THE WARD – DIE STATION
(John Carpenter’s The
Ward)
USA 2010
Dt. Erstaufführung: 29.09.2011
Regie: John Carpenter
Dt. Erstaufführung: 29.09.2011
Regie: John Carpenter
Der
moderne Horrorfilm hat ein Problem: er ist oft doch auf geradezu frustrierende
Weise austauschbar. Es gibt kaum gestalterische, geschweige denn inhaltliche
Überraschungen, viel zu oft versagen sie sogar auf dem eigentlichen
Betätigungsfeld des Genres, dem Erzeugen von Angst. Gerade der Geisterfilm ist
in seinen neueren Beiträgen näher an dem unsäglichen 1999er Remake Das Geisterschloss als an dem
atmosphärischen Original Bis das Blut
gefriert. Und selbst ein Altmeister wie John Carpenter kann nicht viel mehr
tun, als sich den Spielarten des massenkompatiblen Genrefilms anzubiedern. The Fog – Nebel des Grauens, auch ein
Film mit geisterhaften Antagonisten, war seinerzeit recht unspektakulär,
erscheint in der Retrospektive aber sehr viel besser, frischer, spielfreudiger
als The Ward, Carpenters erstem Film
seit neun Jahren und dem Debakel Ghosts
of Mars. Es sollte ein großes Comeback werden, herausgekommen ist ein Sturm
im Wasserglas. Sicherlich entbehrt The
Ward nicht eines genügsamen Unterhaltungswerts, aber der Ideenklau bei
Filmen wie Identität und das
weitestgehende Fehlen von Carpenters Handschrift machen aus ihm eine recht
unbefriedigende Angelegenheit.
Die junge Kristen
(Amber Heard) wird völlig verwirrt in eine Psychiatrie eingewiesen, nachdem sie
ein abgelegenes Farmhaus bis auf die Grundmauern abgebrannt hat. In der streng
geführten Einrichtung lernt sie sie anderen weiblichen Insassen kennen, die
alle von einer geisterhaften Erscheinung berichten, die die Station heimsucht.
Schon bald befindet sich auch Kristen im Fadenkreuz der Entität…
Wenn man The Ward extrem herunterwertet, spricht
möglicherweise der enttäuschte Fan aus einem. Denn, bei aller Generik ist
Carpenters 18. Kinofilm ein handwerklich kompetent gemachter Film, der
zumindest mit einigen wohlig gruseligen Einstellungen aufwarten kann. Es sind
Standardmomente des Genres, meist vorhersehbar, in der Exekutive aber dennoch
hübsch anzusehen. Was fehlt ist eine stringente Atmosphäre, ein durchgehendes
Gefühl der Bedrohung, wie es der Film gebraucht hätte. Zudem verlässt er sich
allzu sehr auf die Ausstellung des Altbekannten, auf wenig freundliche
Psychiatrieeinrichtungn mit allem, was spätestens seit Einer flog übers Kuckucksnest dazu gehört. Innovationskraft gehört
nicht gerade zu den Stärken von The Ward.
An dieser Stelle
sei denjenigen, die ein Spoilerfreies Filmerlebnis schätzen, vom Weiterlesen
abgeraten, denn das Ende muss einfach diskutiert werden.
Das Ende ist ein
typischer Fall eines Films, der sich als cleverer generieren will als er
eigentlich ist. Der Kniff mit der gespalteten Persönlichkeit, deren
dominantesten Vertreter um Vorherrschaft in ein und demselben Körper kämpfen,
ist ein recht müder, weil bereits zu angegriffener, Twist, das modernisierte
Äquivalent zu „Es war alles nur ein Traum“. Wahrscheinlich muss man noch froh
sein, dass die „Enthüllung“ nicht penetrant nach Anerkennung verlangt, sondern
ziemlich schnörkellos erzählt wird.
The Ward ist insgesamt ein auf seltsame
Art wenig greifbarer Film, was nicht für irgendwelche ätherischen Qualitäten
steht, sondern für sein allgemein generisches Sein. Der Film ist handwerklich
gekonnt inszeniert, mit 10 Millionen Dollar im 21. Jahrhundert wohl als
Low-Budget anzusehen und hat, zumindest theoretisch, einen der versiertesten
Genreregisseure als Schirmherr auf dem alles entscheidenden Stuhl. Doch
Carpenter wirkt hier ähnlich wenig präsent wie bei Jagd auf einen Unsichtbaren, als hätte er schon im Vorfeld
aufgegeben, weil er wieder nur das Drehbuch anderer verfilmt und sein
Namenszusatz im Titel eher zu Marketingzwecken genutzt wird. The Ward hat einen nicht abzustreitenden
Unterhaltungswert, keine Frage, aber den kann man auch bei inhaltlich ähnlichen
Produktionen von Regie-Newcomern finden. Würde nicht der große Name überall
stehen, man würde nicht auf die Idee kommen, einen stereotypen Horrorfilm wie
diesen mit John Carpenter in Verbindung zu bringen. Das Comeback wird zum
Beweis, dass der ehemals unabhängige Regisseur dem Zwang zur Uniformität im
Unterhaltungssektor erlegen ist. Erfreulich ist das nicht, aber die heutige
Medienlandschaft hat immerhin den Vorteil, dass man sich jederzeit dank
Heimmedien in die Zeit zurückversetzen kann, in der Carpenter atmosphärische Meisterstücke
erschaffen hat. Und das sei gerade jenen jungen Filmfreunden empfohlen, die
Carpenter nicht durch The Ward – Die
Station kennerlernen sollten. Glaubt mir, er war einst zu sehr viel mehr in
der Lage.
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