Mittwoch, 1. Oktober 2014

Dark Star - Finsterer Stern (1974)




DARK STAR – FINSTERER STERN
(Dark Star)
USA 1974
Dt. Erstaufführung: 09.02.1979
Regie: John Carpenter

Sechs Jahre vor dem Regiedebüt von John Carpenter kam Stanley Kubricks 2001 – Odyssee im Weltraum ins Kino, bis heute nicht nur einer der wichtigsten, sondern auch besten Filme der Kinogeschichte. Dark Star – Finsterer Stern ist nun so eine Art Anti-2001. Nicht im Sinne einer Parodie, sondern vielmehr in seinem sehr viel nüchterneren Blick auf die potenzielle Raumfahrt der Zukunft. 2001 verhandelt den Platz des Menschen im Kosmos, spannt den Bogen von unserer Vergangenheit bis in die mögliche Zukunft und entwirft ein möglichst realistisches Bild des Aufbruchs der Menschheit in All. In Dark Star dagegen ist das All ein wenig stimulierender Arbeitsplatz, die Menschheit sucht keine Erkenntnisse, sondern Expansionsfläche und die einzig bekannte außerirdische Lebensform ist ein Wasserball. Das Debüt des Mannes, der zu einem der bekanntesten Horrorregisseure überhaupt werden sollte, ist eine ironische, unterhaltsame, mitunter auch angenehm alberne Fingerübung, die in der Rückschau an Wert gewinnt anstatt abzubauen.

Die Zukunft: In den Tiefen des Alls ist das Raumschiff „Dark Star“ unterwegs, um mithilfe intelligenter Bomben „instabile“ Planeten zu beseitigen, um kommenden Generationen einen sicheren Kolonisationsraum zu bieten. Während auf der Erde Jahrzehnte seit dem Start vergangen, sind die Astronauten durch die Reise mit Überlichtgeschwindigkeit nur um drei Jahre gealtert. Die Kommunikation mit der Heimat ist zehn Jahre zeitversetzt, benötigte Reparaturteile können nicht zum Schiff gelangen. Der Alltag ist von Langeweile geprägt und langsam wird die vier Mann starke Besatzung zunehmend wunderlicher, vor allem, seit dem ihr Captain bei einem Unfall getötet wurde. Als dann eines Tages der bordeigene Außerirdische anfängt, einem Crewmitglied krude Streiche zu spielen und eine Bombe noch angedockt ans Schiff zu explodieren droht, spitzt sich die Lage langsam zu…

Am besten funktioniert Dark Star als Antithese zu den optimistischen und philosophischen Science-Fiction-Erzählungen seiner Zeit. Das Raumschiff ist nicht als Wohnort konzipiert, sondern rein pragmatisch. Außerdem beginnt es langsam zu zerfallen. Die Astronauten sind keine Entdecker und Helden, sondern gelangweilte Arbeiter, die sich untereinander auch nicht wirklich riechen können. Die pragmatische Sichtweise auf die Arbeit im All, die von Malochern ausgeführt wird, sollte sich 1979 in Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt wiederfinden, für den Dan O’Bannon, der hier zusammen mit Carpenter das Drehbuch verfasste und in der Rolle des Sgt. Pinback zu sehen ist, das Buch verfasste. Streicht man den Humor heraus, ist Dark Star ohnehin eine interessante Blaupause für den späteren Ridley-Scott-Erfolg, inklusive einer Jagd auf einen Außerirdischen durch dunkle Schächte. In dieser Szene schafft es Carpenter sogar, Spannung aufzubauen, obschon das, was in der Dunkelheit lauert, grandios billig ist.

Billig ist ohnehin ein Stichwort, das in rein finanzieller, nicht inhaltlicher, Art auf Dark Star zutrifft. Das Budget betrug nur 60.000 $ und unter diesen Umständen kann man O’Bannon und Carpenter nur zu ihrem Werk beglückwünschen, schaffen sie es doch, trotz aller Abstriche bei den Effekten und der Ausstattung einen atmosphärischen Film zu schaffen, dessen wenig spektakuläre Optik dem Inhalt zum Vorteil gereicht. Die Prämisse vom langweiligen Dienst im Weltraum wird dadurch nur noch verstärkt.
Der Humor ist es aber letztlich, der Dark Star so sehenswert macht. Der Film ist voller wunderbar skurriler Einfälle und süffisanter Dialoge. Es beginnt mit der Übertragung von der Erde („Wir finden eure Arbeit klasse, aber es gab Budgetkürzungen. Wir unterstützen euch mental.“), geht über den entwaffnend billigen Außerirdischen (wirklich nicht mehr als ein handelsüblicher, aufblasbarer Wasserball, angepinselt und mit Entenfüßen versehen) bis zur Diskussion mit der Bombe, in der Astronaut Doolittle (Brian Narelle) sie davon zu überzeugen versucht, nicht zu explodieren. Warum, zum Teufel, ist die Bombe überhaupt intelligent und verfügt über ein Bewusstsein? Wer baut so etwas? Würde man Dark Star ein Remake verpassen, es wäre heute wahrscheinlich eine intelligente Drohne…

Am meisten dürfte Dark Star Genrefans und Cineasten ansprechen. Sein sehr spezieller Charme und sein augenzwinkernder, manchmal über mehrere Ecken gedachter Humor sind sicherlich nicht jedermanns Sache. Doch ein Film, der Philip K. Dick Tribut zollt und an dessen Ende ein Surf-Fan die wirklich ultimative Welle reitet, kann so schlecht nicht sein. Dark Star hat die Unerschrockenheit eines studentischen Erstlingswerks und heißt seine Beschränkungen willkommen, anstatt sie krampfhaft verleugnen zu wollen. Und er wird nur stärker dadurch.




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