ASSAULT – ANSCHLAG
BEI NACHT
(Assault on Precinct 13)
USA 1976
Dt. Erstaufführung: 09.03.1979
Regie: John Carpenter
Dt. Erstaufführung: 09.03.1979
Regie: John Carpenter
ACHTUNG!
Die folgende Besprechung enthält einen entscheidenden Spoiler, der dem
unbedarften Zuschauer einen der besten Schockeffekte des Kinos zerstören
könnte. Ihr wurdet gewarnt.
Mit seiner zweiten Regiearbeit
nach dem skurrilen Dark Star – Finsterer
Stern machte John Carpenter klar, dass er nicht in der familienfreundlichen
Ecke bleiben würde. Dark Star war in
Deutschland ab 6 freigeben, Assault
erhielt die Freigabe ab 18 und war bis 2005 indiziert (inzwischen ist er auf
„ab 16“ heruntergestuft und frei verkäuflich). Der Grund ist einfach: auch wenn
Assault nicht vollkommen frei von
Humor ist, liegt der Fokus doch auf Action, Gewalt und der spannenden
Atmosphäre. In keinem bekannten Universum würde er als große Kunst durchgehen,
aber als Genrefilm ist er ungemein stark. Assault
– Anschlag bei Nacht gilt als einer, wenn nicht der, beste Carpenter-Film
und es ist müßig, dagegen anzureden.
Der frisch beförderte Polizist
Ethan Bishop (Austin Stoker) soll es ruhig angehen und in seiner ersten Nacht
die letzten verbliebenden Mitarbeiter eines so gut wie geschlossenen
Polizeireviers in Anderson, einem Ghetto von Los Angeles, unterstützen. Doch in
der Nacht zuvor wurde eine Kette unglücklicher Ereignisse in Gang gesetzt:
mehrere Mitglieder einer Straßengang wurden durch die Polizei getötet, nachdem
sie eine Vielzahl an Feuerwaffen gestohlen hatten. Ihre Anführer schwören Rache
und als einer von ihnen (Frank Doubleday) bei seiner Suche nach einem ersten
Opfer für die aufgestaute Wut ein kleines Mädchen erschießt, spitzt sich die
Lage zu. Der Vater des Mädchens, Lawson (Martin West) kann zwar den Aggressor
aufspüren und töten, lockt dessen Gang aber bei seiner Flucht zu Bishops
Polizeistation. Dort hat inzwischen auch noch ein Gefangenentransport Halt
gemacht, um einen der Delinquenten medizinisch zu versorgen. Mit einer
Übermacht an aufgehetzten Gangmitgliedern draußen und einer wenig beeindruckenden
Anzahl von Polizisten und Gefangenen innen beginnt ein gnadenloser Kampf…
Assault ist Die Nacht der
lebenden Toten ohne Zombies. Oder eine modernisierte Version des
Westernklassikers Rio Bravo. John
Carpenter hat den Einfluss beider Filme nie abgestritten und dennoch ist sein
Actionreißer ein Film, der auch gut auf eigenen Beinen stehen kann. Carpenter
holt das maximal mögliche aus der Prämisse heraus, er macht den
Belagerungszustand für den Zuschauer erfahrbar und der Mord an dem Mädchen hat
sich als einer der großen Genremomente etabliert, weil er vollkommen aus dem
Nichts kommt und Konventionen in Frage stellt. Kann man einen Film dieser Art
drehen, ohne in seinen Handlungen und Bildern konsequent zu sein? Carpenters
Gewalt ist kompromisslos, findet aber, ganz im Gegensatz zu vielen Actionfilmen
des neueren Baujahrs auch Momente jenseits des Effekts. Menschliches Leben ist
Carpenter nicht so egal wie etwa Zack Snyder oder Eli Roth, seine Figuren
fühlen etwas im Angesicht von Tod und Gefahr. So hat auch der verurteilte
Mörder Napoleon Wilson (Darwin Joston) einen ethischen Kompass und der Film
lässt es offen, ob ihn dies zumindest teilweise rehabilitiert. Das Kernelement
von Assault ist denn auch die Dynamik
zwischen den Überlebenden des Reviers.
Assault – Anschlag bei Nacht lebt zudem von der Musik Carpenters,
die treibend Spannung erzeugt und sein auch später unter Beweis gestelltes
Talent als Komponist eingängiger Scores zum ersten Mal präsentierte (die Musik
von Dark Star, für die sich ebenfalls
Carpenter verantwortlich zeigte, war weitaus weniger präsent oder prägnant).
Das Theme macht bereits klar, dass der Film keine Gefangenen nimmt.
Hinzu kommt eine gelungene
Kameraarbeit und eine zum Schneiden dichte Atmosphäre, die den heutigen Zuschauer
ohne Schnörkel in die 1970er Jahre zurückversetzt.
Am Ende des Tages ist Assault ein B-Movie, keine Frage, aber
dafür eins der Besseren. Alle Elemente greifen so beneidenswert gut ineinander,
dass der Film neunzig Minuten exzellente Unterhaltung garantiert. Man mag die
Gangmitglieder zu offensichtlich an George A. Romeros Zombies angelehnt finden
in ihrem völlig kopflosen Versuch, das Revier zu überrennen und man darf
bedauern, dass Carpenter das Potenzial einer Figur wie dem von Frank Doubleday dargestellten
Warlord schlicht verschenkt, aber unterm Strich ist Assault – Anschlag bei Nacht einer der zu Unrecht bei den meisten
Kinozuschauern in Vergessenheit geratener Actionfilm. Wenn das hoffnungslos
unterlegene Remake Das Ende – Assault on
Precinct 13 für etwas gut war, dann dafür, mehr Menschen an Carpenters
Original heranzuführen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen