suche nach seiner Familie geht, sondern der Film ziemlich abrupt mit dem Tod der Schurken und der sich seiner Selbst bewussten Erkenntnis Murphys endet, ist wohl eher als Zugeständnis an die großflächigen Actionanteile des Film zu werten.

RoboCop ist kein dummer Film. Zwar ist sein Hauptanliegen Action und Unterhaltung, aber er verneint nicht seine tieferliegenden Fragen nach dem Wesen des Menschen, der Vereinbarkeit von Fleisch und Maschine und den sich daraus ergebenden ethischen Fragen (auch wenn diese zwar implizit gestellt, aber nicht ausdiskutiert werden). So gesehen ist Verhoevens Film Trash im besten Sinne, versteckt sich hinter dem Spaß und der Lust am Albernen doch ein ernster, diskussionswürdiger Kern für all jene, die dafür empfänglich sind.



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