Montag, 19. August 2013

Der Sinn des Lebens für 9,99 $ (2008)




DER SINN DES LEBENS FÜR 9,99 $
($ 9,99)
Australien/Israel 2008
Dt. TV-Erstausstrahlung: 03.05.2013
DVD-Premiere: 16.08.2013
Regie: Tatia Rosenthal

Dieser Stop-Motion-Animationsfilm lief in der Reihe TrickReich auf 3sat unter dem Titel Der Sinn des Lebens für 9,99 $ und wurde drei Monate später unter seinem Originaltitel $ 9,99 auch hierzulande auf DVD veröffentlicht. So viel zum Titelverständnis. Zum Inhalt: mehrere Bewohner eines Appartementhauses in Sydney suchen den für sie individuellen Sinn des Lebens. Der arbeitslose Dave hofft, ihn durch eine billige Broschüre zu finden, ein kleiner Junge findet ihn in seinem zunächst verhassten Sparschwein, Daves Bruder in der völligen Hingabe an seine neue Freundin. Der Vergleich mit dem ebenfalls an ein erwachsenes Publikum gerichteten Mary & Max, der nicht so lange für seinen Weg von Australien nach Europa brauchte, ist nicht nur deshalb unfair, weil Der Sinn des Lebens für 9,99 $ ein Jahr vor Mary & Max veröffentlicht wurde, sondern auch, weil beide Filme doch sehr unterschiedlich zu Werke gehen. Was man aber festhalten muss ist der Umstand, dass Mary & Max der weitaus bessere Film ist.

Dabei ist der von Tatia Rosenthal inszenierte und auf Kurzgeschichten von Etgar Keret basierende Film kein kompletter Reinfall, aber eben auch kein großes Meisterwerk. Die Stop-Motion-Technik ist gut, leidet aber unter einer gewissen Angst vor der Stilisierung. Die Figuren sind recht realistisch gehalten, was mitunter zu Ausflügen ins uncanny valley führt, jenem Umstand, in dem menschliche Figuren, die aber nicht ganz Menschen sind und augenscheinlich „nur so tun“ ein ungutes Gefühl beim Zuschauer aufkommen lassen. Vor allem die weiblichen Figuren haben deprimierend wenig Ausdruck, während vor allem die Puppe des einsamen Opas verhältnismäßig ausdrucksstark daher kommt. Emotionale Resonanzen kommen vor allem durch die Handlungen, nicht aber durch die Ausdrücke der Charaktere, dafür haben sie zu wenig Mimik und wirken allzu oft gefangen in ihrer Existenz als Menschen-Stand-Ins. Dass mit der Abstraktion auch ein Mehr an Ausdruck möglich ist, dies hat 9,99 $ nicht verinnerlicht. Es hat einen Grund, warum PIXAR seine ersten menschlichen Helden, Die Unglaublichen, als Cartoons zeigte und nicht als möglichst wirklichkeitsgetreue Abbilder der Realität. In diesem Punkt ist 9,99 $ näher an Final Fantasy – The Spirits Within. Abgesehen von einigen spärlichen Szenen nutzt der Film seine gewählte Form erstaunlich wenig.

Interessant wird der Film vor allem durch seine durchaus sympathische Figurenzeichnung. Die allermeisten Protagonisten können den Zuschauer für sich einnehmen, ihre Probleme und ihre Sinnsuche sind nachvollziehbar und die vielen verschiedenen Arten, mit denen das Leben mit dem titelgebenden Sinn gefüllt wird, sind einfallsreich und mitunter sehr grotesk. So sollte man die Veränderung, die Daves Bruder der Liebe wegen durchmacht, wohl eher symbolisch sehen.
Der Sinn des Lebens für 9,99 $ ist nicht ohne Längen und der Stil ist etwas zu nah an der Realität, aber die Figuren, ihre Beziehungen und diverse schwarzhumorige Einfälle führen dennoch dazu, dass man die knapp 75 Minuten nicht verschwendet. Es ist und bleibt ein Nischenfilm, sowohl inhaltlich als auch formal, aber er vermeidet die ausufernde „Kultfilm“-Grotesken, denen ein solches Werk schnell anheimfallen könnte. Tatia Rosenthal ist nicht Bill Plympton.




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