UNHEIMLICHE BEGEGNUNG
DER DRITTEN ART
(Close Encounters of the Third Kind)
(Close Encounters of the Third Kind)
USA 1977
Dt. Erstaufführung: 06.03.1978
Regie: Steven Spielberg
Dt. Erstaufführung: 06.03.1978
Regie: Steven Spielberg
Nach seinem Durchbruchserfolg mit
dem Tierhorror Der weiße Hai wandte
sich Regisseur Steven Spielberg einem ebenso beliebten Thema zu wie die Angst
vor großen, potenziell gefährlichen Tieren: UFOs. Unheimliche Begegnung der dritten Art sieht sich als dezidierte
Antithese zu all den Invasionsfilmen der 1950er Jahre, in denen Außerirdische
die Erde in den meisten Fällen als Aggressoren besuchen. Bei aller majestätischen
Schönheit, die Spezialeffekte-Guru Douglas Trumbull vor allem am Ende auf die
Leinwand zaubert, kann man sich aber eines gewissen Manipulationsgefühls nicht
erwehren: Wir sollen die Aliens als
wohlwollend hinnehmen, obwohl ihre Aktionen
eine andere Sprache sprechen.
Roy Neary (Richard Dreyfuss) ist
ein Mitarbeiter einer Stromfirma, der eines Nachts auf die Straße geschickt
wird, um die Ursache für einen flächendeckenden Stromausfall herauszufinden.
Auf seinem Weg erfasst ihn ein helles Licht aus dem Himmel, dass ihm nicht nur
einen halbseitigen Sonnenbrand beschert, sondern ihn auch verwirrt zurücklässt.
Zusammen mit anderen Zeugen, unter ihnen die Mutter Jillian (Melinda Dillon)
und ihr Sohn Barry (Cary Guffey), wird er Zeuge von mehreren UFOs, die sich
durch die Nacht bewegen. Danach ist für Roy nichts mehr wie vorher. Er will
nicht nur seine Familie überzeugen, dass das Gesehene wahr ist, er beginnt
auch, in allen alltäglichen Dingen wie Rasierschaum oder Kartoffelpüree eine
geheimnisvolle, bergartige Form zu erkennen. Während sich Roy immer mehr von
seiner Familie entfremdet, deuten Wissenschaftler um den französischen Experten
Claude Lacombe (Francois Truffaut) rund um den Globus stattfindenden Phänomene
als Vorboten eines besonderen, nicht von dieser Welt stammenden Ereignisses,
das alle Beteiligten in Wyoming zusammenführen wird.
Die Handhabung, die Spielberg
seinem Film erweist, ist im Grunde clever: die unbestimmte Angst, die mit UFOs
und ihren potenziellen Piloten verbunden ist, wird erst im Finale restlos in
etwas positives umgewandelt. Vorher gibt es wahrlich gruselige Szenen, die vor
allem im Heim der jungen Mutter und ihres Sohnes spielen. Nicht nur, dass die
Aliens sich eines Nachts Zutritt verschaffen und den Kühlschrank inspizieren
(das erste Zusammentreffen zwischen Barry und den Besuchern ist eine der
stärksten Szenen des Films), sie kehren auch zurück, um Barry zu entführen. Und
genau an diesen Stellen verzettelt sich der Film in seinem vorgegebenen
friedlichen Ansatz einer Mensch/Alien-Begegnung. Warum erschrecken die
Außerirdischen Jillian zu Tode, warum entführen sie einfach ihren Sohn, warum
haben sie bereits Menschen in den 1940er Jahren entführt, um sie dann im Finale
keinen Tag älter wieder in die Freiheit zu entlassen, ohne Vorstellung davon, wie
viel Zeit vergangen ist? Diese Menschen werden in eine ihnen fremde Welt
entlassen, über dreißig Jahre nach ihrer Entführung, die Personen, die sie damals
kannten dürften entweder alt oder tot sein oder sich nicht mehr an sie
erinnern. Die Aliens haben vielen Menschen dem Leben entrissen, sie zerstören
Familien durch eine starke mentale Manipulierung (gleich mehr dazu) und wir als
Zuschauer sollen sie als freundliche, verspielte Besucher auch noch wohlwollend
annehmen? Unheimliche Begegnung der
dritten Art schert sich nicht um seinen Subtext, dieser ist aber so stark,
dass er das im Grunde wundervolle Finale negativ überstrahlt. Die Lesart der
Spielberg’schen Aliens als engelsgleiche Heilsbringer erscheint vor diesem
Hintergrund doch arg übertrieben – mehr noch, geradezu grotesk.
Zum Thema der mentalen
Manipulierung: die Aliens haben augenscheinlich die Fähigkeit, das Gehirn von
Menschen dahingehend zu beeinflussen, dass sie geradezu manisch dazu getrieben
werden, den Ort für den ersten Kontakt herauszufinden und alles daran setzten,
dorthin zu gelangen. Roy verhält sich dabei immer mehr wie ein Irrer, der seine
Familie entfremdet und schlussendlich auch kein Problem damit hat, dass sie ihn
verlassen. Mehr noch, wenn er am Ende als ein Mitglied einer irdischen
Delegation an Bord der Raumschiffs geht, hat er nicht den Anflug eines
Skrupels, seine Angehörigen für eine sehr lange Zeit – womöglich für immer - zu verlassen. Seine Kinder werden sich ewig
damit beschäftigen, warum er verrückt wurde und dann verschwand (es sei denn,
der Erstkontakt gerät mit allen Einzelheiten an die Öffentlichkeit; diese Möglichkeit
diskutiert der Film nicht). Da hilft es auch nicht, dass Spielberg vor allem
Roys Frau (Teri Garr) als wenig sympathisch charakterisiert, eher wirkt dies
wie Faulheit, Spielberg zeigt kein Interesse an einer weniger manipulativen
Figurenzeichnung. Wir sollen Roys Familie nicht sonderlich mögen, also ist
alles okay, was er, ausgelöst von den Außerirdischen, die offenbar eine perfide
Kenntnis des menschlichen Gehirns und der Psyche haben, tut. In seinem tiefsten
Innern ist Unheimliche Begegnung ein
emotional sehr unehrlicher Film.
Dabei sind all die anderen
Elemente, mit denen der Film aufwartet, nah dran an einem wirklich guten Film.
Die Effekte sind wahrlich phänomenal, es gibt nicht einen Spezialeffekt in
diesem Film, der nicht perfekt daherkommt. Die Schauspieler sind hervorragend,
vor allem Francois Truffaut als Lacombe ist ein interessanter Coup. Der 1977
verstorbene Truffaut gilt eher als Ausnahmeregisseur (Sie küssten und sie schlugen ihn, Jules und Jim) denn aus Schauspieler, schlägt sich aber vor allem
neben dem fiebrig agierenden Dreyfuss ziemlich gut. Und die Transformation des
Aliens vom Monster zum wohlwollenden, gleichwertigen Wesen, dessen Ankunft man
wie ein Kind bewundern kann, ist eine hübsche Idee. Man möchte so gern all die
ambivalenten Implikationen, die Unheimliche
Begegnung in sich trägt, zur Seite wischen und sich ganz auf das kindliche
Staunen einlassen, dass Spielberg, der auch das Drehbuch schrieb und so wohl
nicht über seine eigenen Widersprüche stolperte, augenscheinlich vorstellte.
Man kann dies bei der Ankunft des Mutterschiffs tun, man kann sich von dem Film
auch gut unterhalten lassen, seine technischen und dramaturgischen Kniffe
bewundern, die alle dem Zahn der Zeit trotzen. Doch die reflexionsfreie Deutung
der Aliens in Unheimliche Begegnung der
dritten Art als durch und durch wohlgesinnte Besucher sollte man nicht
übernehmen. Es gibt einfach zu viele Ambivalenzen in diesem Film, als dass er komplett
als naiv-fröhliches Märchen durchgehen könnte.
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