DIE MÄCHTE DES
WAHNSINNS
(John Carpenter’s In The Mouth of Madness)
USA 1994
Dt. Erstaufführung: 23.02.1995
Regie: John Carpenter
Dt. Erstaufführung: 23.02.1995
Regie: John Carpenter
Die Mächte des Wahnsinns ist eine
Entschuldigung für Jagd auf einen
Unsichtbaren. Anders kann man die Kompromisslosigkeit, mit der Carpenter
sich wieder dem Horrorgenre zuwendet, kaum erklären. Im Gegensatz zur
gefälligen Auftragsarbeit mit Chevy Chase spürt man hier wieder das Herzblut
des Regisseurs, seine Leidenschaft für düstere Stoffe und vor allem seine
gestalterische Handschrift. Als Abschluss der intern so genannten
„apokalyptischen Trilogie“, die mit Das
Ding aus einer anderen Welt begann und mit Die Fürsten der Dunkelheit fortgesetzt wurde, ist der Film ein
Liebesbrief in Richtung H.P. Lovecraft, herrlich verschroben, genuin spannend
und damit schlicht gute Genreunterhaltung.
Sutter Caine ist
verschwunden. Der weltweit obszön erfolgreiche Horrorautor steht kurz vor der
Veröffentlichung seines neusten Romans namens „Die Mächte des Wahnsinns“, der
so geheim gehalten wurde, dass nicht einmal seine Lektorin und sein Verleger
das Manuskript bisher zu Gesicht bekommen haben. Die beiden beauftragen den
Privatdetektiv John Trent (Sam Neill) damit, Caine aufzuspüren. Dessen
Nachforschungen führen ihn in das verschlafene Städtchen Hobb’s End, dass sich
nach kurzer Zeit als gar nicht so pittoresk erweist, wie es zunächst den
Anschein hatte…
Die Mächte des Wahnsinns „messes with
your mind“, um eine treffende angloamerikanische Umschreibung zu verwenden. Er
verdreht nicht nur die lineare Logik der alltäglichen Wahrnehmung, sondern auch
die des Films und nutzt dabei gekonnt die dem Medium sowieso innewohnende
Jahrmarktattraktion der Illusion. Gerade ein Film wie dieser offenbart, wie
sehr man sich als Zuschauer doch auf eine „gewohnte“, sprich nicht sonderlich
herausfordernde Dramaturgie, einstellt, obwohl doch der Film per se zu so gut
wie allen Formen der Illusion fähig ist – und damit sind nicht nur elaborierte
Effekte gemeint. Schon ein unerwarteter Gegenschnitt kann das Publikum aus dem
Konzept bringen und John Carpenter weiß sehr gut um die Wirkung des Aufbrechens
von gängigen Spielfilmstrukturen. Verbunden mit den Lovecraft’schen
Horrorbildern, die immer stets aus dem Unbewussten direkt entstiegen zu sein
scheinen, entfaltet Die Mächte des
Wahnsinns eine beachtliche Sogwirkung.
Dabei kommt vor
allem das Alptraumhafte dem Film sehr zugute. Wie in jedem zünftigen schlechten
Traum erscheinen Menschen aus dem Nichts, können Schauplätze unvorhergesehen
wechseln, transformiert sich das Alltägliche ins Monströse. Dabei vermischt der
Film gekonnt bekannte Versatzstücke aus dem Kosmos sowohl H.P. Lovecrafts als
auch Stephen Kings. Man muss nicht einmal einen Roman eines der beiden Autoren
gelesen haben, ihre stilistischen Merkmale haben sich so ins kollektive
Medienbewusstsein eingebrannt, dass Carpenter nicht viel erklären muss. Zumal
sich sein Regiestil wieder einmal als äußerst passend für diese Art der
Geschichte erweist.
Sam Neill, in Jagd auf einen Unsichtbaren noch der
durchaus ansehnliche over-the-top
Schurke, findet hier eine gute Balance zwischen abgebrühten Detektiv (eine
Rolle, für die Neill wie geschaffen ist) und Mann, der zunehmend an seinem
gesunden Menschenverstand zweifelt. Neill steckt sehr viel mehr Elan in seine
Rolle, als man bei der Prämisse erwarten dürfte und demontiert gekonnt sein Jurassic Park-Image. Alle anderen
Figuren treten dagegen in den Hintergrund.
Die Mächte des Wahnsinns ist ein
atmosphärischer Horrorfilm mit einem gekonnt entwickelten Spannungsbogen.
Getragen von einem gut aufgelegten Sam Neill und einem John Carpenter, der zu
alter Form zurückgefunden hat, ist dies ein Kleinod für Genrefans. Und für alle,
die sich noch an ihren letzten lebhaften Alptraum erinnern können.
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