WARM BODIES
USA 2013
Dt. Erstaufführung: 21.02.2013
USA 2013
Dt. Erstaufführung: 21.02.2013
Regie: Jonathan Levine
Eine der vielen ungeschriebenen Regeln
des Zombiefilms lautet: Sobald ein Mensch in einen Untoten transformiert wurde,
ist er de facto Angehöriger einer anderen Spezies. Jegliche Menschlichkeit ist
verloren, aus dem Individuum ist ein gern im Kollektiv angreifendes, tumbes
Etwas geworden, ein „Ding“ dass es zu beseitigen gilt. Von allen weiteren
Interpretationen abgesehen ist der Zombie zunächst eine Bedrohung, über dessen vorangegangene
Existenz als lebender Mensch besser nicht nachgedacht werden sollte.
Gründervater des modernen Zombiefilms, George A. Romero, begann mit Zombie 2 – Das letzte Kapitel (Day of the
Dead), dem Untoten wieder etwas von seiner Menschlichkeit zurückzugeben durch
die Zähmung von Bub, der sich letztlich als eine der sympathischsten Figuren
des Films erwies. In der nächsten Fortsetzung, Land of the Dead, wurde den Zombies gar ein Existenzrecht neben den
Menschen zugesprochen, der wandelnde Tote also nicht mehr nur als Bedrohung
gesehen sondern auch als Vertreter einer anderen Art der menschlichen Existenz.
So weit geht die Mischung aus Komödie, Liebesfilm und Horror, Warm Bodies, nicht und dank der Freigabe
ab 12 sind ohnehin jegliche Ecken abgemildert, die sich eigentlich aus der
Prämisse ergeben, aber der Film von Jonathan Levine bietet zumindest knapp 90
Minuten passable Unterhaltung, auch wenn sich der Film teilweise hoffnungslos
vergaloppiert.
Acht Jahre sind vergangen, seit eine Zombieapokalypse die
Welt erfasst hat. Ob es ein Virus war, Umweltweinflüsse oder radioaktive Affen –
wer weiß das schon so genau?! Auf jeden Fall nicht R (Nicholas Hoult), ein
junger Zombie, der zusammen mit seinen Artgenossen, vor allem seinem besten
Freund M (Rob Corddry) den lieben langen Tag über das Gelände eines Flughafens
streift und in Voice-Over-Kommentaren über die Welt und seine Existenz
nachdenkt. Als eine Gruppe junger Menschen auf der Suche nach Medikamenten für
die nahe befestigte Stadt in den Flughafen gelangt, rettet R Julie (Teresa
Palmer) das Leben – nachdem er das Hirn ihres Freundes Perry (Dave Franco)
gefressen hat. Warum, weiß er nicht genau – könnte es so etwas wie menschliches
Interesse sein … Liebe? Jeder weiß doch, dass Zombies keine Gefühle haben und
vernichtet werden müssen … oder? Auf jeden Fall setzt die Begegnung der beiden
eine Kettenreaktion von Ereignissen in Gang, die die Post-apokalyptische Welt
aus den Angeln heben könnte.
Die Romeo und Julia-Anleihen
sind schon durch die Namen der Hauptfiguren unübersehbar (es gibt sogar eine
Balkonszene), nur ist Warm Bodies
optimistischer als Shakespeare. Für einen Zombiefilm schon geradezu pervers optimistisch,
aber einen wirklichen Genrefilm hatte wohl niemand der Verantwortlichen im
Sinn. Warm Bodies ist eher Parodie, ein frischer Blick auf die Untoten, der
aber manchmal etwas fragwürdig daherkommt. Damit ist gar nicht die Romanze
zwischen einem Zombie und einem Menschen gemeint (Levine schafft es, jeglichen
Anflug von Nekrophilie auszumerzen), sondern die Aufteilung der Gesellschaft in
dieser Welt. Denn neben den Menschen und den Zombies gibt es noch die
sogenannten Bonies, Zombies, die jede Hoffnung verloren und sich das Fleisch großflächig
von den Knochen gerissen haben. Sie fungieren als ultimative Bedrohung und sind
für sich genommen durchaus furchterregend, aber der Film untergräbt durch sie
seinen eigenen Anspruch auf Liberalität. Kurz gesagt: es besteht nur Hoffnung,
wenn das Äußere noch als Mensch zu erkennen ist, ein Bonie, auch wenn er ebenso
ein Mensch war wie die Zombies, muss ausgemerzt werden. Anstatt sich auf die
Stärken der Romanze und der sich dadurch ergebenen gesellschaftlichen
Eruptionen zu konzentrieren glaubt Warm
Bodies, unbedingt über Schurken verfügen zu müssen, wenn man schon den
Zombies die Zähne zieht. „Die können sich nicht mehr ändern“ wird da lapidar
gesagt und der Film zeigt so gegenüber den Bonies genau jene Geisteshaltung,
die er vorgibt zu bekämpfen. Radikaler und interessanter wäre der Film ohne
Bonies oder wenn er den gewagten Schritt gemacht hätte, auch sie zu
integrieren. Doch dazu ist er der Film zu sehr nicht nur in einer gängigen
Dramaturgie, sondern auch in einer Mainstream-Ästhetik gefangen. Frei nach dem Twilight-Prinzip: Nur ein sexy Monster
ist ein gutes Monster.
Immerhin bietet der Film einige gelungene Gags, die von
Genrekenntnissen zeugen und einen augenzwinkernden Retrocharme. So sammelt R
Platten und hört Musik, die nicht aus den aktuellen Charts entstammt (John
Waites Missing You wird so zur Hymne
des Films), es kommt eine alte Sofortbildkamera vor und das Internet ist nur
eine ferne Erinnerung. Die Schauspieler sind gut und die Chemie zwischen Hoult
und Palmer funktioniert. Manchen mag die vergleichsweise sanfte
Herangehensweise stören, vielleicht auch die seltsame Verbindung von Zombie und
romantischer Liebe, die aber immerhin mit mehr Würde für die mythologische
Figur durchgespielt wird als in Twilight.
Auch dass die Botschaft vom toleranten Miteinander durch den Umgang mit den
Bonies so massiv gestört wird, ist ein nicht wegzudiskutierendes Manko. So
bleibt von Warm Bodies der Eindruck
eines unausgewogenen, nichtsdestotrotz aber stellenweise durchaus interessanten
und vor allem erstaunlich witzigen Films. Wer bereit ist, den Zombie auch
abwechslungsweise mal nicht nur als „Ding“ zu sehen, der bekommt hier ganz neue
Interpretationsansätze geboten.
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