HALLOWEEN – DIE NACHT
DES GRAUENS
(Halloween)
USA 1978
Dt. Erstaufführung: 06.07.1979
Regie: John Carpenter
Dt. Erstaufführung: 06.07.1979
Regie: John Carpenter
Arthur C.
Clarke, bekannter Science-Fiction-Autor, unter anderem verantwortlich für die
Vorlage zu 2001 – Odyssee im Weltraum,
hat einmal auf die Frage nach seinen Lieblingsgenrefilmen neben der Liste zu
Protokoll gegeben: „Es wäre wohl sinnvoll, zwei Listen zu erstellen, eine für
die ‚besten Filme‘ und eine für die ‚wichtigsten‘“. Dieses Statement passt
bemerkenswert gut zu John Carpenters drittem und erfolgreichsten Kinofilm, Halloween – Die Nacht des Grauens.
Abgesehen von seinem Einfluss als Blaupause für kommende Slasher-Filme, für
seinen Gebrauch der subjektiven Kamera und auch der ziemlich konservativen
Verbindung von Promiskuität und den Überlebenschancen in Horrorfilmen, ist Halloween als Film selbst recht
unspektakulär. Kurioserweise ist Halloween
weniger als die Summe seiner zum Teil ja durchaus ansehnlichen Teile. Als
Gesamtpaket ist er aber, ähnlich wie Steven Spielbergs Der weiße Hai, ein Genrefilm, der filmhistorisch relevanter
daherkommt anstatt in Form durchweg empfehlenswerter Unterhaltung.
Als Kind hatte Michael Myers
seine Schwester an Halloween erstochen und kam dafür in eine Nervenheilanstalt,
wo sein Arzt, Dr. Sam Loomis (Donald Pleasence) jahrelang vergeblich versuchte,
eine Verbindung zu dem völlig apathischen Menschen aufzubauen. 15 Jahre später
kann Michael entkommen und macht sich auf den Weg in seine alte Heimatstadt,
Haddonfield, Illinois. Es ist die Nacht vor Halloween und Dr. Loomis hat wenig
Zeit, um seinen Patienten wieder aufzuspüren, der sich anschickt, echten Tod
und Terror in der gruseligsten Nacht des Jahres nach Haddonfield zu bringen…
Halloween ist John Carpenters erster reiner Horrorfilm. Viele der
Elemente, die Fans so sehr am seiner Arbeit schätzen, sind bereits hier
angelegt und gerade im Vergleich zu den heutigen Genreexzessen ist der Film
erfreulich blutarm. Carpenter interessiert sich mehr für Schockmomente als für
Kunstblut. Einzig, die Schocks sind verhältnismäßig vorhersehbar und in ihrer
berechenbaren Kalkulation nicht wirkungsvoll. Zum Teil mag dies auch daran
liegen, dass der Killer Michael Myers eine zu bemühte Figur ist. Man erfährt
nie, warum er eigentlich mordet, es gibt ein paar Hinweise darauf, dass er
womöglich das personifizierte Böse, der „Boogeyman“ ist, aber wenn man den Film
ohne diesen forcierten mythologischen Überbau betrachtet, dann ist Michael
schlicht ein Wahnsinniger mit einem Messer, dessen größte Leistung es ist,
alles, was man gegen ihn auffährt, zu überleben. Das wirkt denn auch manchmal
etwas unfreiwillig komisch. Halloween
hat sehr damit zu kämpfen, dass er als Horrorfilm nicht so gut gealtert ist wie
andere Genrebeiträge. Dass der Film 1978 eine andere Wirkung hatte als heute,
in einer Welt, die Halloween bereits
unzählige Male unter anderen Vorzeichen neu aufgelegt hat, ist eine Sache, dass
seine spezifischen Qualitäten nicht mehr standhalten, eine andere. Rosemaries Baby ist auch heute noch
erschreckend, spätere Carpenter-Filme haben ebenso wenig von ihrer Wirkung
verloren. Halloween kann sich mit
seinem Maske-tragenden Verrückten nicht einreihen.
Anders verhält es sich mit der
handwerklichen Qualität. Inhaltlich ist der Film nicht bemerkenswert, wie er sich
präsentiert schon eher. Carpenter weiß, wo er die Kamera platzieren und wie er
sie bewegen muss, um organische Aufnahmen zu generieren, wie ein kalter
Beobachter dokumentiert er unheilsschwanger, wie das Grauen in die
selbsternannte Idylle des amerikanischen Vororts einbricht. Visuell ist Halloween ein gelungener Film, und auch
die Musik ist hervorragend, wenn auch im Film etwas inflationär und manchmal
schlicht unpassend eingesetzt. Doch gerade mit dem Theme hat Carpenter einen
Klassiker geschaffen, dessen mannigfaltiger Einsatz in anderen Medien die Frage
aufwirft, ob sein Schöpfer inzwischen von den Tantiemen nur dieses einen
Stückes leben kann.
Halloween ist ein Klassiker, keine Frage, und als Cineast und
gerade als Genrefan kommt man kaum um ihn herum. Doch neben der beneidenswert
souveränen Handwerkskunst, die Carpenter bei seinem dritten Film demonstriert,
ist der Film weit weniger spannend, als es die Spatzen von den Dächern pfeifen.
So versagt der Film bis auf einige kleinere Ausnahmen auf dem wichtigsten
Gebiet des Horrorfilms. Solange Halloween
– Die Nacht des Grauens besonders von US-Kritikern immer wieder als
besonders gelungener Genrefilm ins Feld geführt wird, werden auch noch weitere
Generationen mit der Enttäuschung fertig werden müssen, die der Satz „Don’t
believe the Hype“ mit sich bringt.
Als jemand für den "Halloween" zu den Lieblings-Horrorfilmen gehört, sehe ich das natürlich völlig anders, zumal sich Carpenmter nicht auf die Schocks konzentriert, sondern auf einen durchgehend hochspannenden Grundton. Viel trauriger bin ich allerdings darüber, dass Du (wahrscheinlich weil nur TV-Film?) den tollen "Das unsichtbare Auge" ausgelassen hast, den man als eine Art Fingerübung Carpenters zu "Halloween" betrachten kann. Der ist leider viel zu unbekannt, weswegen das Nachreichen einer Besprechung ganz toll wäre! :)
AntwortenLöschenJa, ich habe mir schon gedacht, dass die "Halloween"-Rezension Unmut auslösen würde. Tut mir leid, aber ich habe wirklich versucht, das in dem Film zu sehen, was alle anderen sehen. Aber es ist mir nur bedingt gelungen. Ich halte Slasher-Filme allgemein für etwas problematisch, auch wenn Carpenters Handwerk natürlich vorbildlich ist.
LöschenUnd ja auch dazu, dass "Das fliegende Auge" nicht im #Carpentober vertreten sein wird, da ich mich zunächst nur auf die Kinofilme beschränken werde. Aber da ich meine treuen Leser nicht enttäuschen möchte, könnte ich mir vorstellen, den als "Bonus" noch nachzuschieben... ;-)
..."Das unsichtbare Auge"... "Das fliegende Auge" ist was anderes... :-D
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