Freitag, 12. Juli 2013

Ich - einfach unverbesserlich 2 (2013)




ICH – EINFACH UNVERBESSERLICH 2
(Despicable Me 2)
USA 2013
Dt. Erstaufführung: 04. Juli 2013
Regie: Pierre Coffin & Chris Renaud

Mit Fortsetzungen ist es so eine Sache: Existieren sie nur aus finanziellen Gründen, nur weil das Original ein Hit war und geraten die kreativen Ansätze dadurch ins Hintertreffen? Ist die Geschichte es wert, erzählt zu werden oder brüht sie nur Versatzstücke aus Teil Eins auf? Auch der Animationsfilm ist trotz seiner verhältnismäßig hohen Kosten und der langen Produktionszeit nicht von der „Sequelitis“ ausgenommen. Und wie überall sonst gibt es Fortsetzungen, die das Original übertreffen (Bernard & Bianca im Känguruhland) oder die Erwartungen maßlos enttäuschen (Happy Feet 2). Manchmal bekommen auch Fortsetzungen von besonders schlechten Filmen angedroht (der angekündigte Rio 2). Glücklicherweise lässt sich Ich – Einfach unverbesserlich 2 in keine der Negativkategorien einreihen. Die Fortsetzung des massiv unterhaltsamen Überraschungserfolges ist nicht nur eine organische Weiterschreibung, d.h. die Story fühlt sich nicht forciert an, sondern auch ebenso erfrischend wie das Original.

Ex-Superschurke Gru geht inzwischen voll und ganz in seiner Vaterrolle auf und die Schwestern Margo, Edith und Agnes halten ihn auch voll auf Trab. Da passt es gar nicht ins Konzept, als ihn eines Tages die exzentrische Agentin Lucy entführt, um ihn für die Anti-Verbrechens-Liga zu rekrutieren, die Schurken auf der ganzen Welt jagt. Als ehemaliger Bösewicht soll Gru mithelfen, den Diebstahl einer Forschungsstation aufzuklären, in der ein gefährliches Mutationsserum entwickelt wurde. Nach einiger Bedenkzeit und der Erkenntnis, dass sein neues Standbein, die Gelee- und Konfitürenproduktion unter keinem guten Stern steht, willigt Gru schließlich ein und macht sich mit Lucy als seiner Partnerin daran, das Rätsel aufzuklären. Unterdessen beginnt sich Margo zu Grus Missfallen für Jungs zu interessieren und die Minions, Grus kleine gelbe Helfer, verschwinden in großen Zahlen…

Ich – einfach unverbesserlich 2 könnte versuchen, Pixar und DreamWorks übertrumpfen zu wollen. Doch genau wie der erste Teil ist auch der Fortsetzung und ihren Machern offensichtlich vollkommen klar, dass man es gar nicht versuchen und eigene Wege finden muss. Der Film gelingt vollkommen entspannt zu einer eigenen Identität, die weder die technische Perfektion von Pixar (die Texturen und die Flächen in der Ich – Einfach unverbesserlich-Welt sind flächiger und weniger detailliert als bei Pixar) noch die zunehmend komplexeren Geschichten von DreamWorks zu kopieren versucht. Dafür macht der Film kongenial davon Gebrauch, ein Animationsfilm zu sein. Ich – Einfach unverbesserlich 2 scheut keine Wildheit, keine over-the-top-Animationen, keinen noch so absurden Einfall. Und dadurch erreicht er ein Maß an Überraschungsmomenten, von denen die jüngste Pixar-Produktion Die Monster Uni nur träumen konnte. Man weiß nie wirklich, was als nächstes passieren könnte, was viel vom Charme und Erfolg dieser Filme ausmacht. Die damit einhergehende wilde Cartoon-Ästhetik und die rasanten Gags gehören somit zu einer Welt, die Pixar nie betreten und DreamWorks inzwischen weitestgehend verlassen hat. Es lebt sich als Zuschauer gut in dieser eigenständigen Welt, die kein Interesse am Konkurrenzkampf hat und dadurch ungemein stark wird. Wenn Pixar beweist, dass Dramen auch als Animationsfilm funktionieren, dann zeigt uns Ich – Einfach unverbesserlich 2, dass die animierte Slapstick-Komödie ebenfalls noch nicht tot ist.

Der Film umschifft gekonnt alle Riffe, an denen er sich aufreißen könnte. Die Beziehung von Gru und seinen Töchtern ist gefestigt, stagniert aber auch nicht, vor allem nicht in punkto Margo, deren aufkeimende romantischen Interessen Gru väterliche Bauchschmerzen bereiten. Auch das Thema „alleinerziehender Vater“ wird sensibel gehandhabt. Agnes, die jüngste Tochter, erkennt die Abwesenheit einer weiblichen Bezugsperson zwar an und ist mitunter auch traurig darüber, als es wird auch nicht als übermäßiges Problem behandelt. So muss das Auftauchen einer möglichen Romanze für Gru auch nicht gegen Widerstand durchgeboxt werden, sondern kann sich natürlich entwickeln. Ich – Einfach unverbesserlich 2 tut gut daran, den Ein-Elternteil-Haushalt nicht per se als dysfunktional zu charakterisieren und die Option einer „kompletten“ Familie durch die Wahlfreiheit der Beteiligten zu begünstigen. Gru ist nicht auf der Suche nach einer Frau, die Kinder werden nicht als unter der Situation leidend dargestellt und so erhält der Liebesplot eine schlüssige Berechtigung – es ergibt sich halt so. Zyniker mögen gerade darin einen konservativen Wert sehen, dass erst durch zwei Elternteile eine Familie vollständig ist und dem Film dahingehende Propaganda vorwerfen, aber Ich – Einfach unverbesserlich 2 forciert nichts dergleichen. Alles bewegt sich harmonisch und nachvollziehbar und das Drehbuch wirkt auch nicht verkrampft.

Ich – Einfach unverbesserlich 2 ist ein großer Spaß, dessen Irrungen und Wirrungen zum großen Teil nicht vorhersehbar sind. Die diesmal eingebauten Filmzitate (u.a. aus Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt, Apocalypto und – so könnte man wirklich meinen – World War Z) nehmen nicht überhand und die Energie, die der Film, vor allem durch die neue Figur Lucy, versprüht, ist geradezu unglaublich. Hemmungslos albern, wieder mit dem Herz am rechten Fleck und grenzenlos sympathisch ist diese Fortsetzung Familienunterhaltung in ihrer inkonsequentesten, aber auch schönsten Art, die die Kunstform Animation gekonnt und bestens zu nutzen versteht. Sollte ein dritter Teil entstehen (neben dem für nächstes Jahr angekündigten Minion Movie) wird dies eine jener Fortsetzungen sein, die man herzlich willkommen heißt anstatt die zähneknirschend zur Kenntnis zu nehmen.



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