STAR WARS – EPISODE IV:
EINE NEUE HOFFNUNG
(KRIEG DER STERNE)
(Star Wars – Episode IV: A New Hope/Star Wars)
USA 1977
Dt. Erstaufführung: 09.02.1978
Regie: George Lucas
Dt. Erstaufführung: 09.02.1978
Regie: George Lucas
Star
Wars – Episode IV oder, wie er in Deutschland zumindest bei etwas älteren
Fans bekannt sein dürfte, Krieg der
Sterne ist kein Film für eine zunehmend zynischere Welt. Genauso wenig wie
James Camerons Avatar – Aufbruch nach Pandora. Von dem Standpunkt aus gesehen,
der Film als progressives Medium versteht, dessen Geschichten und Figuren immer
komplexer, die Motivationen immer detaillierter werden müssen, ist Krieg der Sterne kein guter Film. Doch
man muss sich vielmehr die Frage stellen, warum diese Filme alle Jahre wieder
auftauchen und warum manche so solch gigantischen Kassen- und Publikumserfolgen
werden wie eben Star Wars und Avatar. Allein mit einem eskapistischen
Ansatz ist das kaum zu erklären, denn Eskapismus liefern auch sehr viele andere
Filme jedes Jahr, jede Woche. Sind wir als Publikum schlicht zu faul oder gar
zu dumm, um uns auf komplexere Filme einzulassen, macht also unsere
Genügsamkeit aus etwas wie Das süße
Jenseits einen Nischenfilm und aus Krieg
der Sterne einen Blockbuster? Dieser Ansatz ist ebenso falsch wie
beleidigend. Der Schlüssel dürfte vielmehr im Menschen selbst verankert sein,
in seinem Hang, sich Geschichten zu erzählen. Ohne nun eine spezielle Lanze für
den in Hollywood sehr beliebten Bestseller Der
Heros in tausend Gestalten von Joseph Campbell brechen zu wollen, aber es
hat augenscheinlich einen Grund, warum Menschen sich über der ganzen Welt
verteilt im Kern die gleichen Geschichten erzählen. Und das immer wieder, seit
Jahrhunderten. Film ist immer noch ein relativ junges Medium und womöglich war
1977 die Zeit reif, ein Märchen so auf die Leinwand zu bringen, dass es
Millionen Menschen ansprach und auch heute noch bemerkenswert gut funktioniert.
Dass Krieg der Sterne zusammen mit
Steven Spielbergs Der weiße Hai den
US-amerikanischen Sommerblockbuster begründete, was seinerseits zu einer
zunehmenden Formalisierung der Filme führte, ist eine andere Geschichte. Der
erste Star Wars-Film, der eigentlich
die Nummer Vier in der Chronologie darstellt, mag naiv sein, aber gerade diese
Naivität, die eine geradezu kindliche Begeisterung hervorrufen kann, ist der
Schlüssel zu seinem Erfolg. Indem er sich auf das wesentliche konzentriert ist
es ein zeitloses Werk – wie es Märchen im Allgemeinen sind.
Nicht ohne Selbstbewusstsein verweist der Film mit den Eröffnungsworten
„Es war einmal…“ gleich auf seine märchenhafte Genese. Im Weltall herrscht
Krieg zwischen den Rebellen um Prinzessin Leia Organa (Carrie Fisher) und dem
despotischen Imperium um Grand Moff Tarkin (Peter Cushing) und seine rechte
Hand, dem auf ein Lebenserhaltungssystem angewiesenen Darth Vader (David
Prowse, Stimme James Earl Jones). Als ihr Raumschiff angegriffen wird, kann
Leia gestohlene Pläne, die zur Zerstörung des Todessterns, der neusten
Massenvernichtungswaffe des Imperiums, dienen könnten, zusammen mit einer
Nachricht an einen alten Freund ihres Vaters in dem Roboter R2-D2 (Kenny Baker)
verstecken. Zusammen mit den Protokolldroiden C-3PO (Anthony Daniels) gelingt
R2-D2 die Flucht auf den Wüstenplaneten Tatooine, auf dem die beiden an den
jungen Luke Skywalker (Mark Hamill) und seine Familie verkauft werden. So
gelangen sie über Umwege auch an Obi-Wan Kenobi (Alec Guinness), für den die
Nachricht der Prinzessin bestimmt war. Unversehens landet Luke in einem
Abenteuer, dass ihn nicht nur von seinem trostlosen Planeten herunter führt,
sondern ihn auch zur Schlüsselfigur im Kampf gegen das Imperium werden lässt…
Krieg der Sterne
funktioniert, wie erwähnt, auf einer geradezu archaischen Ebene. Die
Figurenzeichnung ist schwarz/weiß, der Schurke ist sofort zu erkennen, die
Emotionalität diverser Szenen wird nicht so sehr ausgebreitet, dass der
Erzählfluss gestört wird (Luke verliert nicht weniger als vier wichtige
Menschen während des Films, vergießt darüber aber keine Träne, noch scheint es
ihn länger abzulenken). Die Welt, wie sie Regisseur George Lucas zeichnet, wird
so hingenommen, beispielsweise gibt es keinerlei Erklärung, wie und wann die
Menschen von der Erde aus aufbrachen, um sich im All anzusiedeln. Mehr noch,
unser Sonnensystem würde wohl eher die Fantasywelt Lucas‘ stören, darum wird
jeder Erwähnung von realen Gegebenheiten vermieden. Krieg der Sterne existiert komplett in einem erdachten Rahmen und
ähnlich wie die Existenz von Hexen, Trollen und anderen Mythen in Märchen
vorausgesetzt wird, sind auch die Star
Wars-Welt schnell angenommen. Mehr noch, Lucas wirft den Zuschauer sofort
in die Geschichte, nur die berühmten durchs All rasenden Buchstaben erläutern
die unmittelbare Vorgeschichte. Das Drehbuch, dass dem Film zugrunde liegt, mag
nicht das ausgefeilteste der Kinogeschichte sein, auch nicht das Beste, aber
dass es in seinen Grenzen hervorragend funktioniert ist unbestreitbar.
Neben dem generischen, aber effektiven Gut-gegen-Böse auf
der dramaturgischen Ebene ist Krieg der
Sterne auch sehr erfolgreich auf der technischen Seite. Die Effekte sind
schlicht phänomenal und überzeugen gerade durch ihre Körperlichkeit auch in
Zeiten des computergenerierten Overkills, dem auch Lucas selbst in seiner
Prequel-Trilogie zum Opfer fiel. Die entfesselte Kamera, damals ein Novum,
generiert scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten in den Raumschlachten, das „Du
bist dabei!“-Gefühl sollte nicht unterschätzt werden. Der Modellbau ist state of the art, ebenso die detailverliebten
Sets und das generelle Generieren von ungewohnten Schauplätzen. Auch dank der
sicheren Regie kann man beispielsweise die Wüste von Tunesien im Kontext des
Films wirklich als Wüste auf einem anderen Planeten akzeptieren.
Krieg der Sterne
ist sicherlich kein Film ohne Fehler (zum Beispiel ist Lucas‘ Welt ethnisch
sehr weiß – als ob die Menschheit nur eine Hautfarbe hervorgebracht hätte) oder
Logiklöcher, aber er entwirft eine so entwaffnend einfache und dabei so
zugängliche Welt, dass er zwei Stunden nicht nur den besagten Eskapismus
bietet, sondern auch den ganz menschlichen Durst nach einem naiv-charmanten
Märchen stillt. Andere Teile der Saga sollten sich als noch besser
herausstellen, aber in punkto unschuldig-naivem Unterhaltungswert hat Krieg der Sterne seinen Kultstatus
redlich verdient. Im Grunde ist es ein Kinderfilm – und schon Erich Kästner
wusste, dass nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ein Mensch ist. So
gesehen ist Krieg der Sterne einer
der menschlichsten Filme überhaupt.
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