Mittwoch, 13. November 2013

Die Croods (2013)




DIE CROODS
(The Croods)
USA 2013
Dt. Erstaufführung: 21.03.2013
Regie: Chris Sanders & Kirk De Micco

Das Animationsfilme kontinuierlich unterschätzt werden ist gleichzeitig ein Segen und ein Fluch. Zum einen können sie so vielfältige Themen anreißen, zum anderen laufen sie Gefahr, dass niemand sie so recht beachten will. Ist ja nur Kinderkram, nicht wahr? So ist auch Die Croods nicht vor diesem Schicksal gefeit, wobei man fairerweise anmerken muss, dass der Film auch viel dafür tut, seinen interessanten Subtext zu verbergen. Das Regieduo Chris Sanders (Drachenzähmen leicht gemacht) und Kirk De Micco (Space Chimps – Affen im All) reichert den episodenhaften Film mit allerlei generischer, hektischer Action an, obwohl seine Stärken eher auf der emotionalen Ebene liegen.

Das Motto der Steinzeit-Familie Crood ist: „Habe niemals keine Angst vor irgendwas.“ Ausgesprochen vom Patriarchen Grug, leidet vor allem die pubertierende Tochter Eep unter dieser Überlebensregel, die die Croods zwar davor bewahrt hat zu sterben (wie all ihre Nachbarn), aber auch dafür sorgt, dass die Familie, zu der noch Mutter Ugga, Sohn Thunk, Baby Sandy und Großmutter Gran gehören, ein ereignisloses Leben führt. Die schützende Höhle wird nur zur Nahrungssuche verlassen und auch dann trachtet die prähistorische Fauna den Menschen stets nach dem Leben. Als sich Eep eines Nachts über die väterliche Regel hinwegsetzt und den cleveren, jungen Guy kennenlernt, ist dies nur der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Ereignissen, die die Croods dazu zwingen, ihr bisheriges Weltbild zu überdenken. Die driftenden Kontinente sorgen für Erdbeben und Verwerfungen, krempeln das Erscheinungsbild der Welt um und zerstören auch noch die geliebte Höhle der Familie. Notgedrungen machen sie sich auf die Suche nach einer neuen Bleibe…

Eine besonders gute Nachricht zuvor: Die Croods ist besser als die Ice Age-Fortsetzungen, jenem Franchise, mit dem sich der Film aufgrund des Settings zwangsläufig vergleichen muss. Auch wenn Sanders und De Micco sich nicht nur dort bedienen, sondern zudem kräftig aus Avatar – Aufbruch nach Pandora zitieren und mit einer rothaarigen, rebellischen Heldin auch Reminiszenzen an Merida – Legende der Highlands bieten. Dieser Mischmasch, der irgendwo tief drinnen natürlich auch ein bisschen Familie Feuerstein atmet, ist leidlich unterhaltsam, mit einigen großartigen, aber auch vielen halbherzigen Gags, diversen Dummheiten (das Baby Sandy steckt offenbar auf einer niedrigeren Entwicklungsstufe fest), dafür aber auch einem überbordenden Einfallsreichtum, was die Fauna dieser Welt anbelangt. Es gibt Landwale, in Schwärmen auftretende rote Killervögel, am Schwanz zusammengewachsene Lemuren und Säbelzahnkatzen, die aussehen wie riesige Plüschtiere. Außerdem werden die Menschen als Teil dieser Umwelt gezeigt, sie stehen nicht außerhalb wie ein Fremdkörper, sondern sind selbstverständlich Teil dieser Welt und müssen sich in ihr behaupten. Zudem wurden vorher offensichtlich diverse Fachbücher gewälzt, finden sich innerhalb der Narrative doch auch Verweise auf wissenschaftliche Theorien zur Menschwerdung, wie etwa die Vermischung von verschiedenen Menschenarten, die erst zum modernen Menschen führten, oder auch die Theorie der Menschheit aus dem Flaschenhals, also dass unsere Spezies irgendwann in ihrer Frühgeschichte bereits kurz vor dem Aussterben stand.

So macht die Go West!-Mentalität, die in Die Croods gezeigt wird, durchaus Sinn: nur durch Anpassung, durch Evolution, also das Einstellen auf veränderte Bedingungen ist es möglich, zu überleben. Man kann soweit gehen und in Die Croods den Film zur weltweiten Krise zu sehen: nur Innovationen und ein Umdenken sichern auf Dauer den Fortbestand. Sieht man Grug als Reaktionär und Guy als Liberalen, wird das Bild noch klarer.
Doch ganz ab von solchen Interpretationen ist Die Croods in erster Linie ein knallig buntes Abenteuer, das sich neben all den etwas ermüdenden Actioneinlagen als emotional potente Schilderung eines Generationenkonflikts entpuppt. Grug wird nicht als tumber Patriarch gezeichnet, sondern als Vater, dessen restriktive Einstellungen aus seinem Erfahrungsschatz zu erklären sind, Eeps Rebellion fühlt sich akkurat an. So ist das Vater-Tochter-Verhältnis das Herzstück des Films und als solches bemerkenswert funktional. Die Dialoge zwischen den Beiden hören sich weniger nach Drehbuch denn nach echtem Leben an und versinken auch in den „großen Momenten“ nicht in Pathos. Es ist diese ehrlich-liebevolle Zeichnung einer interfamiliären Dynamik, die das Interesse wach hält, weniger der nächste Angriff eines phantasievollen Pseudo-Tieres.

Die Croods ist unter den Lagen aus Action und Slapstick, hektischer Schnittfolge und bunter Optik durchaus diskussionswürdig und emotional befriedigend. Gerade seine starken Seiten lassen die schwachen umso deutlicher zu Tage treten. Dies ist ein unterhaltsamer Film, aber man kann sich des Gefühls nicht erwehren, dass er auch zu viele verschenkte Möglichkeiten aufzeigt.


http://filmblogosphaere.wordpress.com/

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