HARRY UND SALLY
(When Harry Met Sally)
(When Harry Met Sally)
USA 1989
Dt. Erstaufführung: 14.09.1989
Regie: Rob Reiner
Dt. Erstaufführung: 14.09.1989
Regie: Rob Reiner
Wenn ein Film auf nur eine Szene
reduziert wird, zumindest in der populären Rezeption, dann birgt das auch eine
gewisse Gefahr in sich. Wird womöglich diese eine Szene immer wieder gezeigt,
weil der Rest des Films nicht erwähnenswert ist? Im Falle von Harry und Sally ist dies natürlich die „Vorgetäuschter
Orgasmus im Restaurant“-Sequenz, die mit der unsterblichen Bestellung der Dame
am Nebentisch endet: „Ich will genau das, was sie hatte.“ Für alle, die
befürchteten, dies könnte der einsame Höhepunkt (kein Wortspiel) von Rob
Reiners immens erfolgreichen Films sein, der kann sich beruhigt zurücklehnen,
denn auch der Rest von Harry und Sally
ist ein liebenswertes, gleichermaßen lustiges wie gefühlvolles Stück Kino.
Sally
Albright (Meg Ryan) und Harry Burns (Billy Crystal) fahren nach ihrem Examen
von Chicago nach New York. Harry ist mit einer von Sallys Freundinnen
zusammen und die beiden können sich nicht ausstehen. Fünf Jahre später treffen
sie sich durch Zufall wieder und ihre Beziehung steht unter keinem besseren
Stern, zumal beide in einer Partnerschaft leben. Weitere fünf Jahre später hat
sich dies geändert, beide sind Singles und laufen sich erneut über den Weg.
Diesmal bleibt es nicht bei einer flüchtigen Begegnung von ein paar Stunden.
Sally und Harry freunden sich an, unternehmen alles zusammen und erkennen,
jeder für sich, dass sie sich ineinander verlieben. Doch die Angst geht um,
dass Sex alles zerstören könnte, weiß Harry doch zu berichten: „Männer und
Frauen können keine Freunde sein. Der Sex kommt immer dazwischen.“
Die Vergleiche mit den Filmen von Woody Allen á la Der Stadtneurotiker sind nicht nur durch
das New York-Setting von Harry und Sally
angebracht. Wie in vielen Allen-Werken geht es um das Zusammenspiel zwischen
den Geschlechtern und wie sich eigentlich völlig unterschiedliche Charaktere
zusammenraufen und verlieben können. Der Unterschied ist, dass Regisseur Reiner
und seine Drehbuchautorin Nora Ephron (die später den weit weniger effektiven Schlaflos in Seattle inszenieren sollte)
die Allen typischen Grotesken aussparen und das neurotische zurückfahren. Harry und Sally ist schnörkelloser, aber
dadurch nicht weniger funktionell. Ephrons Drehbuch ist auf den Punkt,
postmoderne Spitzfindigkeiten, die sie später maßlos übertreiben sollte, sind
hier durch die Casablanca-Referenzen
im Rahmen gehalten und ihre augenzwinkernden Dialoge werden von Ryan und
Crystal hervorragend umgesetzt. Überhaupt sind es die beiden Hauptdarsteller,
durch die der Film seine Seele erhält.
Viele romantic comedys
scheitern an der mangelnden Chemie zwischen den Darstellern. Wie soll man ihnen
die aufkeimende Liebe abnehmen, wenn die Schauspieler nicht emotional synchron
agieren? Crystal und Ryan haben dieses Problem nicht. Nicht nur dass man ihnen
die „Feindschaft“ am Beginn des Films abkauft, auch ihre Transformation zu
besten Freunden und schließlich einem Liebespaar, dass ein paar Stolpersteine
überstehen muss, ist nachvollziehbar. Vielleicht mögen einige Zyniker
diesbezüglich einen Einwand einbringen wollen, aber selbst wenn es konstruierte
Elemente gibt, kaschieren die beiden Protagonisten dies absolut bravurös. Auch
die Nebendarsteller, unter ihnen Carrie Fisher und Bruno Kirby, sind gut
aufgelegt und nicht umsonst zählt eine Vierer-Telefonat zu den besten Szenen
des Films (ja, sogar besser als die Orgasmus-Szene).
Harry und Sally
erfindet das Rad der romantischen Komödie nicht neu, weder tat er das 1989,
noch tut er es auf heutiger Sicht. Aber gerade im Hinblick auf die extreme Formelhaftigkeit,
die mit vielen Genrefilmen inzwischen einhergeht, erlaubt sich Harry und Sally ein Drehbuch, das die
Figuren ernstnimmt und Darsteller, die wirklich in ihren Rollen aufgehen.
Inkonsequent wie der Film sein mag, ist er dennoch eins der besten Beispiele
für das so publikumsversöhnende Genre, dass danach mit Pretty Woman, Während du
schliefst und dem grandiosen Before
Sunrise noch einige Highlights mehr produzieren sollte. Harry und Sally ist charmant, witzig und
ebenso schön fotografiert (New York im Herbst!) wie gespielt. Man könnte zu der
Erkenntnis kommen, dass derjenige, der nur die vielzitierte Restaurantszene
kennt, das Beste noch gar nicht gesehen hat.
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