Freitag, 23. August 2013

Katzenmenschen (1942)




KATZENMENSCHEN
(Cat People)
USA 1942
Dt. Erstaufführung: 03.07.1974 (TV-Premiere)
Regie: Jacques Tourneur

Oliver Reed (Kent Smith) lernt im Zoo die Modedesignerin Irena (Simone Simon) kennen und lieben. Nach einiger Zeit heiraten sie, aber ihre Ehe wird nicht vollzogen, denn Irena, ihres Zeichen Immigrantin aus Serbien, hat Angst davor, dass die Geschichten aus ihrem Heimatdorf, das einst die Hochstätte eines Kults war, der Wahrheit entsprechen könnten. Demnach wäre Irena ein Katzenmensch und würde sich bei Erregung, egal ob sexueller oder anderweitiger Natur, in einen Panther verwandeln. Die Besuche bei dem Psychiater Dr. Judd (Tom Cornway) bringen nicht den gewünschten Erfolg und als Irena ihren Mann auch noch verdächtigt, eine Affäre mit seiner Arbeitskollegin Alice (Jane Randolph) zu haben, geraten die Dinge langsam außer Kontrolle…

Katzenmenschen ist sehr viel mehr ein ästhetisches Vergnügen denn ein inhaltliches. Das Drehbuch von DeWitt Bodeen erhält sehr viele interessante Ansätze, verfolgt aber kaum einen von ihnen konsequent bis zum Schluss. Zudem erliegt er letztlich der Versuchung, Irenas Fluch allzu sehr als Realität zu markieren. Während man über weite Teile des Films im Unklaren gelassen wird, ob Irena sich wirklich verwandeln kann oder ob alles nicht eine rein psychische Sache ist, scheint Bodeen am Schluss jeden Zweifel ausräumen zu wollen. Dies ist insofern unnötig, weil der Mystery-Aspekt zur größten Stärke des Films zählt. Dies und die Kameraarbeit von Nicholas Musuraca und die Art Direction von Albert S. D’Agostino und Walter E. Keller.

Im Grunde ein Film Noir, atmet Katzenmenschen Atmosphäre – und das mit so gut wie jedem Frame. In seinen besten Momenten ist der von Jacques Tourneur inszenierte Film wahrlich erschreckend und spannend. Elegant ist er durchgängig. Überblendungen werden nicht nur zum Szenenwechsel benutzt, sondern auch, um ein diffuses Zeitgefühl zu generieren. Wie viel Zeit zwischen ihnen vergeht wissen wir nicht, ebenso wenig wie wir über Irenas wahre Natur lange Bescheid wissen. Indem der Film dem Zuschauer einen konkreten Zeitanker verwehrt, mehrt er nur seine unheimliche Atmosphäre. Es mag paradox klingen, aber das an sich profane Fehlen einer eindeutigen zeitlichen Einordnung sorgt für Unbehagen – wir wissen nicht viel und können es auch gar nicht wissen und dieses geschickte „in der Schwebe“-Halten sorgt für die durchgehend gelungene Atmosphäre. Katzenmenschen versprüht Unbehagen und die inzwischen berühmten Szenen auf der nächtlichen Straße und im Schwimmbad gehören verdientermaßen zu den besten und unheimlichsten Sequenzen des Horrorkinos. Dies ist kein Horror im modernen Splattersinn und gerade durch die Reduktion höchst effektiv.

Weniger effektiv sind die Implikationen, die dem Film innewohnen. Als mysteriöse Einwanderin, die potenziell bedrohlich ist, ist Katzenmenschen eine recht plumpe Art, mit Xenophobie umzugehen. Dem Fremden ist nicht gänzlich zu vertrauen und am Schluss sollte man „bei seinen eigenen Leuten“ bleiben. Alice und Oliver verlieben sich und Irena wird zusehends zum eifersüchtigen Monster. Dies ist weder als subversiver Kommentar zum libidinösen Konkurrenzkampf zu sehen denn als Stärkung herrschender Strukturen. Liest man Katzenmenschen als ein Plädoyer gegen unterdrückte Sexualität, ist der 1942 entstandene Film schon eher progressiv. Er dämonisiert dabei die weibliche Sexualität weniger als dass er im Nicht-Ausleben (können) Gefahren sieht. Ohne Ventil wird man zur Bestie. Davon mag man halten, was man will, aber für einen US-Film aus den Vierzigern ist Katzenmenschen sehr freizügig, zumindest kodifiziert. Sex gibt es nicht zu sehen, aber die Dialoge strotzen nur so von subtilen Abspielungen, die in ihrer gleichzeitigen Un- wie Eindeutigkeit eine nicht misszuverstehende Sprache sprechen. Der Film versteht den Menschen ganz richtig als sexuelles Wesen, das, an der Ausübung seiner Sexualität gehindert, schlicht wahnsinnig werden kann.

Katzenmenschen ist ein formal in allen Belangen hervorragender, auf inhaltlicher Ebene diskussionswürdiger Film. Manchmal reaktionär, manchmal progressiv will er dechiffriert werden und das von jedem Zuschauer auf seine Weise. Einfache Antworten liefert wer nur im anbiedernden Ende, dass zumindest den mysteriösen Part recht konventionell auflöst. Ansonsten ist es ein Film der vielen möglichen Betrachtungsebenen. Und wer sich darauf nicht einlassen möchte, für den hält Katzenmenschen darüber hinaus 70 Minuten schlicht spannende, unheimliche Unterhaltung parat.



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