WORLD WAR Z
USA/Malta 2013
Dt. Erstaufführung:27.06.2013
Regie: Marc Forster
USA/Malta 2013
Dt. Erstaufführung:27.06.2013
Regie: Marc Forster
Zombiefilme folgen oft einer einfachen
Grundstruktur: Nach dem Ausbruch der Apokalypse findet sich ein bunt
zusammengewürfelter Haufen Protagonisten in einem wie auch immer gearteten, zunächst
sicherem Terrain wieder, z.B. ein Supermarkt oder eine Militärbasis. Die „Hurra-wir-leben-noch“-Euphorie
wird schnell durch eine immerwährende Existenzangst ersetzt und am Ende bleibt
meist die Erkenntnis, dass eingepferchte Menschen schlimmer sind als Untote vor
den Türen. Die Hölle, das ist der Andere – in Zombiefilmen ist dies gleich auf
mehreren Ebenen zu verstehen. Mit seinem Klassiker Die Nacht der lebenden Toten schuf Regisseur George A. Romero 1968
diese Blaupause von dem Weltuntergang, gesehen durch die Augen einer
ausgewählten Gruppe, seitdem werden die oft weltumspannenden Konsequenzen der
Zombiebedrohung meistens angedeutet, aber selten gezeigt. World War Z, von Marc Forster inszeniert und sehr lose basierend
auf dem hervorragenden Buch Operation
Zombie von Max Brooks, schickt sich an, die zu ändern. Das Ergebnis ist ein
im wahrsten und übertragenden Sinne blutarmer Film, der sich weder für die
vielfältigen Interpretationen des Zombiemythos interessiert noch für eine
emotional befriedigende Charakterisierung.
Der ehemalige UN-Mitarbeiter Gerry Lane (Brad Pitt) sieht
sich zurück in den Dienst kommandiert, als sich eine mysteriöse Krankheit in
Windeseile über die Erde ausbreitet. Die Inkubationszeit beträgt nur 12
Sekunden und aus toten Körpern werden reißende Bestien, die die Menschen
anfallen und in einen der Ihren verwandeln. Nachdem er seine Familie auf einem
Flugzeugträger in Sicherheit weiß, jettet Gary Richtung Südkorea, wo „Patient 0“
vermutet wird, mit dessen Hilfe ein Gegenmittel entwickelt werden soll. Doch
Südkorea soll nicht die letzte Station werden, danach geht es nach Jerusalem,
der letzten halbwegs intakten Stadt auf Erden und nach Wales – und die Apokalypse
scheint Gerry immer einen Schritt voraus zu sein.
Das Hauptproblem von World
War Z beginnt unmittelbar nach den Logos von Verleih und Produktion:
Atemlos werden Impressionen von Natur und Menschheit aneinandergeklebt, die
einen Eindruck von dem vermitteln sollen, was im Laufe des Films zur
Disposition steht. Der Zuschauer soll sich an der Schönheit eines
Sonnenaufgangs ebenso erfreuen wie am Alltagsgetümmel auf den Straßen einer
generischen Großstadt. Doch wie soll ein Gefühl von Erhabenheit aufkommen, wenn
alle vier Sekunden zu einem neuen Bild gesprungen wird? Natürlich möchte der
Film gleich mit seinem Opening eine Dringlichkeit illustrieren, die dem Sujet
angemessen ist, aber es zeugt im gleichen Maße auch von einer Ängstlichkeit,
neben dem oberflächlichen Spektakel noch etwas anderes zuzulassen. Einen
Zombiefilm mit einer statt wenigen Sekunden vielleicht eine Minute dauernden Sonnenaufgang
zu eröffnen, schon dieses kleine Wagnis wird nicht eingegangen. So gibt es auch
im restlichen Verlauf kaum Momente des Durchatmens, der Film hetzt von Location
zu Location und vergisst darüber seine spärlichen Figuren. Brad Pitt müht sich
redlich ab, aber sein Gerry Lane bleibt ebenso blass wie seine Familie, die
Interkationen haben etwas klinisches, ohne Chemie zwischen den Darstellern. Die
interessanteste Kreation ist Segen (Daniella Kertesz), eine junge, schweigsame israelische Soldatin, die stets am Abgrund zu
stehen scheint. Und auch hier wird das Interesse eher durch die Möglichkeiten,
durch Interpretationen und nicht zuletzt durch Kertesz‘ solides Spiel generiert
als durch ein ehrliches Interesse des Drehbuches. Dies denkt ohnehin nur an die
nächste Actionsequenz.
Auf diesem Feld kann World
War Z immerhin einen großen Pluspunkt verzeichnen: die Jerusalem-Sequenz
ist wahrlich atemberaubend und vor allem – im Gegensatz zum Rest des Films –
durchaus spannend. Angelockt durch zu laute Geräusche bilden die entfesselten
Untoten eine unkoordinierte, aber sehr wirksame Pyramide aus Leibern, die
schließlich in rauen Mengen über die Mauern der Stadt auf die eingeschlossenen
Menschen herabregnen. Mit dem Eintritt in die Zombie-Existenz verlieren die
Menschen ohnehin jeden Bezug zur Realität, dementsprechend werden sie als
unaufhaltsame Flut aus Körpern inszeniert, die durch die Straßen schwappt. Das
mag manchem Zombie-Puristen zu viel sein, für den ein oder anderen Alptraum
sind diese Szenen allemal gut. Alles, was darüber hinaus geht, ist nicht weiter
von Belang. Der Zombie ist hier kein Platzhalter zur Verhandlung menschlicher
Schwächen oder gesellschaftlicher Missstände, er ist eher ein lästiges Insekt,
für das Kammerjäger Gerry nur das richtige Gift finden muss. Auch hier führt
der atemlose Duktus dazu, dass der Film trotz seiner globalen Dimension weit
weniger Dringlichkeit transportieren kann als beispielsweise das lokal
begrenzte Dawn of the Dead-Remake.
Kurz: World War Z mag explizit die
weltweite Pandemie zeigen, durch seinen fehlenden emotionalen Anker wirkt das
Ganze aber eher wie eine Revuenummer, ein location
hopping wie bei James Bond – und der ist ob seinen Comiccharakters auch
nicht restlos ernst zu nehmen.
World War Z hat
mit der Buchvorlage kaum noch etwas gemein und wenn jemand einen gutgemeinten
Rat braucht, dann sollte man Brooks‘ Roman den Vorzug geben, denn all die
Elemente, die im Film nicht oder nicht in funktionierender Form vorkommen, sind
dort vorhanden: Dringlichkeit, Emotionalität, Spannung. Und das Buch besteht „nur“
aus Interviews mit Überlebenden der Zombie-Apokalypse, also keiner klassischen
Narration. Mit Ausnahme der Jerusalem-Sequenz kann der Film immerhin noch mit
diversen Details punkten, die oftmals ins Groteske abdriften. Moritz Bleibtreu
überlebt in Wales. Interessant. Das letzte Flugzeug, das Jerusalem verlassen
kann, kommt aus Weißrussland. Subtext?! Und das Wort Zombie wird für solch
einen Film geradezu inflationär gebraucht. Insgesamt bleibt aber der schale
Geschmack eines Films zurück, der meilenweit hinter seinen Möglichkeiten
zurückbleibt. Vielleicht kann ein Sequel die Dinge richten, denn das schlampig
ausgeführte Ende und vor allem der letzte Satz („Unser Krieg hat gerade erst
angefangen.“) schreien geradezu danach. Und womöglich liest dann auch jemand
Brooks‘ Buch vorher.
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