IMMER ÄRGER MIT 40
(This is 40)
USA 2012
Dt. Erstaufführung: 14.03.2013
Regie: Judd Apatow
Dt. Erstaufführung: 14.03.2013
Regie: Judd Apatow
Judd Apatow ist eine Marke für sich.
Auf den ersten Blick ist er der Fachmann für derbe, zotige Komödien. Auf den
zweiten Blick offenbaren seine Filme aber auch den durchaus klugen, pointierten
Beobachter von zwischenmenschlichem Wahnsinn. Immer Ärger mit 40 macht da keine Ausnahme, denn trotz diverser
Schwächen ist der Film eine sehenswerte Autopsie einer Paarbeziehung, deren
Mitglieder ihren vierzigsten Geburtstag feiern.
Zuerst ist Debbie (Leslie Mann) dran, auch wenn auf ihrer
Geburtstagstorte die 38 thront. Zwei Wochen später wird ihr Mann Pete (Paul
Rudd) die 40 erreichen. Der Film schaut mit sezierendem Blick in diese kurze
Zeitspanne, in der die beiden Protagonisten nicht nur mit ihrem Alter hadern,
sondern auch versuchen, ihr Leben auf gesunde Ernährung und ein ohne Viagra
auskommendes Sexleben umzustellen. Die beiden Töchter Sadie (Maude Apatow) und
Charlotte (Iris Apatow) streiten sich ständig, Petes Label für besondere Musik
steht kurz vor dem Aus, in Debbies Boutique gibt es Probleme mit den zwei
Angestellten Desi (Megan Fox) und Jodi (Charlyne Yi), ganz zu schweigen von den
Querelen mit den jeweiligen Vätern. Dabei heißt es doch immer, dass die
Lebensphase, in der sich Debbie und Pete befinden, wäre so entspannt und
einfach wie keine andere davor oder danach…
Wie erwähnt, Judd Apatow ist eine Marke für sich. Und eine,
die nie komplett eingeschätzt werden kann. So hat er als Drehbuchautor Schrott
wie Dick und Jane – Zu allem bereit, zu
nichts zu gebrauchen und Leg dich
nicht mit Zohan an verbrochen, als Produzent aber auch verdiente Erfolge
wie Superbad und Fast verheiratet betreut (ja, auch den massiv überschätzten Brautalarm, aber es heißt ja im Zweifel
für den Angeklagten…). Als Regisseur ist er bisher lediglich für vier
Spielfilme verantwortlich, von denen nur das Adam-Sandler-Vehikel Wie das Leben
so spielt als gänzlich misslungen angesehen werden muss. Der Rest, Jungfrau (40), männlich, sucht, Beim ersten Mal und dieser Film, dürfen
als gelungene Beiträge auf Apatows Vita angesehen werden.
Immer Ärger mit 40
hat kein Interesse an einer stringenten Geschichte, vielmehr fühlt sich der
Film beizeiten wie eine Revuenummer an, deren Teile von sehr unterschiedlicher
Qualität sind. Die Gespräche zwischen Pete und Debbie, während er auf der
Toilette sitzt und die elektronischen Varianten von bekannten Brettspielen wie Scrabble spielt? Hervorragend. Eine
forcierte Anusbetrachtung, die mit der Erkenntnis endet, dass Pete Hämorrhoiden
hat? Weniger gelungen, zumal gerade diese Art von Einschüben den Film auf knapp
über zwei Stunden verlängern, was ihn monströser macht, als er sein müsste (die
meisten Komödien fahren besser mit einer 90-Minuten-Lauflänge). Außerdem
bringen sie dramaturgisch keinerlei Zugewinn, weder für die Figuren, noch in
punkto Mehrwert für den Zuschauer. Vulgär, nur um des Zustands willen – wer dies
sucht, der wird auch bei Immer Ärger mit
40 belohnt.
Auf der anderen Seite steht die treffsichere
Auseinandersetzung mit den Tücken des Lebens. Ich verwende bewusst nicht das
Wort „Alltag“, denn Apatow ist sich sehr sicher darüber, dass so etwas nicht
existiert. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen mit sich, Wiederholungen
sind vom Leben gar nicht vorgesehen. So schafft es der Film innerhalb der zwei
Wochen seiner Narrative alle Höhen und Tiefen, die der sogenannte Alltag mit
sich bringt, zu illustrieren. Man mag dies vermessen und überambitioniert
nennen, aber die organische Art, mit der Apatow seine Figuren durch die
Situationen dirigiert, lässt den Film nicht ins artifizielle abgleiten. Selbst
in insgesamt weniger gelungenen Subplots wie die Onlinebeleidigung von Sadie
durch einen Mitschüler und die anschließende Konfrontation der Eltern mit der
Mutter, Catherine (Melissa McCarthy), des Jungen findet Apatow noch Momente,
die diesen organischen Fluss unterstreichen. Pete und Debbie mögen sich oft
streiten und sich manchmal gegenseitig die Pest an den Hals wünschen, aber als
Catherine Debbie beleidigt, springt Pete sofort in die Bresche und verteidigt
sie. Immer Ärger mit 40 ist im Grunde
ein Film über die Kunst des Zusammenlebens, ein Familienfilm, in dem sich viele
Eltern und wahrscheinlich auch ihre Kinder ab einem bestimmten Alter
wiedererkennen. Dass Apatow dabei nichts beschönigt und auch schon mal die
Fetzen fliegen, macht ihn ehrlicher als man erwarten durfte.
Denn unter der rauen Schale aus teilweise wirklich dämlichen
und flachen Gags ist Immer Ärger mit 40
ein warmherziger, unterhaltsamer Film, der sich mehr menschlichen Tiefgang
erlaubt als Komödien, die es nur bei den Zoten belassen.
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