Donnerstag, 7. November 2013

The Sapphires (2012)




THE SAPPHIRES
Australien 2012
Dt. Erstaufführung: 20.06.2013
Regie: Wayne Blair

Auf den ersten Blick gibt es an The Sapphires eigentlich nicht viel zu empfehlen: was soll man schon zu einem formelhaften australischen Dreamgirls-Aufguss sagen? Doch glücklicherweise entpuppt sich der Film als jene Sorte, die dem Begriff „formelhaft“ ein gutes Gesicht verleihen. Vieles in The Sapphires mag bekannt sein, die Dramaturgie überraschungsarm daherkommen, aber wenn ein Film so viel Herz und Esprit besitzt wie Wayne Blairs Bearbeitung einer wahren Begebenheit, dann ist man sehr gewillt, darüber hinwegzusehen.

Australien, 1968: In einer Zeit, in der die indigene Bevölkerung immer noch als „Flora & Fauna“ des Kontinents angesehen wird, werden die Aborigine-Schwestern Gail (Deborah Mailman), Julie (Jessica Mauboy) und Cynthia (Miranda Tapsell) von dem abgehalterten Entertainer Dave Lovelace (Chris O’Dowd) bei einem Provinz-Talentwettbewerb entdeckt. Zusammen mit ihrer Cousine Kay (Shari Sebbens), die aufgrund ihrer hellen Haut dereinst in eine weiße Familie „integriert“ wurde, bekommen sie einen Termin zum Vorsingen bei gastierenden US-Militärs in Melbourne. In Vietnam tobt der Krieg und die Truppen brauchen Musik und Entspannung. Die sich kurzerhand „The Sapphires“ nennende Band bekommt den Job und die vier Frauen fliegen nach Asien. Zunächst durch Militäreskorten geschützt feiern sie einen künstlerischen Sieg nach dem anderen, bis auch sie der Krieg einholt…

The Sapphires ist unmissverständlich ein Feel-Good-Film, seine ernsten Implikationen lässt er zwar nicht unter den Tisch fallen, stellt sie aber auch nicht aus. Die Frauen begegnen allerlei hässlichen Rassismen, das australische Trauma der „stolen generation“, jener Aboriginekinder, die als Weiße „durchgingen“ und ihren Familien entrissen wurden, wird thematisiert und natürlich kann man auch den Vietnamkrieg nicht durchgängig als fröhliche Musicalshow darstellen. All dies bremst aber nicht den Optimismus, den der Film versprüht, niemand wird The Sapphires mit einem Film wie Long Walk Home verwechseln. So blendet er auch die aufkommenden Probleme, die ein Paar in jenen Zeiten konfrontieren musste, am Ende vollkommen aus. Doch auch das ist eher eine akademische Fußnote, denn Blairs Film ist zu sehr charmantes Energiebündel, um sich von so etwas beeindrucken oder gar beeinflussen zu lassen.

Während die Hälfte des Esprits aus der Musik im Film erwächst, geht der Rest vollkommen auf das Konto der Darsteller/innen. Mauboy, Mailman, Tapsell und Sebbens portraitieren alle vollkommen unterschiedliche, aber jeder auf seine Art liebenswerte Charaktere und haben dabei diebisch viel Spaß, der sich auf den Zuschauer überträgt. Das gleiche gilt für Chris O’Dowd. Dessen Rolle gehört zu den fiktiven Elementen, die Blair eingebaute und die wesentlich zu der altbekannten Dramaturgie beitrugen. Die Erklärung („That’s where we went a bit Argo.“) passt in ihrem Understatement allerdings zum gesamten Film. Das Drehbuch stammt zwar von Tony Briggs, Sohn einer der echten Sapphires, aber man sollte trotzdem nicht alles für bare Münze nehmen.

Unterm Strich ist The Sapphires ein nahezu perfekter Film für einen geselligen Abend. Er überfordert niemanden, die Darsteller sind über alle Maßen sympathisch, es gibt diverse gute Gags, die Musik ist großartig, die Inszenierung sicher und die angesprochenen historischen Ungeheuerlichkeiten sind präsent genug, um den ein oder anderen Zuschauer durchaus zur weiteren Beschäftigung mit der Materie zu motivieren. Das Rad wird in The Sapphires nicht neu erfunden. Aber es dreht sich so flott, dass das hier wirklich egal ist.


http://filmblogosphaere.wordpress.com/

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