Dienstag, 19. November 2013

Promised Land (2012)




PROMISED LAND
USA/Vereinigte Arabische Emirate 2012
Dt. Erstaufführung: 13.06.2013
Regie: Gus Van Sant

Promised Land ist der „Anti-Fracking“-Film. So weit, so simpel. Nun sind die Argumente, die gegen das Pumpen von Chemikalien tief unter die Erde, um so Erdgas an die Oberfläche zu treiben, gut und richtig (wer möchte schon potenziell Wasser trinken, dass man auch anzünden kann?), aber Promised Land bemüht sich redlich, beide Seiten der Medaille zu zeigen und unvoreingenommen zu diskutieren. Leider gelingt dies dem durchaus ambitionierten Drehbuch von Matt Damon und John Krasinski, das Gus Van Sant inszenierte, nicht ganz. Die Grauzonen werden nicht ausreichend beleuchtet und gerade zum Ende hin ist die Motivation gerade der Hauptfigur nicht mehr ganz nachvollziehbar. Promised Land ist sehr idealistisch, was das Gemüt von Menschen angeht und man kann sich des Gefühls nicht erwehren, dass ein Hauptfigurenportrait wie beispielsweise in Lord of War – Händler des Todes ehrlicher daherkommt. Man kann weitermachen, auch wenn man weiß, dass es moralisch nicht in Ordnung ist. Für den von Damon gespielten Protagonisten kommt so etwas nicht in Frage und dieser Idealismus kommt im Kontext des Films eher manipulativ herüber als begründet.

Steve Butler (Matt Damon) ist ein geschickter Angestellter eines neun Millarden Dollar schweren Energiekonzerns, der sich vermehrt des Fracking bedient, um die USA Stück für Stück unabhängiger von Ölimporten zu machen. Steves Zahlen sind hervorragend und so wird er zusammen mit der pragmatischen Sue Thomason (Frances McDormand) in eine ländliche Gemeinde geschickt, um dort die Farmer zu überzeugen, ihr Land für die Nutzung zur Gasgewinnung zur Verfügung zu stellen – zu Preisen, die die Augen der oftmals prekär lebenden Menschen leuchten lassen. Doch dann stellt sich erst der wohlinformierte Lehrer Frank Yates (Hal Holbrook) auf einer Bürgerversammlung gegen Steve und danach taucht auch noch ein junger Umweltschützer (John Krasinski) auf, der aktiv gegen die Gasförderpläne vorgeht. Seine Argumente in punkto Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind überzeugend – doch ist nicht auch Steves Geld ebenso verlockend?

Promised Land erzählt von einer Welt, die die gleichen Fehler erneut begehen möchte. Um sich unabhängiger von Energieimporten zu machen, möchte man ungeahnte Risiken in Kauf nehmen, um die Energie inländisch zu produzieren. Dafür wird die Verseuchung des Grundwassers, von den noch nicht abzusehenden Langzeitfolgen ganz zu schweigen, billigend in Kauf genommen. Man ersetzt eine endliche Ressource mit einer anderen und vergeht sich zur Gewinnung ebenso an der Natur, verkauft sie aber als „saubere Energie“. Während dieses Dilemma schnell dafür sprechen würde, Fracking nicht weiter zu betreiben, bringt der Film auch diverse andere Überlegungen mit ins Spiel. Kann sich eine klamme Gemeinde, können sich Farmbesitzer, die um die Zukunft ihrer Kinder sorgen, überhaupt der Versuchung widersetzen, tausende Dollar mit der simplen Existenz ihres Landes zu verdienen? Steve verspricht einem Farmer (Tim Guinee) 40.000 $ fürs Nichtstun und wer könnte ihm verübeln, wenn sein Blick seine Tochter (Lexi Cowan) streift und er über das Angebot nachdenkt? Doch ist es nicht gerade die Zukunft eben jener Tochter, die aufs Spiel gesetzt wird, wenn man massenhaft Chemikalien ins Erdreich pumpt? Nein, Promised Land will es sich nicht einfach machen, umso ärgerlicher ist der simplifizierende Ausweg, den er aus seinen Dilemmas findet. Ein durchaus cleverer Twist am Ende führt zu einer allzu beschleunigten Wandlung, die ein schal schmeckendes persönliches Happy-End nach sich zieht. Den vorangegangenen Ereignissen ist das dramaturgisch unausgegorene Ende nicht würdig.

Schauspielerisch lebt der Film vor allem von Frances McDormand. Ihre Sue, eine pragmatische Mutter, die den Einkauf von Land nur als Job sieht, um die Ausbildung ihres halbwüchsigen Sohnes zu finanzieren, ist der interessanteste Charakter des Films. Anders als Damons Steve kann sie moralische Bedenken besser ignorieren, obwohl man nie einen Zweifel daran hat, dass sie auch an ihr nagen. Als Hauptfigur wäre Sue die womöglich bessere Wahl gewesen, nicht nur weil McDormand interessanter spielt, sondern auch, weil Damon nie den Wunderknaben portraitiert bekommt, den Steve laut Drehbuch darstellen soll. Die Gemeinde im Film ist die Erste, die Widerworte gibt, in der er mit Problemen konfrontiert wird, die er dann mehr schlecht als recht zu lösen versucht? Eher unwahrscheinlich. Kurz gesagt: Sue ist taffer als Steve und an ihr lassen sich die Dilemmas besser durchexerzieren.

Promised Land ist ambitioniert, aber auch etwas fahrig in seiner Darstellung. Es ist geradezu paradox, dass der Film die Grauzonen des Themas so genau identifiziert, sie dann aber nicht weiter ausführt. Das Herz hat er am rechten Fleck, dramaturgisch wird er seinem Sujet aber nicht gerecht. Promised Land ist ein Film, den man für seinen Inhalt lieben möchte, ihn aufgrund seiner unübersehbaren Schwächen aber nur wohlwollend goutieren kann.


http://filmblogosphaere.wordpress.com/

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