OBLIVION
USA 2013
Dt. Erstaufführung: 11.04.2013
Regie: Joseph Kosinski
Dt. Erstaufführung: 11.04.2013
Regie: Joseph Kosinski
Gar nicht weit unter der schicken
Oberfläche von Oblivion liegt ein
interessanter, womöglich sogar großartiger Science-fiction-Film, der in bester
Genretradition (zumindest wenn man eher Philip K. Dick oder Stanislav Lem mit
dem Genre assoziiert und weniger George Lucas) existenzialistische Fragen
stellt. Was ist das Wesen von Identität, sind Gefühle Teil der Persönlichkeit
oder Teil des Erbguts, können Emotionen also auf der DNA-Ebene weitergegeben
werden? Oblivion hat diese Fragen im
Gepäck und irgendwo interessiert sich der Film auch für sie, aber es fehlt ihm
dermaßen an Mut, sie auch anzugehen, dass ein leeres Gefühl am Ende
zurückbleibt. Joseph Kosinski (Tron
Legacy) hätte augenscheinlich gern einen intelligenten SF-Film gedreht,
begnügt sich aber mit dem zusammenkleben von Versatzstücken, einer großen Explosion
am Schluss und – zugegebenermaßen – atemberaubenden Effekten.
Das Jahr 2077: die Erde ist eine für Menschen größtenteils
unbewohnbar gewordene Einöde, nachdem in einem Krieg mit außerirdischen
Invasoren Nuklearwaffen eingesetzt wurden. Den Krieg konnten die Menschen für
sich entscheiden, den Planeten haben sie verloren. Die Überlebenden sind auf
den Saturnmond Titan geflüchtet, nur noch kleine Teams überwachen die riesigen
Maschinen auf der Erde, die langsam die Ozeane leersaugen, um mithilfe des
Wassers Energie für die ferne Kolonie zu gewinnen. Eins dieser Teams besteht
aus Jack (Tom Cruise) und Victoria (Andrea Riseborough), die die Drohnen
überwachen, die ihrerseits für die Sicherheit der Maschinen zuständig sind,
denn nicht alle Aliens haben den Planeten verlassen. Manche von ihnen
durchkämmen immer noch die Ruinen der Menschheit und vergreifen sich manchmal
an den Drohnen. Knapp zwei Wochen vor dem Ende ihrer Mission geht ein altes
irdisches Raumschiff nieder, dessen Inhalt, allen voran die geheimnisvolle
Julia (Olga Kurylenko), eine Lawine ins Rollen bringt, die Jacks Leben für
immer verändern könnte…
Oblivion sieht
grandios aus, zumindest wenn es nach den (auf Island gefilmten) Bildern der
verwüsteten Erde geht, die mit Special-Effects der Reste von menschlichen
Sehenswürdigkeiten aufgepeppt wurden. Die Vehikel und das Innere von Jack und
Victorias über den Wolken liegender Behausung erinnert eher an eine Zukunft,
die von der Firma Apple endgültig übernommen wurde. Der Kontrast dieser iHölle
zu Jacks vergleichsweise archaischen Behausung an einem Seeufer, in der er
gedruckte Bücher und Schallplatten aufbewahrt (wie schön, dass Duran Duran, Pink Floyd und Blue Oyster
Cult die Apokalypse überlebt haben), gehört noch zu den stärksten Elementen
des Films, auch wenn Jacks Memorabilien-Hütte stark an den in allen Belangen
überlegenden WALL-E – Der letzte räumt
die Erde auf erinnert.. Fast der gesamte Rest ist, ohne Übertreibung,
mitunter schmerzlich vorhersehbar. Es gibt keinen Twist, keine „schockierende
Enthüllung“, die man nicht schon zuvor herausfinden konnte – und der Film
versucht es mit vielen Twists und vielen Schocks. Vielleicht liegt es an der
offensichtlichen Dummheit der Figuren, die nie mitzudenken scheinen, vielleicht
auch an der lachhaften Inszenierung der „verstrahlten Zone“ (bleibe stehen und
du bist sicher, gehe zwei Meter weiter und du bist atomar verstrahlt – ach so)
oder daran, dass sich der Film mit Einschüben wie „Vor dem Beginn unserer
Mission wurde unser Gedächtnis gelöscht“ auch nicht sonderlich anstrengt. Man
fragt sich viel zu oft während der 120 Minuten Laufzeit, ob der Regisseur den
Zuschauer eigentlich für dumm, faul oder beides hält.
Denn es ist gerade diese Inszenierung, die sich nicht
anstrengt und auf ein nicht mitdenkendes Publikum setzt, die den Spaß an der
Sache verdirbt. Dass Oblivion das Rad
nicht neu erfindet, ist eine Sache. Auch aus dem Mix von Versatzstücken kann
man mitunter hervorragendes, vor allem aber unterhaltsames Kino machen (z.B. District 9). Aber Oblivion ist derartig faul, dass es anstrengend wird, dem Film
immer zwei bis drei Schritte voraus zu sein. Dass hinter den Geschehnissen mehr
streckt, als man auf den ersten Blick erfassen kann, war durch die Trailer
bereits kein Geheimnis. Dass Kosinski aber so offensichtlich lustlos an die
Sache herangeht, damit hätte wohl niemand gerechnet. Die Fragen beginnen mit
der ersten Minute und reißen nicht ab.
Was bleibt also? Ein formal außergewöhnlicher Film mit
starken Effekten, hervorragend ausgesuchten Locations und einem gewissen
Unterhaltungswert, zumindest bis zu dem Punkt, an dem der Zuschauer den
Figuren, namentlich Jack, endgültig davongelaufen ist und man die Drehbuchdummheiten
nicht mehr ertragen kann. Eine Figur sagt einmal über den Gegner, er habe „keine
Seele, keine Menschlichkeit“. Ob Kosinski bewusst ist, wie schmerzlich man dies
auch auf seinen Oblivion anwenden
kann?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen