Dienstag, 9. Juli 2013

Warm Bodies (2013)




WARM BODIES
USA 2013
Dt. Erstaufführung: 21.02.2013
Regie: Jonathan Levine

Eine der vielen ungeschriebenen Regeln des Zombiefilms lautet: Sobald ein Mensch in einen Untoten transformiert wurde, ist er de facto Angehöriger einer anderen Spezies. Jegliche Menschlichkeit ist verloren, aus dem Individuum ist ein gern im Kollektiv angreifendes, tumbes Etwas geworden, ein „Ding“ dass es zu beseitigen gilt. Von allen weiteren Interpretationen abgesehen ist der Zombie zunächst eine Bedrohung, über dessen vorangegangene Existenz als lebender Mensch besser nicht nachgedacht werden sollte. Gründervater des modernen Zombiefilms, George A. Romero, begann mit Zombie 2 – Das letzte Kapitel (Day of the Dead), dem Untoten wieder etwas von seiner Menschlichkeit zurückzugeben durch die Zähmung von Bub, der sich letztlich als eine der sympathischsten Figuren des Films erwies. In der nächsten Fortsetzung, Land of the Dead, wurde den Zombies gar ein Existenzrecht neben den Menschen zugesprochen, der wandelnde Tote also nicht mehr nur als Bedrohung gesehen sondern auch als Vertreter einer anderen Art der menschlichen Existenz. So weit geht die Mischung aus Komödie, Liebesfilm und Horror, Warm Bodies, nicht und dank der Freigabe ab 12 sind ohnehin jegliche Ecken abgemildert, die sich eigentlich aus der Prämisse ergeben, aber der Film von Jonathan Levine bietet zumindest knapp 90 Minuten passable Unterhaltung, auch wenn sich der Film teilweise hoffnungslos vergaloppiert.

Acht Jahre sind vergangen, seit eine Zombieapokalypse die Welt erfasst hat. Ob es ein Virus war, Umweltweinflüsse oder radioaktive Affen – wer weiß das schon so genau?! Auf jeden Fall nicht R (Nicholas Hoult), ein junger Zombie, der zusammen mit seinen Artgenossen, vor allem seinem besten Freund M (Rob Corddry) den lieben langen Tag über das Gelände eines Flughafens streift und in Voice-Over-Kommentaren über die Welt und seine Existenz nachdenkt. Als eine Gruppe junger Menschen auf der Suche nach Medikamenten für die nahe befestigte Stadt in den Flughafen gelangt, rettet R Julie (Teresa Palmer) das Leben – nachdem er das Hirn ihres Freundes Perry (Dave Franco) gefressen hat. Warum, weiß er nicht genau – könnte es so etwas wie menschliches Interesse sein … Liebe? Jeder weiß doch, dass Zombies keine Gefühle haben und vernichtet werden müssen … oder? Auf jeden Fall setzt die Begegnung der beiden eine Kettenreaktion von Ereignissen in Gang, die die Post-apokalyptische Welt aus den Angeln heben könnte.

Die Romeo und Julia-Anleihen sind schon durch die Namen der Hauptfiguren unübersehbar (es gibt sogar eine Balkonszene), nur ist Warm Bodies optimistischer als Shakespeare. Für einen Zombiefilm schon geradezu pervers optimistisch, aber einen wirklichen Genrefilm hatte wohl niemand der Verantwortlichen im Sinn. Warm Bodies ist eher Parodie, ein frischer Blick auf die Untoten, der aber manchmal etwas fragwürdig daherkommt. Damit ist gar nicht die Romanze zwischen einem Zombie und einem Menschen gemeint (Levine schafft es, jeglichen Anflug von Nekrophilie auszumerzen), sondern die Aufteilung der Gesellschaft in dieser Welt. Denn neben den Menschen und den Zombies gibt es noch die sogenannten Bonies, Zombies, die jede Hoffnung verloren und sich das Fleisch großflächig von den Knochen gerissen haben. Sie fungieren als ultimative Bedrohung und sind für sich genommen durchaus furchterregend, aber der Film untergräbt durch sie seinen eigenen Anspruch auf Liberalität. Kurz gesagt: es besteht nur Hoffnung, wenn das Äußere noch als Mensch zu erkennen ist, ein Bonie, auch wenn er ebenso ein Mensch war wie die Zombies, muss ausgemerzt werden. Anstatt sich auf die Stärken der Romanze und der sich dadurch ergebenen gesellschaftlichen Eruptionen zu konzentrieren glaubt Warm Bodies, unbedingt über Schurken verfügen zu müssen, wenn man schon den Zombies die Zähne zieht. „Die können sich nicht mehr ändern“ wird da lapidar gesagt und der Film zeigt so gegenüber den Bonies genau jene Geisteshaltung, die er vorgibt zu bekämpfen. Radikaler und interessanter wäre der Film ohne Bonies oder wenn er den gewagten Schritt gemacht hätte, auch sie zu integrieren. Doch dazu ist er der Film zu sehr nicht nur in einer gängigen Dramaturgie, sondern auch in einer Mainstream-Ästhetik gefangen. Frei nach dem Twilight-Prinzip: Nur ein sexy Monster ist ein gutes Monster.

Immerhin bietet der Film einige gelungene Gags, die von Genrekenntnissen zeugen und einen augenzwinkernden Retrocharme. So sammelt R Platten und hört Musik, die nicht aus den aktuellen Charts entstammt (John Waites Missing You wird so zur Hymne des Films), es kommt eine alte Sofortbildkamera vor und das Internet ist nur eine ferne Erinnerung. Die Schauspieler sind gut und die Chemie zwischen Hoult und Palmer funktioniert. Manchen mag die vergleichsweise sanfte Herangehensweise stören, vielleicht auch die seltsame Verbindung von Zombie und romantischer Liebe, die aber immerhin mit mehr Würde für die mythologische Figur durchgespielt wird als in Twilight. Auch dass die Botschaft vom toleranten Miteinander durch den Umgang mit den Bonies so massiv gestört wird, ist ein nicht wegzudiskutierendes Manko. So bleibt von Warm Bodies der Eindruck eines unausgewogenen, nichtsdestotrotz aber stellenweise durchaus interessanten und vor allem erstaunlich witzigen Films. Wer bereit ist, den Zombie auch abwechslungsweise mal nicht nur als „Ding“ zu sehen, der bekommt hier ganz neue Interpretationsansätze geboten.






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