Freitag, 8. November 2013

The Purge - Die Säuberung (2013)




THE PURGE – DIE SÄUBERUNG
(The Purge)
USA/Frankreich 2013
Dt. Erstaufführung: 13.06.2013
Regie: James DeMonaco

Wäre The Purge ein Mensch, dann würde er sich ständig die Hände reiben und sich freuen, wie ungeheuer clever er doch ist, während sich die ihn umgebenden nicht so recht trauen, ihm zu sagen, dass es nicht so ist. Dies ist ein Home-Invasion-Thriller der besonders langweiligen Sorte, der dem Zuschauer mit hanebüchenen Ideen vorgaukeln möchte, er wäre mehr als die Summe seiner Teile.

Die USA im Jahr 2022: der Wirtschaft geht es blendend, die Kriminalitätsrate ist auf einem Rekordtief. Erreicht wurde dies nach mehreren Rezessionen durch die „neuen Gründungsväter“, die einmal im Jahr für 12 Stunden die „Säuberung“ ausrufen. In jener Nacht sind alle Verbrechen, inklusive Mord und Vergewaltigungen, legal. Weder die Polizei, die Feuerwehr noch die Krankenhäuser arbeiten, frustrierte Angestellte wollen ihren Chef ermorden, Gruppen ziehen marodierend durch die Straßen. Wer er sich leisten kann verschanzt sich mithilfe modernster Technik in seinem Haus und wartet auf den Morgen und die kommenden 364 friedlichen Tage. Zu den Nutznießern dieser neuen Ordnung gehört James Sandin (Ethan Hawke), der mit dem Verkauf von luxuriösen Alarmanlagen reich geworden ist. Zusammen mit Frau Mary (Lena Headey) und Kindern Charlie (Max Burkholder) und Zoey (Adelaide Kane) erwartet er gut geschützt in seinem noblen Anwesen die diesjährige Säuberungs-Nacht. Doch als der sensible Charlie einen hilflosen Mann (Edwin Hodge) auf der Straße sieht und ihn ins Haus lässt, ist es mit der Ruhe vorbei. Schnell steht eine Gruppe hochmotivierter Purge-Fans vor dem Sandin-Anwesen und verlangt die Herausgabe des Hausgastes – andernfalls werden sie sich Zutritt verschaffen und jedem im Haus töten…

The Purge sieht sich als hintergründiger Kommentar zur menschlichen Natur, der Film lässt keine Möglichkeit aus, den Zuschauer daran zu erinnern. Dabei funktioniert gerade in dieser Hinsicht die Säuberung nur auf den ersten, sehr oberflächlichen Blick. Darüber, dass eine legalisierte Gewaltnacht für das Verschwinden jeder sozioökonomischen Probleme verantwortlich sein soll, muss man ohnehin kaum ein Wort verlieren. Regisseur James DeMonaco hat ein seltsames Wirtschafts- und Gesellschaftsbild. So verlangt er eben auch, dass wir akzeptieren, dass sich Menschen 364 Tage im Jahr anständig verhalten, nur um dann 12 Stunden nach Herzenslust zu morden. Diese Akzeptanzvoraussetzung karikiert geradezu jeglichen Kommentar über die plakativ vorgetragene Gewaltnatur der Menschheit. Wir sind grausame Tiere, aber wenn wir uns ein paar Stunden nicht an Gesetze halten müssen, tun wir es den Rest des Jahres liebend gern. Ach was.

Selbst wenn man die wenig durchdachte Idee der Säuberung akzeptieren kann (oder will), kommt man nicht umhin, The Purge mangelndes Vertrauen in eben jene Prämisse zu attestieren. Der Aufhänger mag leicht schwachsinnig sein, mit den Implikationen hätte man einiges anstellen können. Wie wirkt sich diese Nacht auf die Gemüter der Menschen aus? Ist Mord dadurch gesellschaftlich dabei, akzeptiert zu werden? Wie hoch sind die Selbstmordraten in dieser Dystopie, weil Menschen nicht mit ihren Taten umgehen können? Doch daran hat DeMonaco kein Interesse. Neben einer einfachen, im richtigen Kontext durchaus effektiven Oben-Unten-Symbolik (die Sandins leben in einem Ghetto des Geldes, während der Hausgast wahrscheinlich nicht ohne Grund schwarzer Hautfarbe und Obdachloser ist) bietet The Purge ansonsten nur einen derartig langweiligen, vorhersehbaren und uninspirierten Home-Invasion-Thriller an, dass man sich fragt, ob das Ganze ernst gemeint ist. Nichts ist spannend oder überraschend, das Ende, in dem die Nachbarn der Sandins eine Rolle spielen, kann bereits in den ersten 10 Minuten des Films abgesehen werden. So schleppt sich der Film so dahin, lässt Charaktere die üblichen Dummheiten begehen und versucht dabei auch noch, dem Zuschauer ständig seine „Botschaft“ ins Hirn zu hämmern, auch wenn er es natürlich schon längst verstanden hat.

The Purge ist keine Opferung von 85 Minuten Lebenszeit wert, es sei denn, man hat Spaß daran, die Widersprüche und die Dummheiten aufzudecken, die die Prämisse als clevere Einfälle zu verkaufen versucht. Irgendwo gar nicht so tief vergraben schlummert in The Purge ein Genre-Kleinod. Es hätte nur eines sehr viel intelligenteren und unterhaltsameren Drehbuchs bedürft, dieses freizulegen. 


http://filmblogosphaere.wordpress.com/

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