Donnerstag, 23. Oktober 2014

Das Dorf der Verdammten (1995)




DAS DORF DER VERDAMMTEN
(John Carpenter’s Village of the Damned)
USA 1995
Dt. Erstaufführung: unbekannt (Video-Premiere)
Regie: John Carpenter

Man kann sich eine filmhistorische Vorlesung vorstellen, in der John Carpenters Das Dorf der Verdammten als Beispiel für Trashfilme der 1990er Jahre herhalten muss. Nicht nur, dass der Film auf geradezu bemerkenswerte Weise gestalterisch ein ultimatives Kind seiner Zeit ist, der Film erwies sich in den USA als so gigantischer Flop, dass man ihn in Deutschland nur verschämt auf Video und Laserdisc veröffentlichte. Die ist durchaus verständlich, denn Das Dorf der Verdammten wirkt kaum wie ein Kinofilm, geschweige denn einer von Carpenter. Vielmehr atmet er den Geist eines günstig produzierten TV-Films ohne dabei einen sonderlichen Low-Budget-Charme zu entwickeln, der dem Regisseur sonst zu Eigen ist. Es gibt zwar ein paar Momente, in denen der genuine Carpenter durchscheint, aber insgesamt ist der Film eine Enttäuschung. Nach Jagd auf einen Unsichtbaren wollte man ihn nicht wieder als lustlosen Auftragsarbeiter erleben, nach Das Dorf der Verdammten nicht wieder als Regisseur eines unnötigen Remakes.

Die Bewohner eines kleinen Küstenstädtchens fallen eines Tages urplötzlich für mehrere Stunden in Ohnmacht. Als sie genauso unerwartet wieder erwachen wie sie eingeschlafen sind, sind einige Gemeindemitglieder tot und zehn Frauen, wie sich bald herausstellt, schwanger. Die Kinder, die geboren werden, wachsen äußerst schnell heran und legen bald ein unheimliches Verhalten an den Tag. Nicht nur, dass sie sich alle sehr ähnlich sehen, sie scheinen auch die Fähigkeit zu besitzen, wortlos miteinander zu kommunizieren und – weitaus schlimmer – ihre Umwelt und Mitmenschen auf destruktive Art und Weise zu manipulieren. Sind die Kinder womöglich nur äußerlich Menschen und lässt sich ihre Herkunft auf extraterrestrische Art erklären?

Der Film ist ein Remake des eleganten schwarz/weiß-Films von 1960 und beide basieren auf dem Roman Kuckuckskinder von John Wyndham, nach dessen Vorlage auch der hervorragende Blumen des Schreckens entstand. Ob die Welt unbedingt eine neue Version des Stoffes gebraucht hätte, sei dahingestellt – nach Sinn oder Unsinn eines Remakes zu fragen hat Hollywood schon lange aufgegeben. Vorwerfen kann man diesem Dorf der Verdammten allerdings, dass er ohne allzu viel Elan daherkommt. Manchmal blitzt quasi der alte Schalk des Pulp-/Trash-/Exploitation-Regisseurs durch, wenn Carpenter beispielsweise einen Mann während der Zeit des Blackouts auf einem Grill schmoren lässt. Doch genüsslich-fiese Ideen wie diese sucht man im Großen und Ganzen vergeblich, über weite Teile ist Das Dorf der Verdammten ein gradliniger, aber eben auch recht uninteressant entwickelter Horrorfilm, der zwar mehr auf Atmosphäre setzen möchte als auf das Ausstellen von Effekten oder ähnlichem, es aber nur bedingt fertig bringt, eine solche Atmosphäre überhaupt zu generieren.

Das Dorf der Verdammten wirkt wie ein Film, der von einem ausgebrannten, alternden Mann inszeniert wurde – und das zwischen Tür und Angel. Es ist vorstellbar, dass Carpenter sehr viel mehr Energie in Die Mächte des Wahnsinns gestreckt hat (was man dem fertigen Film dann auch ansah) und dieses Werk einmal mehr nur ein schnell angenommener Brotjob war. Selbst seine kleineren Fingerübungen früherer Tage wie The Fog – Nebel des Grauens sind Kleinode des Genre verglichen mit diesem Film, der, aus heutiger Sicht, unfassbar exemplarisch für die aufkommende Schwemme der VHS-Horrorfilme der 1990er Jahre stehen kann, die in Videotheken neben den neusten Blockbustern um Aufmerksamkeit buhlten. Noch viel schwieriger ist es, sich vorzustellen, dass dieser gestalterisch generische und inhaltlich so lustlos entwickelte Film in den USA tatsächlich im Kino lief.

Unterm Strich ist Das Dorf der Verdammten ein weiterer Beitrag für den Niedergang des einstmals so raffinierten Beherrschers des Pulpfilms mit breiter Publikumswirkung und trotz einiger guter Einfälle eher ein Nineties-Kuriosum als ein ernstzunehmender Beitrag für Carpenters Filmographie.



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