Donnerstag, 4. Juli 2013

World War Z (2013)




WORLD WAR Z
USA/Malta 2013
Dt. Erstaufführung:27.06.2013
Regie: Marc Forster

Zombiefilme folgen oft einer einfachen Grundstruktur: Nach dem Ausbruch der Apokalypse findet sich ein bunt zusammengewürfelter Haufen Protagonisten in einem wie auch immer gearteten, zunächst sicherem Terrain wieder, z.B. ein Supermarkt oder eine Militärbasis. Die „Hurra-wir-leben-noch“-Euphorie wird schnell durch eine immerwährende Existenzangst ersetzt und am Ende bleibt meist die Erkenntnis, dass eingepferchte Menschen schlimmer sind als Untote vor den Türen. Die Hölle, das ist der Andere – in Zombiefilmen ist dies gleich auf mehreren Ebenen zu verstehen. Mit seinem Klassiker Die Nacht der lebenden Toten schuf Regisseur George A. Romero 1968 diese Blaupause von dem Weltuntergang, gesehen durch die Augen einer ausgewählten Gruppe, seitdem werden die oft weltumspannenden Konsequenzen der Zombiebedrohung meistens angedeutet, aber selten gezeigt. World War Z, von Marc Forster inszeniert und sehr lose basierend auf dem hervorragenden Buch Operation Zombie von Max Brooks, schickt sich an, die zu ändern. Das Ergebnis ist ein im wahrsten und übertragenden Sinne blutarmer Film, der sich weder für die vielfältigen Interpretationen des Zombiemythos interessiert noch für eine emotional befriedigende Charakterisierung.

Der ehemalige UN-Mitarbeiter Gerry Lane (Brad Pitt) sieht sich zurück in den Dienst kommandiert, als sich eine mysteriöse Krankheit in Windeseile über die Erde ausbreitet. Die Inkubationszeit beträgt nur 12 Sekunden und aus toten Körpern werden reißende Bestien, die die Menschen anfallen und in einen der Ihren verwandeln. Nachdem er seine Familie auf einem Flugzeugträger in Sicherheit weiß, jettet Gary Richtung Südkorea, wo „Patient 0“ vermutet wird, mit dessen Hilfe ein Gegenmittel entwickelt werden soll. Doch Südkorea soll nicht die letzte Station werden, danach geht es nach Jerusalem, der letzten halbwegs intakten Stadt auf Erden und nach Wales – und die Apokalypse scheint Gerry immer einen Schritt voraus zu sein.

Das Hauptproblem von World War Z beginnt unmittelbar nach den Logos von Verleih und Produktion: Atemlos werden Impressionen von Natur und Menschheit aneinandergeklebt, die einen Eindruck von dem vermitteln sollen, was im Laufe des Films zur Disposition steht. Der Zuschauer soll sich an der Schönheit eines Sonnenaufgangs ebenso erfreuen wie am Alltagsgetümmel auf den Straßen einer generischen Großstadt. Doch wie soll ein Gefühl von Erhabenheit aufkommen, wenn alle vier Sekunden zu einem neuen Bild gesprungen wird? Natürlich möchte der Film gleich mit seinem Opening eine Dringlichkeit illustrieren, die dem Sujet angemessen ist, aber es zeugt im gleichen Maße auch von einer Ängstlichkeit, neben dem oberflächlichen Spektakel noch etwas anderes zuzulassen. Einen Zombiefilm mit einer statt wenigen Sekunden vielleicht eine Minute dauernden Sonnenaufgang zu eröffnen, schon dieses kleine Wagnis wird nicht eingegangen. So gibt es auch im restlichen Verlauf kaum Momente des Durchatmens, der Film hetzt von Location zu Location und vergisst darüber seine spärlichen Figuren. Brad Pitt müht sich redlich ab, aber sein Gerry Lane bleibt ebenso blass wie seine Familie, die Interkationen haben etwas klinisches, ohne Chemie zwischen den Darstellern. Die interessanteste Kreation ist Segen (Daniella Kertesz), eine junge, schweigsame  israelische Soldatin, die stets am Abgrund zu stehen scheint. Und auch hier wird das Interesse eher durch die Möglichkeiten, durch Interpretationen und nicht zuletzt durch Kertesz‘ solides Spiel generiert als durch ein ehrliches Interesse des Drehbuches. Dies denkt ohnehin nur an die nächste Actionsequenz.

Auf diesem Feld kann World War Z immerhin einen großen Pluspunkt verzeichnen: die Jerusalem-Sequenz ist wahrlich atemberaubend und vor allem – im Gegensatz zum Rest des Films – durchaus spannend. Angelockt durch zu laute Geräusche bilden die entfesselten Untoten eine unkoordinierte, aber sehr wirksame Pyramide aus Leibern, die schließlich in rauen Mengen über die Mauern der Stadt auf die eingeschlossenen Menschen herabregnen. Mit dem Eintritt in die Zombie-Existenz verlieren die Menschen ohnehin jeden Bezug zur Realität, dementsprechend werden sie als unaufhaltsame Flut aus Körpern inszeniert, die durch die Straßen schwappt. Das mag manchem Zombie-Puristen zu viel sein, für den ein oder anderen Alptraum sind diese Szenen allemal gut. Alles, was darüber hinaus geht, ist nicht weiter von Belang. Der Zombie ist hier kein Platzhalter zur Verhandlung menschlicher Schwächen oder gesellschaftlicher Missstände, er ist eher ein lästiges Insekt, für das Kammerjäger Gerry nur das richtige Gift finden muss. Auch hier führt der atemlose Duktus dazu, dass der Film trotz seiner globalen Dimension weit weniger Dringlichkeit transportieren kann als beispielsweise das lokal begrenzte Dawn of the Dead-Remake. Kurz: World War Z mag explizit die weltweite Pandemie zeigen, durch seinen fehlenden emotionalen Anker wirkt das Ganze aber eher wie eine Revuenummer, ein location hopping wie bei James Bond – und der ist ob seinen Comiccharakters auch nicht restlos ernst zu nehmen.

World War Z hat mit der Buchvorlage kaum noch etwas gemein und wenn jemand einen gutgemeinten Rat braucht, dann sollte man Brooks‘ Roman den Vorzug geben, denn all die Elemente, die im Film nicht oder nicht in funktionierender Form vorkommen, sind dort vorhanden: Dringlichkeit, Emotionalität, Spannung. Und das Buch besteht „nur“ aus Interviews mit Überlebenden der Zombie-Apokalypse, also keiner klassischen Narration. Mit Ausnahme der Jerusalem-Sequenz kann der Film immerhin noch mit diversen Details punkten, die oftmals ins Groteske abdriften. Moritz Bleibtreu überlebt in Wales. Interessant. Das letzte Flugzeug, das Jerusalem verlassen kann, kommt aus Weißrussland. Subtext?! Und das Wort Zombie wird für solch einen Film geradezu inflationär gebraucht. Insgesamt bleibt aber der schale Geschmack eines Films zurück, der meilenweit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Vielleicht kann ein Sequel die Dinge richten, denn das schlampig ausgeführte Ende und vor allem der letzte Satz („Unser Krieg hat gerade erst angefangen.“) schreien geradezu danach. Und womöglich liest dann auch jemand Brooks‘ Buch vorher.




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