Freitag, 16. August 2013

Elysium (2013)




 ELYSIUM
USA 2013
Dt. Erstaufführung: 15.08.2013
Regie: Neill Blomkamp

Auf den Punkt gebracht ist Elysium eine teure, auf die heutige Zeit abgestimmte Version von Fritz Langs Metropolis, geht es doch um den Konflikt zwischen Ober- und Unterschicht in einer dystopischen Zukunft. Der Regisseur ist Neill Blomkamp, der mit District 9 einen modernen Klassiker inszenierte. Elysium zeigt viele Elemente aus Blomkamps Spielfilmdebüt erneut, aber während die Inszenierung von District 9 nahezu perfekt war, stellt sich hier ein repetitives Element ein. Elysium ist solide, aber weniger involvierend.

Im Jahr 2154 ist die Krise ein Dauerzustand, zumindest auf der Erde. Die Wohlhabenden sind längst auf eine von Menschen gebaute Raumstation namens Elysium geflüchtet, wo ihnen fortschrittliche medizinische Apparate ein extrem verlängertes und vor allem gesundes Leben bescheren. Der Rest der Menschheit lebt auf der Erde, augenscheinlich zu einem einzigen Slum verkommen, in dem die neue globale Unterschicht für die Führungsposten innehabenden Elysianer schuftet. Einer dieser Arbeitsdrohnen ist der mehrfach vorbestrafte Max (Matt Damon), der bei einem Unfall in seiner Fabrik radioaktiv verstrahlt wird. Es bleiben ihm nur noch fünf Tage, bis er tot sein wird, also lässt er sich auf einen waghalsigen Plan seines Kumpels Spider (Wagner Moura) ein, Zugangsdaten zu Elysium zu stehlen, Max hinaufzubringen und zu heilen. Doch es liegen einige Steine im Weg, einer hört auf den Namen Delacourt (Jodie Foster) und ist die Sicherheitschefin der Raumstation, die ihrerseits einen psychopatischen Bodenagenten namens Kruger (Sharlto Copley) befehligt, der Jagd auf Max und seine Verbündete macht…

Blomkamp ist ein sehr visueller Regisseur. Die Effekte sind nahezu perfekt, die Interaktion zwischen Schauspielern und virtuellen Elementen reibungslos und der Blick auf die Raumstation Elysium, die am Himmel thront, ist zwar nicht so beeindruckend wie beispielsweise die zweite Erde in Another Earth, aber dennoch ein starkes Bild. Hinzu kommen Blomkamps offensichtliche Lieblingselemente: Roboter, explodierende Körper, futuristische Waffen und eine sehr körperliche Inszenierung, auch wenn er sich im Gegensatz zu District 9 noch zurückhält. Man sieht erstaunlich wenig von Max‘ Operation, bei der ihm ein Exoskelett verpasst wird und eine Wiederherstellung eines zerstörten Gesichts wirkt fast wie eine Hommage an Horrorfilme aus dem 1970er Jahren. Ansonsten fehlt Elysium die Art von physischer Dringlichkeit, die seinen Vorgänger auszeichnete; es kommt kaum ein Gefühl der Bedrohung auf, trotz all der Handgreiflichkeiten.

Die Kameraarbeit ist daran nicht ganz unschuldig. In einigen Sequenzen bewegt sich die Kamera derartig durch die Gegend, dass man zwar nie den Anschluss verliert, sich aber auch mitunter wie ein Kleidungsstück im Schleudergang fühlt. Befremdlich ist auch, dass Blomkamp diese Technik auch in Szenen einsetzt, in denen sie nichts verloren hat, also in Dialogsequenzen und ähnlichem. Die Gelegenheiten, bei denen die Kamera nur um ihrer selbst willen wackelt, tauchen etwas zu häufig auf. Ob dies zur Ablenkung von der fachmännisch, aber auch genügsam erzählten Geschichte dient, sei dahingestellt.

Wären Ausbeutung von Arbeitskräften wie in Bangladesch nicht auch heute noch ein Thema auf der Erde, Elysium könnte wie ein bisschen aus der Zeit gefallen wirken. Es geht viel um Oben und Unten (im wörtlichen wie übertragenden Sinn), um die Befreiung der unterdrückten Arbeiter, um Umverteilung in einer Welt, in der die (vorwiegend weiße) Oberschicht von Elysium Französisch redet, während auf der Erde viel profanes Spanisch gesprochen wird. Ob Elysium zum Beispiel bei der SED-Führung gut angekommen wäre, muss Spekulation bleiben. Fakt ist, dass der Film ein ähnlich starkes Gerechtigkeitsbewusstsein hat wie District 9, das sich zuallererst auf einer allgemeinen, emotionalen Ebene fassen lässt und erst auf der Zweiten als einen politischen Diskurs. War District 9 gegen rassistische Diskriminierung mit Aliens als Stand-In, so träumt Elysium von einer wirtschaftlich und sozial geeinten Welt. Doch während District 9 mit einem ambivalenten Ende seine innere Logik aufrecht erhalten konnte, wiegt Elysium den Zuschauer mit einem falschen Happy-End in Sicherheit. Ob die neue Gesellschaft, die am Ende einfach per Computerbefehl geschaffen wird, nicht innerhalb kürzester Zeit wieder zurückgenommen werden kann, macht Elysium in letzter Konsequenz geradezu naiv. Blomkamp lädt seine Zuschauer aktiv zur Weiterspinnung seiner Ideen ein, aber während sein Debüt durch die ungelösten Fragen Kontur bekam, hinterlässt Elysium, gerade auch im Hinblick darauf, dass die Arbeiter-Erde augenscheinlich über kein politisches System verfügt, dass nicht von Elysium aus gesteuert wird, einen schalen Beigeschmack. Es offenbart sich, dass Blomkamps Stärken hier deutlich zugunsten der Bilder und zu Lasten des Drehbuchs gehen.

In punkto Science-Fiction in diesem Jahr ist Elysium immerhin der unterhaltsamste Vertreter seines Genres, trotz all seiner Schwächen. Er ist nicht so unverdient von sich eingenommen wie Oblivion und nicht so einfallslos wie Star Trek – Into Darkness. Die Schauspieler sind ebenso solide wie der Gesamteindruck des Films, wenn auch unspektakulär. Am meisten Spaß hat Sharlto Copley als Schurke Kruger, schon allein, weil es eine 180-Grad-Wendung zu seiner Rolle in District 9 darstellt. Nur die gleiche, naiv-fröhliche deutsche Synchronstimme, die sich bemüht, „böse“ zu klingen, irritiert etwas.
Nach seinem hervorragenden Debüt bleibt Blomkamp zwar hinter den Erwartungen zurück, liefert aber auch keinen Totalausfall ab. Elysium ist ein visuelles Fest und Actionfans werden ebenso auf ihre Kosten kommen, aber die zugrunde liegenden Ideen kommen einerseits etwas kurz, andererseits hätten sie manchmal noch etwas mehr durchdacht werden können.



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