THE SAPPHIRES
Australien 2012
Dt. Erstaufführung: 20.06.2013
Regie: Wayne Blair
Australien 2012
Dt. Erstaufführung: 20.06.2013
Regie: Wayne Blair
Auf den ersten Blick gibt es an The Sapphires eigentlich nicht viel zu
empfehlen: was soll man schon zu einem formelhaften australischen Dreamgirls-Aufguss sagen? Doch
glücklicherweise entpuppt sich der Film als jene Sorte, die dem Begriff „formelhaft“
ein gutes Gesicht verleihen. Vieles in The
Sapphires mag bekannt sein, die Dramaturgie überraschungsarm daherkommen,
aber wenn ein Film so viel Herz und Esprit besitzt wie Wayne Blairs Bearbeitung
einer wahren Begebenheit, dann ist man sehr gewillt, darüber hinwegzusehen.
Australien, 1968: In einer Zeit, in der die indigene Bevölkerung
immer noch als „Flora & Fauna“ des Kontinents angesehen wird, werden die Aborigine-Schwestern
Gail (Deborah Mailman), Julie (Jessica Mauboy) und Cynthia (Miranda Tapsell)
von dem abgehalterten Entertainer Dave Lovelace (Chris O’Dowd) bei einem
Provinz-Talentwettbewerb entdeckt. Zusammen mit ihrer Cousine Kay (Shari
Sebbens), die aufgrund ihrer hellen Haut dereinst in eine weiße Familie „integriert“
wurde, bekommen sie einen Termin zum Vorsingen bei gastierenden US-Militärs in
Melbourne. In Vietnam tobt der Krieg und die Truppen brauchen Musik und
Entspannung. Die sich kurzerhand „The Sapphires“ nennende Band bekommt den Job
und die vier Frauen fliegen nach Asien. Zunächst durch Militäreskorten geschützt
feiern sie einen künstlerischen Sieg nach dem anderen, bis auch sie der Krieg
einholt…
The Sapphires ist
unmissverständlich ein Feel-Good-Film,
seine ernsten Implikationen lässt er zwar nicht unter den Tisch fallen, stellt
sie aber auch nicht aus. Die Frauen begegnen allerlei hässlichen Rassismen, das
australische Trauma der „stolen generation“, jener Aboriginekinder, die als
Weiße „durchgingen“ und ihren Familien entrissen wurden, wird thematisiert und
natürlich kann man auch den Vietnamkrieg nicht durchgängig als fröhliche
Musicalshow darstellen. All dies bremst aber nicht den Optimismus, den der Film
versprüht, niemand wird The Sapphires
mit einem Film wie Long Walk Home
verwechseln. So blendet er auch die aufkommenden Probleme, die ein Paar in
jenen Zeiten konfrontieren musste, am Ende vollkommen aus. Doch auch das ist
eher eine akademische Fußnote, denn Blairs Film ist zu sehr charmantes
Energiebündel, um sich von so etwas beeindrucken oder gar beeinflussen zu
lassen.
Während die Hälfte des Esprits aus der Musik im Film
erwächst, geht der Rest vollkommen auf das Konto der Darsteller/innen. Mauboy,
Mailman, Tapsell und Sebbens portraitieren alle vollkommen unterschiedliche,
aber jeder auf seine Art liebenswerte Charaktere und haben dabei diebisch viel
Spaß, der sich auf den Zuschauer überträgt. Das gleiche gilt für Chris O’Dowd.
Dessen Rolle gehört zu den fiktiven Elementen, die Blair eingebaute und die
wesentlich zu der altbekannten Dramaturgie beitrugen. Die Erklärung („That’s where
we went a bit Argo.“) passt in ihrem
Understatement allerdings zum gesamten Film. Das Drehbuch stammt zwar von Tony
Briggs, Sohn einer der echten Sapphires, aber man sollte trotzdem nicht alles
für bare Münze nehmen.
Unterm Strich ist The
Sapphires ein nahezu perfekter Film für einen geselligen Abend. Er
überfordert niemanden, die Darsteller sind über alle Maßen sympathisch, es gibt
diverse gute Gags, die Musik ist großartig, die Inszenierung sicher und die
angesprochenen historischen Ungeheuerlichkeiten sind präsent genug, um den ein
oder anderen Zuschauer durchaus zur weiteren Beschäftigung mit der Materie zu
motivieren. Das Rad wird in The Sapphires
nicht neu erfunden. Aber es dreht sich so flott, dass das hier wirklich egal
ist.
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