Mittwoch, 14. August 2013

Oblivion (2013)




OBLIVION
USA 2013
Dt. Erstaufführung: 11.04.2013
Regie: Joseph Kosinski

Gar nicht weit unter der schicken Oberfläche von Oblivion liegt ein interessanter, womöglich sogar großartiger Science-fiction-Film, der in bester Genretradition (zumindest wenn man eher Philip K. Dick oder Stanislav Lem mit dem Genre assoziiert und weniger George Lucas) existenzialistische Fragen stellt. Was ist das Wesen von Identität, sind Gefühle Teil der Persönlichkeit oder Teil des Erbguts, können Emotionen also auf der DNA-Ebene weitergegeben werden? Oblivion hat diese Fragen im Gepäck und irgendwo interessiert sich der Film auch für sie, aber es fehlt ihm dermaßen an Mut, sie auch anzugehen, dass ein leeres Gefühl am Ende zurückbleibt. Joseph Kosinski (Tron Legacy) hätte augenscheinlich gern einen intelligenten SF-Film gedreht, begnügt sich aber mit dem zusammenkleben von Versatzstücken, einer großen Explosion am Schluss und – zugegebenermaßen – atemberaubenden Effekten.

Das Jahr 2077: die Erde ist eine für Menschen größtenteils unbewohnbar gewordene Einöde, nachdem in einem Krieg mit außerirdischen Invasoren Nuklearwaffen eingesetzt wurden. Den Krieg konnten die Menschen für sich entscheiden, den Planeten haben sie verloren. Die Überlebenden sind auf den Saturnmond Titan geflüchtet, nur noch kleine Teams überwachen die riesigen Maschinen auf der Erde, die langsam die Ozeane leersaugen, um mithilfe des Wassers Energie für die ferne Kolonie zu gewinnen. Eins dieser Teams besteht aus Jack (Tom Cruise) und Victoria (Andrea Riseborough), die die Drohnen überwachen, die ihrerseits für die Sicherheit der Maschinen zuständig sind, denn nicht alle Aliens haben den Planeten verlassen. Manche von ihnen durchkämmen immer noch die Ruinen der Menschheit und vergreifen sich manchmal an den Drohnen. Knapp zwei Wochen vor dem Ende ihrer Mission geht ein altes irdisches Raumschiff nieder, dessen Inhalt, allen voran die geheimnisvolle Julia (Olga Kurylenko), eine Lawine ins Rollen bringt, die Jacks Leben für immer verändern könnte…

Oblivion sieht grandios aus, zumindest wenn es nach den (auf Island gefilmten) Bildern der verwüsteten Erde geht, die mit Special-Effects der Reste von menschlichen Sehenswürdigkeiten aufgepeppt wurden. Die Vehikel und das Innere von Jack und Victorias über den Wolken liegender Behausung erinnert eher an eine Zukunft, die von der Firma Apple endgültig übernommen wurde. Der Kontrast dieser iHölle zu Jacks vergleichsweise archaischen Behausung an einem Seeufer, in der er gedruckte Bücher und Schallplatten aufbewahrt (wie schön, dass Duran Duran, Pink Floyd und Blue Oyster Cult die Apokalypse überlebt haben), gehört noch zu den stärksten Elementen des Films, auch wenn Jacks Memorabilien-Hütte stark an den in allen Belangen überlegenden WALL-E – Der letzte räumt die Erde auf erinnert.. Fast der gesamte Rest ist, ohne Übertreibung, mitunter schmerzlich vorhersehbar. Es gibt keinen Twist, keine „schockierende Enthüllung“, die man nicht schon zuvor herausfinden konnte – und der Film versucht es mit vielen Twists und vielen Schocks. Vielleicht liegt es an der offensichtlichen Dummheit der Figuren, die nie mitzudenken scheinen, vielleicht auch an der lachhaften Inszenierung der „verstrahlten Zone“ (bleibe stehen und du bist sicher, gehe zwei Meter weiter und du bist atomar verstrahlt – ach so) oder daran, dass sich der Film mit Einschüben wie „Vor dem Beginn unserer Mission wurde unser Gedächtnis gelöscht“ auch nicht sonderlich anstrengt. Man fragt sich viel zu oft während der 120 Minuten Laufzeit, ob der Regisseur den Zuschauer eigentlich für dumm, faul oder beides hält.

Denn es ist gerade diese Inszenierung, die sich nicht anstrengt und auf ein nicht mitdenkendes Publikum setzt, die den Spaß an der Sache verdirbt. Dass Oblivion das Rad nicht neu erfindet, ist eine Sache. Auch aus dem Mix von Versatzstücken kann man mitunter hervorragendes, vor allem aber unterhaltsames Kino machen (z.B. District 9). Aber Oblivion ist derartig faul, dass es anstrengend wird, dem Film immer zwei bis drei Schritte voraus zu sein. Dass hinter den Geschehnissen mehr streckt, als man auf den ersten Blick erfassen kann, war durch die Trailer bereits kein Geheimnis. Dass Kosinski aber so offensichtlich lustlos an die Sache herangeht, damit hätte wohl niemand gerechnet. Die Fragen beginnen mit der ersten Minute und reißen nicht ab.

Was bleibt also? Ein formal außergewöhnlicher Film mit starken Effekten, hervorragend ausgesuchten Locations und einem gewissen Unterhaltungswert, zumindest bis zu dem Punkt, an dem der Zuschauer den Figuren, namentlich Jack, endgültig davongelaufen ist und man die Drehbuchdummheiten nicht mehr ertragen kann. Eine Figur sagt einmal über den Gegner, er habe „keine Seele, keine Menschlichkeit“. Ob Kosinski bewusst ist, wie schmerzlich man dies auch auf seinen Oblivion anwenden kann?



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