Montag, 29. Juli 2013

Species (1995)




SPECIES
USA 1995
Dt. Erstaufführung: 09.11.1995
Regie: Roger Donaldson

Bereits der Vorspann macht es klar: Species möchte gern Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt sein. Gestaltung, Musik, das Kreaturendesign von H.R. Giger, dem geistigen Vater des aus dem großen Vorbild bekannten Xenomorphs – Regisseur Roger Donaldson weiß, wo er für Inspiration (und Plagiate) schauen muss. Leider verliert sich der Vergleich mit Ridley Scotts Klassiker sehr schnell, denn was nach dem durchaus atmosphärischen Vorspann folgt, ist ein Malen-nach-Zahlen-Monsterfilm ohne die innere Logik von Alien, geschweige denn dessen Gespür für Bilder, Charaktere und Situationen. Manchmal blitzen im Drehbuch von Dennis Feldman durchaus diskussionswürdige Ansätze auf, die aber niemals ein selbstreflexives Level erreichen und sich den billigen Horroreffekten unterordnen müssen.

Nach Jahren des Sendens von irdischen Informationen ins All erhält SETI (Search for Extraterrestrial Intelligence) eine Antwort: Erst die Konstruktionspläne für den Bau eines sauberen Verbrennungsmotors (random information – Species diskutiert diesen an sich faszinierenden Aspekt mit keiner weiteren Silbe), dann die Aufforderung, das menschliche Erbgut nach einem außerirdischen Bauplan zu modifizieren. Und da die sogenannten Wissenschaftler in diesem Film recht dumm sind, wird dies auch ohne weiteres Hinterfragen getan. Das Resultat ist die junge Sil (Michelle Williams), äußerlich nicht von einem menschlichen, etwa zehnjährigen Mädchen zu unterscheiden. Als das Projekt eingestellt und Sil getötet werden soll, entkommt sie dem geheimen Versuchslabor. Auf der Flucht transformiert sie sich in eine verführerische Frau (Natasha Henstridge) und geht auch Männerjagd. Denn Sil kennt nur noch ein Ziel: sich zu vermehren und so den Untergang der Menschheit durch ihren extrem schnellen Reproduktionszyklus einzuläuten. Xavier Fitch (Ben Kingsley), der Kopf der beteiligten Wissenschaftler, stellt ein Team zusammen, um Sil aufzuspüren und zur Strecke zu bringen. Doch wie findet man ein Alien mit solch phänomenalen Fähigkeiten zum Mimikry?

Sil wurde als weibliches Wesen erschaffen, weil man glaubte, Sie besser kontrollieren zu können als einen Er. So weit, so frauenfeindlich. Dank der süffisanten Kommentare der Charaktere ist man noch geneigt, dies als (nicht nötige) Zusatzinformation unter „Ferner liefen…“ abzulegen, aber während Alien die sexuellen Untertöne des Eindringlings als für beide Geschlechter potenziell bedrohlich zeichnete, sind es hier die allzu leicht verführbaren Männer, die von Sil bedroht werden. Dass Frauen als Nebenbuhlerinnen ausgemerzt werden hat eher den Beigeschmack eines Altherrenwitzes über „Zickenfeindschaft“. Feldman bemüht sich, dem Vorwurf der Dämonisierung primär der weiblichen Sexualität zuvorzukommen, in dem er etwas mit den kulturellen Stempeln spielt, die beiden Geschlechtern aufgezwungen werden. Lennox (Michael Madsen), der schwermütige Profikiller, hält als Haustier eine Katze, was im Allgemeinen eher mit Frauen assoziiert wird. Dan (Forest Whitaker) sagt gleich in seinem Eröffnungsmonolog, dass er vermutet, sein Hang zu Gefühlen macht ihn für seine Kollegen suspekt. Dass Dan eine besondere empathische Begabung besitzt und Gefühle anderer quasi durch den Raum fliegend erkennen kann, erfahren wir kurz vorher und aus dem vielversprechenden Ansatz eines zu seinen Gefühlen stehenden Mannes im Kontext eines Sci.-fi.-Horrorfilms wird eher eine interne Lachnummer, denn Dans parapsychologische Eigenschaft wird nie weiter erforscht oder hinterfragt. Man soll sie als Zuschauer schlicht als gegeben und damit als ernstzunehmend einstufen. Arden (Alfred Molina) ist ein Kulturwissenschaftler und die einzig technisch versierte Figur im Ensemble ist Laura Baker (Marg Helgenberger), die mit dem zwar undurchsichtigen, aber durchaus als (einzigen aus der Protagonistengruppe) begehrenswert gezeichneten Mann Lennox irgendwann im Bett landet. Species dreht die kulturellen Rollen der Geschlechter einfach um, feminisiert die Männer und injiziert den Frauen Testosteron und macht dann damit herzlich wenig. Alien lässt sich geradezu subversiv im Hinblick auf die Geschlechterrollen lesen. Species glaubt, mit einem simplen Tausch ist alles geregelt und bestärkt damit nur Klischees, anstatt sie aufzubrechen.

Zugegebenermaßen ist eine Abhandlung über geschlechtsbezogene Rollenbilder innerhalb einer Narration wie in Species nicht das oberste Gebot. Leider hat der Film auch sonst sehr wenig zu bieten. Spannung ist kaum existent, die Oneliner sind lachhaft und einzig eine Sequenz, in der Sil erstmals durch eine mit irdischen Skurrilitäten vollgestopfte Straße in Los Angeles geht, kann ein Gefühl von Fremdheit und Faszination generieren, die beim Kontakt mit einer außerirdischen Kultur entstehen dürfte. Gerade im Hinblick auf den SETI-Hintergrund ist Species eine weitere verlorene Chance, geht sie doch von der Annahme aus, dass eine hoch entwickelte Alienzivilisation letztlich doch nur darauf aus ist, uns mit Tentakeln, die aus Brustwarzen schießen, zu strangulieren. Dass der Film kein ernsthaftes Interesse an den Implikationen seiner Alienthematik hat, ist eine Sache. Dass er dabei so unglaublich plump daherkommt, eine andere. So beruft sich Species auf den allerkleinsten gemeinsamen Nenner, vernachlässigt Intelligenz und Spannung und präsentiert sich als dermaßen belanglos, dass der Vergleich mit Alien nach dem Ende des Abspanns eher wie eine Beleidigung des Vorbilds denn eine vertane Chance oder gar Hommage wirkt.



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