KATZENMENSCHEN
(Cat People)
USA 1942
Dt. Erstaufführung: 03.07.1974 (TV-Premiere)
Regie: Jacques Tourneur
Dt. Erstaufführung: 03.07.1974 (TV-Premiere)
Regie: Jacques Tourneur
Oliver Reed (Kent Smith) lernt im Zoo
die Modedesignerin Irena (Simone Simon) kennen und lieben. Nach einiger Zeit
heiraten sie, aber ihre Ehe wird nicht vollzogen, denn Irena, ihres Zeichen Immigrantin
aus Serbien, hat Angst davor, dass die Geschichten aus ihrem Heimatdorf, das
einst die Hochstätte eines Kults war, der Wahrheit entsprechen könnten. Demnach
wäre Irena ein Katzenmensch und würde sich bei Erregung, egal ob sexueller oder
anderweitiger Natur, in einen Panther verwandeln. Die Besuche bei dem
Psychiater Dr. Judd (Tom Cornway) bringen nicht den gewünschten Erfolg und als
Irena ihren Mann auch noch verdächtigt, eine Affäre mit seiner Arbeitskollegin
Alice (Jane Randolph) zu haben, geraten die Dinge langsam außer Kontrolle…
Katzenmenschen ist
sehr viel mehr ein ästhetisches Vergnügen denn ein inhaltliches. Das Drehbuch
von DeWitt Bodeen erhält sehr viele interessante Ansätze, verfolgt aber kaum
einen von ihnen konsequent bis zum Schluss. Zudem erliegt er letztlich der
Versuchung, Irenas Fluch allzu sehr als Realität zu markieren. Während man über
weite Teile des Films im Unklaren gelassen wird, ob Irena sich wirklich
verwandeln kann oder ob alles nicht eine rein psychische Sache ist, scheint
Bodeen am Schluss jeden Zweifel ausräumen zu wollen. Dies ist insofern unnötig,
weil der Mystery-Aspekt zur größten Stärke des Films zählt. Dies und die Kameraarbeit
von Nicholas Musuraca und die Art Direction von Albert S. D’Agostino und Walter
E. Keller.
Im Grunde ein Film Noir, atmet Katzenmenschen Atmosphäre – und das mit so gut wie jedem Frame. In
seinen besten Momenten ist der von Jacques Tourneur inszenierte Film wahrlich
erschreckend und spannend. Elegant ist er durchgängig. Überblendungen werden
nicht nur zum Szenenwechsel benutzt, sondern auch, um ein diffuses Zeitgefühl
zu generieren. Wie viel Zeit zwischen ihnen vergeht wissen wir nicht, ebenso
wenig wie wir über Irenas wahre Natur lange Bescheid wissen. Indem der Film dem
Zuschauer einen konkreten Zeitanker verwehrt, mehrt er nur seine unheimliche
Atmosphäre. Es mag paradox klingen, aber das an sich profane Fehlen einer
eindeutigen zeitlichen Einordnung sorgt für Unbehagen – wir wissen nicht viel
und können es auch gar nicht wissen und dieses geschickte „in der Schwebe“-Halten
sorgt für die durchgehend gelungene Atmosphäre. Katzenmenschen versprüht Unbehagen und die inzwischen berühmten
Szenen auf der nächtlichen Straße und im Schwimmbad gehören verdientermaßen zu
den besten und unheimlichsten Sequenzen des Horrorkinos. Dies ist kein Horror
im modernen Splattersinn und gerade durch die Reduktion höchst effektiv.
Weniger effektiv sind die Implikationen, die dem Film
innewohnen. Als mysteriöse Einwanderin, die potenziell bedrohlich ist, ist Katzenmenschen eine recht plumpe Art,
mit Xenophobie umzugehen. Dem Fremden ist nicht gänzlich zu vertrauen und am
Schluss sollte man „bei seinen eigenen Leuten“ bleiben. Alice und Oliver
verlieben sich und Irena wird zusehends zum eifersüchtigen Monster. Dies ist
weder als subversiver Kommentar zum libidinösen Konkurrenzkampf zu sehen denn
als Stärkung herrschender Strukturen. Liest man Katzenmenschen als ein Plädoyer gegen unterdrückte Sexualität, ist
der 1942 entstandene Film schon eher progressiv. Er dämonisiert dabei die
weibliche Sexualität weniger als dass er im Nicht-Ausleben (können) Gefahren
sieht. Ohne Ventil wird man zur Bestie. Davon mag man halten, was man will,
aber für einen US-Film aus den Vierzigern ist Katzenmenschen sehr freizügig, zumindest kodifiziert. Sex gibt es
nicht zu sehen, aber die Dialoge strotzen nur so von subtilen Abspielungen, die
in ihrer gleichzeitigen Un- wie Eindeutigkeit eine nicht misszuverstehende
Sprache sprechen. Der Film versteht den Menschen ganz richtig als sexuelles
Wesen, das, an der Ausübung seiner Sexualität gehindert, schlicht wahnsinnig
werden kann.
Katzenmenschen ist
ein formal in allen Belangen hervorragender, auf inhaltlicher Ebene diskussionswürdiger
Film. Manchmal reaktionär, manchmal progressiv will er dechiffriert werden und
das von jedem Zuschauer auf seine Weise. Einfache Antworten liefert wer nur im
anbiedernden Ende, dass zumindest den mysteriösen Part recht konventionell
auflöst. Ansonsten ist es ein Film der vielen möglichen Betrachtungsebenen. Und
wer sich darauf nicht einlassen möchte, für den hält Katzenmenschen darüber
hinaus 70 Minuten schlicht spannende, unheimliche Unterhaltung parat.
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