BASTARD
Deutschland 2011
Dt. Erstaufführung: 18.04.2013
Regie: Carsten Unger
Deutschland 2011
Dt. Erstaufführung: 18.04.2013
Regie: Carsten Unger
Bastard
zu schauen fühlt sich an wie ein leidlich guter Schwimmer in nassen Gefilden zu
sein: es wird viel Wasser getreten, man rackert sich ab, um an der Oberfläche
zu bleiben und muss sehr viel Kraft für ein bescheidenes Ergebnis aufbringen.
Der Debütfilm von Carsten Unger versucht sein Bestes, bleibt aber am Ende auch
nicht interessanter als ein durchschnittlicher Tatort. Und da dessen Popularität ziemlich fragwürdig ist, sollte man
dies nicht als Aufwertung verstehen. Bastard
ist handwerklich souverän inszeniert, in den so wichtigen Nuancen produziert er
aber viel zu oft Kopfschütteln.
Der kleine Nikolas (Finn Kirschner) ist verschwunden.
Während die Polizei fieberhaft nach dem Jungen sucht, macht sich auch die
resolute Polizeipsychologin Claudia Meinert (Martina Gedeck) an die Arbeit.
Unterdessen drängt sich ein unheimlicher Junge (Markus Krojer) ohne Namen in
das Leben der bangenden Eltern (Beate Maes & Stephan Schad). Als dieser
sich auch noch mit dem unberechenbaren Mädchen Mathilda (Antonia Lingemann)
zusammentut, entspinnt sich ein Psychospiel mit unbekanntem Ausgang, in dessen
Verlauf auch die Motivation des 13jährigen Eindringlings offenbar wird…
Zunächst: das der Plot einige Wendungen nimmt und
Begebenheiten voraussetzt, die so in der Realität wohl kaum zugelassen werden
würden, ist das Recht eines jeden Films. Wenn die Geschichte fesselnd ist,
verzeiht man ja so einige künstlerische Freiheiten. Das Problem mit Bastard ist nun, dass die Charaktere in
keinem Verhältnis zu den darstellenden Personen stehen. Will heißen: die
Darsteller sind zu gut für ihre distanzlosen Figuren. Beate Maes und Stephan
Schad sind effektiv als nervöse Eltern, lassen den plakativ-brütenden Markus
Krojer aber beispielsweise zu bereitwillig in ihr Haus. Martina Gedeck hat
augenscheinlich sehr viel Freude an der Rolle, auf jeden Fall mehr, als der
Film eigentlich verdient hätte. Und an Antonia Lingemanns Figur kann man das
generelle Problem von Bastard gut
dechiffrieren.
Bastard ist ein „Problemfilm“
und zwar einer, der alle „jugendlichen Probleme“ in einen Film zu unterbringen versucht.
Es gibt ein bisschen Medienkritik, vor allem an der breiten, ungefilterten
Verfügbarkeit, in erster Linie aber wird die pubertäre Sinnsuche geschildert.
Und die führt nach Unger bei Kindern aus Problembehafteten Umkreisen
unweigerlich in ein absonderlich-destruktives Verhalten. Während der
titelgebende Bastard, dessen Namen sich irgendwann als Leon herausstellt,
wohlstandsverwahrlost ist, zeigt sich bei Mathilda die „klassische“ Verwahrlosung
mit totem Vater und von Hartz-IV lebender Alkoholikermutter. Nichts Neues im
Staate Filmprobleme. Mathilda kompensiert dies mit Lolita-Gehabe,
fingerfertigen Diebstählen und dem Wahrnehmen jeder Möglichkeit, die ein klein
wenig menschliche Wärme verspricht. Leon, der sich in einer existenziellen
Krise befindet, bringt diese durch Verbrechen wie Entführung und
Todesandrohungen, Hausfriedensbruch und Stalking zum Ausdruck. Die Motivationen
beider Figuren erweisen sich im Verlauf des Films als etwas dürftig, gerade im
Hinblick auf den sonst etwas überkonstruierten Plot. Vielleicht mag es manchmal
wirklich so einfach sein, eine simple Input-Output-Rechnung, die abwegiges
menschliches Verhalten erklärt. Im Film erweist sich diese Simplizität als
Stolperstein, erscheint es doch wie eine Ausrede dafür, die Charaktere näher
und tiefer zu beleuchten. Bastard
plagt somit das gleiche Problem wie der hochgefeierte Neonazi-Film Kriegerin, an dessen Ende und nach
vorangegangener intensiver Recherche auch nur die Erkenntnis stand: „Opa ist
schuld.“ Das Leben mag manchmal so frustrierend simpel sein, im filmischen
Kontext wirkt das wie Küchenpsychologie. Die jungendlichen Protagonisten wirken
nicht wie eigenständig denkende Individuen, sondern wie Sklaven ihrer vorgefertigten
Wege. Es muss ja so kommen, bei dem Hintergrund. Rationales Denken scheint
ihnen auf jeden Fall zu fehlen und dies mit dem Hormongewitter der einsetzenden
Pubertät zu erklären hieße, die jungen Figuren sträflich zu unterschätzen. Bastard spricht auch 13jährigen eine
Autonomie zu und lässt sie auf Augenhöhe der Erwachsenen agieren, untergräbt
dies aber durch die teilweise etwas hanebüchene Darstellung wieder.
So hat der Film zum Zeitpunkt, da Leons Motivation erklärt
wird, viel von der Zuschauergeduld bereits verspielt. Ständig bewegt er sich zwischen
oberflächlich interessantem Psychoduell und gnadenlos durchschnittlichen
TV-Krimi hin und her, beleidigt nebenbei alle türkischstämmigen Menschen in
Deutschland mit einer einzigen kurzen Einstellung und irritiert durch nicht
nachvollziehbare Handlungen der Charaktere. Die überdurchschnittlichen
Darsteller mühen sich ab, aus dem gleichzeitig konzentrierten wie fahrigen
Drehbuch etwas zu machen und der Technikstab lässt den Film immerhin nach etwas
aussehen. Vieles in Bastard wird sich
gut zur pädagogischen Filmarbeit verwerten lassen. Empfehlenswert ist er
deshalb noch lange nicht.
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