Mittwoch, 21. August 2013

Star Wars - Episode IV: Eine neue Hoffnung (Krieg der Sterne) (1977)




STAR WARS – EPISODE IV: EINE NEUE HOFFNUNG 
(KRIEG DER STERNE)
(Star Wars – Episode IV: A New Hope/Star Wars)
USA 1977
Dt. Erstaufführung: 09.02.1978
Regie: George Lucas

Star Wars – Episode IV oder, wie er in Deutschland zumindest bei etwas älteren Fans bekannt sein dürfte, Krieg der Sterne ist kein Film für eine zunehmend zynischere Welt. Genauso wenig wie James Camerons Avatar – Aufbruch nach Pandora. Von dem Standpunkt aus gesehen, der Film als progressives Medium versteht, dessen Geschichten und Figuren immer komplexer, die Motivationen immer detaillierter werden müssen, ist Krieg der Sterne kein guter Film. Doch man muss sich vielmehr die Frage stellen, warum diese Filme alle Jahre wieder auftauchen und warum manche so solch gigantischen Kassen- und Publikumserfolgen werden wie eben Star Wars und Avatar. Allein mit einem eskapistischen Ansatz ist das kaum zu erklären, denn Eskapismus liefern auch sehr viele andere Filme jedes Jahr, jede Woche. Sind wir als Publikum schlicht zu faul oder gar zu dumm, um uns auf komplexere Filme einzulassen, macht also unsere Genügsamkeit aus etwas wie Das süße Jenseits einen Nischenfilm und aus Krieg der Sterne einen Blockbuster? Dieser Ansatz ist ebenso falsch wie beleidigend. Der Schlüssel dürfte vielmehr im Menschen selbst verankert sein, in seinem Hang, sich Geschichten zu erzählen. Ohne nun eine spezielle Lanze für den in Hollywood sehr beliebten Bestseller Der Heros in tausend Gestalten von Joseph Campbell brechen zu wollen, aber es hat augenscheinlich einen Grund, warum Menschen sich über der ganzen Welt verteilt im Kern die gleichen Geschichten erzählen. Und das immer wieder, seit Jahrhunderten. Film ist immer noch ein relativ junges Medium und womöglich war 1977 die Zeit reif, ein Märchen so auf die Leinwand zu bringen, dass es Millionen Menschen ansprach und auch heute noch bemerkenswert gut funktioniert. Dass Krieg der Sterne zusammen mit Steven Spielbergs Der weiße Hai den US-amerikanischen Sommerblockbuster begründete, was seinerseits zu einer zunehmenden Formalisierung der Filme führte, ist eine andere Geschichte. Der erste Star Wars-Film, der eigentlich die Nummer Vier in der Chronologie darstellt, mag naiv sein, aber gerade diese Naivität, die eine geradezu kindliche Begeisterung hervorrufen kann, ist der Schlüssel zu seinem Erfolg. Indem er sich auf das wesentliche konzentriert ist es ein zeitloses Werk – wie es Märchen im Allgemeinen sind.

Nicht ohne Selbstbewusstsein verweist der Film mit den Eröffnungsworten „Es war einmal…“ gleich auf seine märchenhafte Genese. Im Weltall herrscht Krieg zwischen den Rebellen um Prinzessin Leia Organa (Carrie Fisher) und dem despotischen Imperium um Grand Moff Tarkin (Peter Cushing) und seine rechte Hand, dem auf ein Lebenserhaltungssystem angewiesenen Darth Vader (David Prowse, Stimme James Earl Jones). Als ihr Raumschiff angegriffen wird, kann Leia gestohlene Pläne, die zur Zerstörung des Todessterns, der neusten Massenvernichtungswaffe des Imperiums, dienen könnten, zusammen mit einer Nachricht an einen alten Freund ihres Vaters in dem Roboter R2-D2 (Kenny Baker) verstecken. Zusammen mit den Protokolldroiden C-3PO (Anthony Daniels) gelingt R2-D2 die Flucht auf den Wüstenplaneten Tatooine, auf dem die beiden an den jungen Luke Skywalker (Mark Hamill) und seine Familie verkauft werden. So gelangen sie über Umwege auch an Obi-Wan Kenobi (Alec Guinness), für den die Nachricht der Prinzessin bestimmt war. Unversehens landet Luke in einem Abenteuer, dass ihn nicht nur von seinem trostlosen Planeten herunter führt, sondern ihn auch zur Schlüsselfigur im Kampf gegen das Imperium werden lässt…

Krieg der Sterne funktioniert, wie erwähnt, auf einer geradezu archaischen Ebene. Die Figurenzeichnung ist schwarz/weiß, der Schurke ist sofort zu erkennen, die Emotionalität diverser Szenen wird nicht so sehr ausgebreitet, dass der Erzählfluss gestört wird (Luke verliert nicht weniger als vier wichtige Menschen während des Films, vergießt darüber aber keine Träne, noch scheint es ihn länger abzulenken). Die Welt, wie sie Regisseur George Lucas zeichnet, wird so hingenommen, beispielsweise gibt es keinerlei Erklärung, wie und wann die Menschen von der Erde aus aufbrachen, um sich im All anzusiedeln. Mehr noch, unser Sonnensystem würde wohl eher die Fantasywelt Lucas‘ stören, darum wird jeder Erwähnung von realen Gegebenheiten vermieden. Krieg der Sterne existiert komplett in einem erdachten Rahmen und ähnlich wie die Existenz von Hexen, Trollen und anderen Mythen in Märchen vorausgesetzt wird, sind auch die Star Wars-Welt schnell angenommen. Mehr noch, Lucas wirft den Zuschauer sofort in die Geschichte, nur die berühmten durchs All rasenden Buchstaben erläutern die unmittelbare Vorgeschichte. Das Drehbuch, dass dem Film zugrunde liegt, mag nicht das ausgefeilteste der Kinogeschichte sein, auch nicht das Beste, aber dass es in seinen Grenzen hervorragend funktioniert ist unbestreitbar.

Neben dem generischen, aber effektiven Gut-gegen-Böse auf der dramaturgischen Ebene ist Krieg der Sterne auch sehr erfolgreich auf der technischen Seite. Die Effekte sind schlicht phänomenal und überzeugen gerade durch ihre Körperlichkeit auch in Zeiten des computergenerierten Overkills, dem auch Lucas selbst in seiner Prequel-Trilogie zum Opfer fiel. Die entfesselte Kamera, damals ein Novum, generiert scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten in den Raumschlachten, das „Du bist dabei!“-Gefühl sollte nicht unterschätzt werden. Der Modellbau ist state of the art, ebenso die detailverliebten Sets und das generelle Generieren von ungewohnten Schauplätzen. Auch dank der sicheren Regie kann man beispielsweise die Wüste von Tunesien im Kontext des Films wirklich als Wüste auf einem anderen Planeten akzeptieren.

Krieg der Sterne ist sicherlich kein Film ohne Fehler (zum Beispiel ist Lucas‘ Welt ethnisch sehr weiß – als ob die Menschheit nur eine Hautfarbe hervorgebracht hätte) oder Logiklöcher, aber er entwirft eine so entwaffnend einfache und dabei so zugängliche Welt, dass er zwei Stunden nicht nur den besagten Eskapismus bietet, sondern auch den ganz menschlichen Durst nach einem naiv-charmanten Märchen stillt. Andere Teile der Saga sollten sich als noch besser herausstellen, aber in punkto unschuldig-naivem Unterhaltungswert hat Krieg der Sterne seinen Kultstatus redlich verdient. Im Grunde ist es ein Kinderfilm – und schon Erich Kästner wusste, dass nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ein Mensch ist. So gesehen ist Krieg der Sterne einer der menschlichsten Filme überhaupt.



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