FRANCES HA
USA 2012
Dt. Erstaufführung: 01.08.2013
Regie: Noah Baumbach
Dt. Erstaufführung: 01.08.2013
Regie: Noah Baumbach
Frances
Ha ist einerseits eine einzige Hommage an Woody Allens New Yorks á la Manhattan, andererseits an das
französische Nouvelle Vague. Fast jedes Frame des digital in schwarz/weiß
gedrehten Films schreit nach der Aufmerksamkeit der berühmten Vorbilder. Dass
sich Noah Baumbachs Film dadurch ein Stück weit einer gänzlich eigenständigen
Identität beraubt, ist noch verkraftbar, auch wenn er frustrierend wenig mit
seiner Optik anstellt (oft hat man eher den Eindruck, der Film wurde in Farbe
gedreht und dann konvertiert). Was sauer aufstößt ist der erste Teil des Films,
der sich stark in Take This Waltz-Territorium
begibt: unsympathische Figuren sagen und tun unsympathische Dinge. Doch dann,
als sich die Hauptfigur vom Ballast anderer Charaktere befreit, beginnt Frances Ha urplötzlich aufzublühen und
die Anstrengungen des Beginns erweisen sich als kluger Baustein des
dramaturgischen Konstrukts.
Frances (Greta Gerwig) ist 27 Jahre alt und lebt in New
York. Gefangen in einem postpubertären Schwebezustand versucht sie als Tänzerin
Fuß zu fassen, was ihr nicht wirklich gelingt. Als ihre beste Freundin Sophie
(Mickey Sumner) aus der gemeinsamen WG auszieht, um mit ihrem Freund (Patrick
Heusinger) zusammenzuleben, kann sich Frances ihr Appartement nicht mehr
leisten. Sie zieht mit den Hipstern Lev (Adam Driver) und Benji (Michael Zegen)
zusammen, doch auch diese Konstellation hält nicht lange. Durch viele falsche
Entscheidungen und einer langsamen Aufweichung ihrer hippen Attitüde beginnt
Frances, ihr Leben zu hinterfragen…
Frances Ha ist
konzentriert beobachtet, auch wenn die Verlängerung der Pubertät kein neues
Sujet ist, Richard Linklater konnte dies bereits Mitte der 1990er Jahre in Before Sunrise – Zwischenstopp in Wien
beobachten. Damals hießen die Verweigerer des Erwachsenwerdens noch Slacker und
waren durchaus sympathisch gezeichnet. Nun heißen sie Hipster und nerven mit
ihrer selbstverliebten Art, die vor allem eins vermissen lässt: Gefühle. Lev
und Benji sind grauenvolle Figuren, auch wenn sie natürlich eine dramaturgische
Aufgabe erfüllen. Dennoch sind die in der ersten Filmhälfte dominierenden
Dialoge in ihrer Mischung aus Arroganz, Distanzlosigkeit und Dummheit mitunter
schwer zu ertragen. Auch Protagonistin Frances gefällt sich in dieser Rolle
etwas zu sehr, so dass es zunächst schwer ist, Sympathien für sie aufzubauen.
Ihre pragmatischere Freundin Sophie, die sich einer Entwicklung nicht so
versperrt wie Frances, kommt dabei besser weg.
Doch sobald sich Frances aus dem Dunstkreis von Lev und Benji lösen kann, zeigt der Film, dass sie als Figur zu einer Entwicklung fähig ist. Und plötzlich ergeben die Quälereien vom Beginn sogar Sinn: Erst durch die Distanz kann man Dinge oftmals besser einschätzen. Frances legt ein erstaunliches Talent an den Tag, immer genau die falschen Entscheidungen zu treffen und oft will man sie zur Vernunft schütteln. Doch Baumbach und seine Freundin/Autorin Greta Gerwig lassen den Zuschauer zappeln. Langsam beginnt aber auch die hippe Frances zu erkennen, dass das Leben nicht ewig so weitergehen kann, wie sie es sich am Anfang ausgemalt hat. Eine Begegnung mit einem ihrer WG-Genossen illustriert dies auf subtile Art: Manche Menschen bleiben in ihrer persönlichen Entwicklung stehen, während andere weiterziehen. Am Ende steht die nüchterne, aber dadurch nicht minderwertige Erkenntnis, dass im Kompromiss, im Zurechtstutzen von Träumen auch ein Segen liegen kann. Ein stabiles Fundament ist besser als ein Wolkenkuckucksheim. Dies mag jene, die immer noch in der Phase der Verweigerung stecken, abschrecken, wie ein Verrat erscheinen, aber Baumbach und Gerwing rücken ihre Charakterstudie so in ein Licht, das nicht wie ein trotziger Traum erscheint. Entwicklung bedeutet nicht automatisch etwas negatives, auch wenn es die selbsternannte Boehme so sehen mag.
Doch sobald sich Frances aus dem Dunstkreis von Lev und Benji lösen kann, zeigt der Film, dass sie als Figur zu einer Entwicklung fähig ist. Und plötzlich ergeben die Quälereien vom Beginn sogar Sinn: Erst durch die Distanz kann man Dinge oftmals besser einschätzen. Frances legt ein erstaunliches Talent an den Tag, immer genau die falschen Entscheidungen zu treffen und oft will man sie zur Vernunft schütteln. Doch Baumbach und seine Freundin/Autorin Greta Gerwig lassen den Zuschauer zappeln. Langsam beginnt aber auch die hippe Frances zu erkennen, dass das Leben nicht ewig so weitergehen kann, wie sie es sich am Anfang ausgemalt hat. Eine Begegnung mit einem ihrer WG-Genossen illustriert dies auf subtile Art: Manche Menschen bleiben in ihrer persönlichen Entwicklung stehen, während andere weiterziehen. Am Ende steht die nüchterne, aber dadurch nicht minderwertige Erkenntnis, dass im Kompromiss, im Zurechtstutzen von Träumen auch ein Segen liegen kann. Ein stabiles Fundament ist besser als ein Wolkenkuckucksheim. Dies mag jene, die immer noch in der Phase der Verweigerung stecken, abschrecken, wie ein Verrat erscheinen, aber Baumbach und Gerwing rücken ihre Charakterstudie so in ein Licht, das nicht wie ein trotziger Traum erscheint. Entwicklung bedeutet nicht automatisch etwas negatives, auch wenn es die selbsternannte Boehme so sehen mag.
Auf diese Art unterwandert Baumbach gewissermaßen auch die
erste Filmhälfte: Was am WG-Tisch noch eine sich in ihrer coolen „Allwissenheit“
gefallende Konversation war, stößt später an einem Tisch voller „Erwachsener“
auf wenig Gegenliebe. Es sind solche Momente, wie in denen Frances‘ von
Selbstliebe erfüllten Statements, die so viel aussagen sollen, aber nur ihre
Unwissenheit über das Leben enthüllen, die Frances
Ha sehenswert machen. Man schämt sich oft für die Hauptfigur, für ihre
manchmal unverschämte Art, Vorteile zu nutzen. Und dann ist da auch tiefes
Bedauern, wenn sie verkrampft versucht, die Vergangenheit nicht aus ihren
Händen gleiten zu lassen. Die Erkenntnis, dass in einem selbst wahrscheinlich
mehr Frances steckt als man wahrhaben möchte ist ebenso bitter wie das langsame
Erkennen der Figur, dass sie sich den Herausforderungen des Lebens stellen
muss.
Frances Ha hat
eine Chance verdient. Wer die erste Hälfte mit ihrem zunächst unreflektierten
Portrait einer selbstverliebten „ewigen Jugend“ übersteht und auch kein Problem
mit der episodenhaften Struktur der Geschichte hat, der wird am Ende mit einem
clever konstruierten Film belohnt, der sehr viel besser aus der Story
herausgeht als er eingestiegen ist. Frances Ha ist dadurch immerhin so
aussagekräftig, dass er irgendwann durchaus als Generationenportrait von
Bedeutung sein könnte.
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