Dienstag, 23. Juli 2013

Star Trek - Der erste Kontakt (1996)




STAR TREK – DER ERSTE KONTAKT
(Star Trek: First Contact)
USA 1996
Dt. Erstaufführung: 19.12.1996
Regie: Jonathan Frakes

Vielleicht wären mehr Star Trek-Filme wirklich großartig geworden, wenn sie direkt auf der TV-Serie aufgebaut hätten. Vor Star Trek – Der erste Kontakt stand Star Trek II – Der Zorn des Khan als herausragendster Teil der langlebigen Reihe einsam an der Spitze, als Kinofortsetzung der Episode Der schlafende Tiger. Der erste Kontakt, der achte Film des Franchises, bezieht sich nun auf den Next Generation-Zweiteiler In den Händen der Borg/Angriffsziel Erde und stellt nicht nur die feindlichen Borg einem größeren Publikum vor, er ist auch der beste Star Trek-Film seit 1982.

Die Borg sind eine Rasse von kybernetischen Wesen, d.h. sie bestehen aus sowohl organischen als auch mechanischen Bestandteilen, sind wie ein Insektenstaat als Kollektiv organisiert und assimilieren jede Zivilisation, auf die sie treffen und die ihnen keinen Widerstand leisten kann. Diesmal versuchen sie es einmal mehr mit der schwerbewachten Erde. In der Hitze des Gefechts wird zwar das Hauptschiff zerstört, den Borg gelingt es aber, ein weiteres Schiff abzusetzen, dass einen Zeitwirbel erzeugt und in die Vergangenheit der Erde reist, um die Menschheit dann zu unterjochen, als sie noch nicht über die Technologien der Star Trek-Gegenwart verfügten. Als einziges Föderationsraumschiff hängt sich – natürlich – die Enterprise, diesmal in der E-Ausführung, an die Borg und reist mit zurück ins Jahr 2063. Wie sich herausstellt haben die Borg einen ganz besonders sinisteren Plan: sie wollen den Erstkontakt zwischen Menschen und Vulkaniern verhindern, der wenige Jahre nach dem dritten Weltkrieg den Grundstein für den Wohlstand und die „bessere Zukunft“ legen sollte, in der alle Star Trek-Serien angesiedelt sind. Es liegt an Captain Picard (Patrick Stewart) und seiner Mannschaft, die Zukunft zu retten…

Star Trek – Der erste Kontakt ist deutlich actionlastiger als seine Vorgänger, hinzu kommt, dass Regisseur Jonathan Frakes (ebenso zu sehen in der Rolle vom ersten Offizier Riker) seinen Film mit allerlei Horrorelementen würzt. Dabei rührt der Schrecken nicht von der für Menschen immer unbehaglichen Vorstellung eines Kollektivs her, sondern von der Inszenierung der Borg, die jedem Zombiefilm zur Ehre gereicht. Wenn eine Tür geöffnet wird und die roten Suchlichter der Borgaugen aus der Dunkelheit aufblitzen und schnell näher kommen, wähnt man sich mehr im Romero-Universum denn im Star Trek-Kosmos. Frakes macht den Film massenkompatibler, er holt Picard und die Seinen aus den Sphären der Diplomatie hinunter auf eine geradezu handgreifliche Ebene. Der erste Kontakt ist manchmal roher, als man es von Star Trek gewohnt ist, aber die zwiespältigen Implikationen, die damit einhergehen, werden nicht ausgespart. Dass es einen Widerspruch zwischen dem humanistischen Ideal und den tatsächlichen Handlungen gibt, wird nicht nur zur Kenntnis genommen, es wird durch die Figur Lily (Alfre Woodard) auch ausgesprochen. Lily fungiert als Picards Gewissen, als hinterfragende Stimme, die dem Captain, der in der Serie selbst zum Teil des Borg-Kollektivs wurde und dementsprechend traumatisiert ist, darauf hinweist, dass seine hohen Ideale zu zerbrechen drohen. Das Drehbuch ist klug genug, Action und Star Trek-übliche Ideen und Ideale miteinander zu verbinden.

Dabei bewegt sich der Film. Ganz entschieden. Der erste Kontakt ist einer der temporeichsten der Reihe und springt zwischen den Borg-Kämpfen, der Vorbereitungen für den ersten Warp-Flug und Datas (Brent Spiner) Verführung durch die Borg-Königin (Alice Krige) hin und her. So gibt es nicht nur den Konflikt von Picard mit seinen inneren Dämonen, sondern auch Datas Wille zur Menschwerdung, der im letzten Film durch den Emotionschip einige eher alberne Wirrungen erfahren hat, wird ernsthafter auf die Probe gestellt. Wo verläuft die Grenze zwischen Mensch und Maschine, auf welcher Seite kann sich eine künstliche Intelligenz positionieren und ist die Verbindung von Fleisch und Metall womöglich doch eine sinnvolle Kombination? Der erste Kontakt stellt diese Fragen ständig, ohne in einen philosophischen Diskurs zu enden. Es liegt am Zuschauer, ob er sich auf den Subtext einlässt oder nicht oder ob er den Film lediglich als hervorragende Unterhaltung goutiert. Der dritte Konflikt, der zwischen Mythos, Mensch und Wirklichkeit, wird durch James Cromwells Darbietung als Zefram Cochran, dem Erfinder des Warpantriebs, auf ein wahrlich menschliches Maß gebracht. Es gehört schon etwas Mut dazu, die wichtigste Erfindung des Star Trek-Universums mit dem Wunsch nach Geld und „nackten Weibern auf einer tropischen Insel“ zu erklären und den ersten Warpflug dann auch noch mit Steppenwolfs Magic Carpet Ride zu unterlegen.

Der erste Kontakt ist Popcornkino at it’s best. Getragen von hervorragenden Effekten, einer involvierenden Story und gut aufgelegten Darstellern (auch wenn das Drehbuch klar macht, dass es keine Ahnung hat, was es mit den weiblichen Figuren Troi und Crusher anfangen soll und vor allem Troi in weniger gelungenen Gags verheizt) ist das achte Kinoabenteuer der Enterprise ein Beitrag zu Reihe mit hohem Unterhaltungswert. Dass bei all der Genre-Mix-Spannung und dem fast atemlosen Tempo die Ideale von Star Trek nicht verraten, das Hirn also nicht den Muskeln geopfert wird, ist besonders hervorzuheben. Und natürlich siegt bei aller Düsterness, die Frakes‘ Inszenierung innewohnt, der Optimismus, denn der titelgebende Erstkontakt gehört nicht nur zu den schönsten Sequenzen des gesamten Franchise, er verweist auch gleich augenzwinkernd auf den Kernkonflikt zwischen logischen Vulkaniern und emotionalen Menschen, wie er in der originalen Serie und den dazugehörigen Filmen stets anhand Kirk/Spock/McCoy durchgespielt wurde. So kommt es denn auch, dass man die alten Hasen des Raumflugs nicht vermisst, auch wenn dies der erste Star Trek-Film ist, in dem keiner aus Kirks Crew auftaucht. Die Next Generation hat mit dem Beginn der Credits bewiesen, dass sie würdige Nachfolger sind.



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