Montag, 5. August 2013

e-m@il für dich (1998)




E-M@IL FÜR DICH
(You’ve got Mail)
USA 1998
Dt. Erstaufführung: 11.02.1999
Regie: Nora Ephron

Nora Ephron wollte es wohl nochmal wissen. Fünf Jahre nach Schlaflos in Seattle besetzte sie erneut Tom Hanks und Meg Ryan als Traumpaar in einer romantischen Komödie. Und diesmal gelang der Coup, denn e-m@il für dich ist dem Vorgänger in allen Punkten überlegen: Besseres Timing, besseres Setting, bessere Romanze. Auch wenn der dritte Akt etwas holprig zum Happy-End steuert und der Film mit zwei Stunden entschieden zu lang ist, sind es doch zwei Stunden, die man nicht bereuen muss.

Kathleen Kelly (Meg Ryan) betreibt einen traditionsreichen Kinderbuchladen in New York, den Shop around the Corner. Der Turbokapitalismus (vor Amazon) eröffnet an der nächsten Ecke: ein Foxbooks, eine „Wir haben alles“-Konkurrenz für den kleinen Laden, geführt von Joe Fox (Tom Hanks). Naturgegeben ist die Beziehung zwischen Kathleen und Fox ziemlich frostig. Was die beiden nicht wissen: Sie kennen sich bereits, schrieben sie sich doch ständig E-Mails, in denen sie zwar die persönlichen Details wie Klarnamen ausklammern, aber dennoch offen und ehrlich einander alles erzählen. Kann diese Beziehung, die im Internet zur Liebe heranreift, auch den Test der Realität bestehen?

Aus heutiger Sicht ist e-m@il für dich mit jeder Menge Nostalgie angefüttert. Das AOL-Zeichen, das Sirren des Modems, die herrlich-furchtbare Stimme die „Sie haben Post“ in den Raum quakt. Auch weiß man nicht, ob der Umstand, dass man die im Film geschilderte Situation auch heute noch vorfindet (kleine Buchhandlungen kämpfen ums Überleben gegen große Ketten wie – hierzulande – Thalia und Co., die ihrerseits ihr Geschäft nun durch das Internet bedroht sehen), ein Grund zur Hoffnung oder für Pessimismus ist. Doch ganz von solchen Überlegungen abgesehen ist Ephrons Film diesmal ein solcher, der all die Hoffnungen erfüllen kann, an denen Schlaflos in Seattle in letzter Konsequenz scheiterte. Hanks und Ryan können Chemie entwickeln, der Gegensatz zwischen On- und Offline-Leben verleiht dem Ganzen zusätzlichen Reiz. Die Stalker-Elemente werden auf ein gesundes Maß heruntergefahren (auch wenn Joe Kathleen etwas zu lange im Unklaren lässt) und die Schwärmerei, die Ephron 1993 noch für Die große Liebe meines Lebens übrig hatte wird hier durch die universellere Liebe zu Familienunternehmen ersetzt. e-m@il für dich wirkt weniger wie eine uneigenständige Hommage denn wie ein autonomer Film, auch wenn die Geschichte bereits 1940 von Ernst Lubitsch als Rendezvous nach Ladenschluss verfilmt wurde. Natürlich ohne Internetanschluss.

Zudem bewegt sich e-m@il für dich mit einem hohen, unterhaltsamen Tempo, wenn auch nicht jenes Tempo gemeint ist, an dass der geneigte The Fast and the Furious-Fan nun denken mag. Ephron versteht es, die Schlagabtausche zwischen ihren Protagonisten mit viel Elan ins Szene zu setzen, Langeweile kommt höchstens im bereits angesprochenen dritten Akt auf, in dem der Wissensvorsprung, den der Zuschauer gegenüber den Figuren hat, keinen Spaß mehr macht, weil dadurch der Erzählfluss zusehends ausgebremst wird. Joe weiß mehr als Kathleen und bis ein jeder Romantiker im Publikum das bekommt, was er sich erhofft, verlängert der Film seine Lauflänge unnötig mit viel Füllmaterial. Gerade im Hinblick auf die rasanten vorangegangenen zwei Drittel eher weniger willkommen. Auch dass die anderen Figuren, namentlich Kathleens treue Mitarbeiter, vollkommen vergessen werden und ihr Schicksal alles andere als rosig aussehen dürfte („Ohne den Job hier kann ich meine Miete nicht mehr zahlen“, bemerkt eine Figur, ohne dass der Film ein für Feel-Good-Filme eigentlich obligatorische Lösung dafür findet), ist ein Wehrmutstropfen. Ähnlich wie in Schlaflos in Seattle werden die Nebenfiguren etwas lieblos als bloße Staffage abgekanzelt, egal wie liebevoll sie vorher gezeichnet wurden.

Ist e-m@il für dich also ein Film mit Problemen? Ja, aber welcher Film ist das nicht? Er ist unterhaltsamer und besser konstruiert als Ephrons vorherige Paarung mit dem Duo Ryan/Hanks, interessanter und auch ehrlicher. Es gibt so viele schlechte, zynische Filme auf der Welt, dass etwas inkonsequent-liebenswertes wie e-m@il für dich an manchen Tagen wie eine Impfung gegen die Übel der Welt wirken kann.



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