STAUB AUF UNSEREN
HERZEN
Deutschland 2012
Dt. Erstaufführung: 17.01.2013
Regie: Hanna Doose
Dt. Erstaufführung: 17.01.2013
Regie: Hanna Doose
Staub
auf unseren Herzen ist ein „typischer deutscher“ Film: etwas spröde, aus
dem Leben gegriffen, in seiner Ästhetik eher mit Dogma 95 verwandt als mit den aufgemotzten Hollywood-Produktionen,
inklusive der Independent-Filme, die es in die internationalen Kinos schaffen.
Wer vom Kino Eskapismus verlangt, der wird hier in keiner Sekunde
zufriedengestellt. Davon abgesehen bietet der Film aber nicht nur eine genau
beobachtetet Studie zu Generationenverhältnissen im immer noch frischen 21.
Jahrhundert, sondern auch bestechende schauspielerischen Leistungen.
Kathi (Stephanie Stremler) ist 30 Jahre alt, Mutter eines
vierjährigen Sohns (Luis August Kurecki) und ihres Zeichens erfolglose
Schauspielerin. Es gibt Vorsprechen, aber Engagements ergeben sich nicht
daraus. Also ist Kathi immer noch von ihrer resoluten Mutter Chris (Susanne
Lothar) abhängig, die stets alles besser weiß als ihre Tochter. Als dann auch
noch Wolfgang (Michael Kind) wieder in Berlin auftaucht, Chris‘ Exmann und
Kathis Vater, und ein Teil ihrer beide Leben sein möchte, kommt zu dem fragilen
Verhältnis eine neue Komponente hinzu.
Die Schauspieler sind es, die Staub auf unseren Herzen zu einem kleinen Ereignis machen. Die
inzwischen verstorbene Susanne Lothar (Die
Klavierspielerin) brilliert als Chris, während die relativ unbekannte
Stephanie Stremler (Wer wenn nicht wir)
einen interessanten Ansatz für ihre Rolle findet: Stremler mimt die schlechte
Schauspielerin im wirklichen Leben, die nur in wenigen Momenten aus sich heraus
treten kann. Wie sie Dialoge spricht ist etwas gewöhnungsbedürftig, erlangt
aber durch die spannungsvolle Beziehung zu ihrer Filmmutter Sinn. Kathi hält sich
stets zurück, ist immer mit den Gedanken an anderer Stelle, bzw. scheint im
Kopf all die Möglichkeiten durchzugehen, wie sie anderen Menschen begegnen
könnte, ohne dass sie etwas davon in die Tat umsetzt. Kathi ist, um es
neudeutsch auszudrücken, eine „verpeilte“ Persönlichkeit, wie sie wohl jeder
kennt und als solche ein glaubwürdiges Gegengewicht zu Chris.
Die Mutter-Tochter-Beziehung lebt von der hervorragenden Beobachtungsgabe der Regisseurin Hanna Doose, die mit diesem Film ihren Abschluss an der Berliner Filmhochschule DFFB machte. Es sind die Details, die Nuancen, die Gesten, die Staub auf unseren Herzen einen mitunter schier unglaublichen Realitätsanspruch geben. Was sich hier vor dem Zuschauer entfaltet, hört und fühlt sich an wie das wahre Leben, nicht wie scripted reality oder ein schnöder Spielfilm. So erzeugt Doose eine große Nähe, schon allein, weil sich wohl Jeder in der einen oder anderen Situation selbst wiedererkennen kann – und damit wie ein unsichtbarer Beobachter auf Situationen des eigenen Lebens schaut. Auch hier offenbart sich die Großartigkeit der Schauspieler, denn es gehört einiges an Talent dazu, den Alltag so realistisch im Kontext eines Films darzustellen. Wie gesagt, man schaut weniger Schauspielern bei der Arbeit zu als vielmehr sich selbst in alltäglichen Situationen, wird aber durch das Filmumfeld gewahr, wie unendlich kompliziert eben jener Alltag sein kann und zu welchen Grausamkeiten Menschen fähig sind, die sich lieben. Ein abschätziger Blick von Chris gegenüber Kathi kann da schlimmer sein als jede Splatterszene des Horrorkinos.
Die Mutter-Tochter-Beziehung lebt von der hervorragenden Beobachtungsgabe der Regisseurin Hanna Doose, die mit diesem Film ihren Abschluss an der Berliner Filmhochschule DFFB machte. Es sind die Details, die Nuancen, die Gesten, die Staub auf unseren Herzen einen mitunter schier unglaublichen Realitätsanspruch geben. Was sich hier vor dem Zuschauer entfaltet, hört und fühlt sich an wie das wahre Leben, nicht wie scripted reality oder ein schnöder Spielfilm. So erzeugt Doose eine große Nähe, schon allein, weil sich wohl Jeder in der einen oder anderen Situation selbst wiedererkennen kann – und damit wie ein unsichtbarer Beobachter auf Situationen des eigenen Lebens schaut. Auch hier offenbart sich die Großartigkeit der Schauspieler, denn es gehört einiges an Talent dazu, den Alltag so realistisch im Kontext eines Films darzustellen. Wie gesagt, man schaut weniger Schauspielern bei der Arbeit zu als vielmehr sich selbst in alltäglichen Situationen, wird aber durch das Filmumfeld gewahr, wie unendlich kompliziert eben jener Alltag sein kann und zu welchen Grausamkeiten Menschen fähig sind, die sich lieben. Ein abschätziger Blick von Chris gegenüber Kathi kann da schlimmer sein als jede Splatterszene des Horrorkinos.
Staub aus unseren
Herzen ist außerdem eine gut beobachtete Studie über eine sich verändernde
sozioökonomische Situation. Mit verlängerten Ausbildungszeiten und prekären
Arbeitsmarktverhältnissen sind nicht nur Kinder, sondern auch ihre Eltern
verunsichert. Der alte Glauben von „Unseren Kindern wird es mal besser gehen“
greift nicht mehr und die Kompensationsversuche der Eltern (in Chris‘ Fall die
ständigen Ratschläge, wie man etwas „besser machen könnte“) führen auch deshalb
ins Leere, weil die Kinder an der Diskrepanz eben jener Vorstellungen und der
wirklichen Situation verzweifeln. Man sympathisiert weder mit Kathi noch mit
Chris über die komplette Laufzeit, kann aber den spezifischen Standpunkt
eigentlich immer nachvollziehen. So ist es auch realistisch und gut, den
Konflikt nicht mit einem Knall zu enden, wie es eine Big-Budget-Produktion
womöglich getan hätte, sondern mit einem beginnenden Abnabelungsprozess, in der
die Tochter anfängt, neue Wege zu beschreiten (und das Puppentheater für sich
zu entdecken, dass für ihre Schauspielkünste durch das indirekte der Puppe
augenscheinlich besser geeignet ist) und die Mutter schlicht im Nichts stehen
gelassen wird. Die Geschichte ist damit nicht beendet, der Film schon und es
könnte wohl kaum ein sinnvolleres Ende geben. Szenen wie die Streichsequenz, in
der die Mutter sich über jeden töchterlichen Einwand hinwegsetzt, dürften
danach der Vergangenheit angehören.
Staub auf unseren
Herzen ergreift nicht Partei, findet in beiden Positionen negatives wie
positives und verlässt sich lieber auf die konzentrierte Beobachtung.
Schließlich sagt es mehr, wenn Chris einen von Kathi in ihrer Wohnung für das
Wohnzimmer vorgesehenen Dekogegenstand ungefragt ins Bad verfrachtet, weil er
sich ihrer Meinung da besser macht, als jede ausschweifende Dialogszene. Es
gibt weniger funktionierende Elemente in Doose Kinodebüt (der „Wrestling“-Kampf
zwischen Mutter und Tochter, das Zusammentreffen mit dem Regisseur, das Treffen
mit dem Puppenspieler), aber im Kern bleibt die minuziös eingefangene Beziehung
zwischen Mutter und Tochter das Herzstück und Highlight des Films, auch und
gerade wegen der hervorragenden Darstellerriege.
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