Donnerstag, 2. Oktober 2014

Assault - Anschlag bei Nacht (1976)




ASSAULT – ANSCHLAG BEI NACHT
(Assault on Precinct 13)
USA 1976
Dt. Erstaufführung: 09.03.1979
Regie: John Carpenter

ACHTUNG! Die folgende Besprechung enthält einen entscheidenden Spoiler, der dem unbedarften Zuschauer einen der besten Schockeffekte des Kinos zerstören könnte. Ihr wurdet gewarnt.

Mit seiner zweiten Regiearbeit nach dem skurrilen Dark Star – Finsterer Stern machte John Carpenter klar, dass er nicht in der familienfreundlichen Ecke bleiben würde. Dark Star war in Deutschland ab 6 freigeben, Assault erhielt die Freigabe ab 18 und war bis 2005 indiziert (inzwischen ist er auf „ab 16“ heruntergestuft und frei verkäuflich). Der Grund ist einfach: auch wenn Assault nicht vollkommen frei von Humor ist, liegt der Fokus doch auf Action, Gewalt und der spannenden Atmosphäre. In keinem bekannten Universum würde er als große Kunst durchgehen, aber als Genrefilm ist er ungemein stark. Assault – Anschlag bei Nacht gilt als einer, wenn nicht der, beste Carpenter-Film und es ist müßig, dagegen anzureden.

Der frisch beförderte Polizist Ethan Bishop (Austin Stoker) soll es ruhig angehen und in seiner ersten Nacht die letzten verbliebenden Mitarbeiter eines so gut wie geschlossenen Polizeireviers in Anderson, einem Ghetto von Los Angeles, unterstützen. Doch in der Nacht zuvor wurde eine Kette unglücklicher Ereignisse in Gang gesetzt: mehrere Mitglieder einer Straßengang wurden durch die Polizei getötet, nachdem sie eine Vielzahl an Feuerwaffen gestohlen hatten. Ihre Anführer schwören Rache und als einer von ihnen (Frank Doubleday) bei seiner Suche nach einem ersten Opfer für die aufgestaute Wut ein kleines Mädchen erschießt, spitzt sich die Lage zu. Der Vater des Mädchens, Lawson (Martin West) kann zwar den Aggressor aufspüren und töten, lockt dessen Gang aber bei seiner Flucht zu Bishops Polizeistation. Dort hat inzwischen auch noch ein Gefangenentransport Halt gemacht, um einen der Delinquenten medizinisch zu versorgen. Mit einer Übermacht an aufgehetzten Gangmitgliedern draußen und einer wenig beeindruckenden Anzahl von Polizisten und Gefangenen innen beginnt ein gnadenloser Kampf…

Assault ist Die Nacht der lebenden Toten ohne Zombies. Oder eine modernisierte Version des Westernklassikers Rio Bravo. John Carpenter hat den Einfluss beider Filme nie abgestritten und dennoch ist sein Actionreißer ein Film, der auch gut auf eigenen Beinen stehen kann. Carpenter holt das maximal mögliche aus der Prämisse heraus, er macht den Belagerungszustand für den Zuschauer erfahrbar und der Mord an dem Mädchen hat sich als einer der großen Genremomente etabliert, weil er vollkommen aus dem Nichts kommt und Konventionen in Frage stellt. Kann man einen Film dieser Art drehen, ohne in seinen Handlungen und Bildern konsequent zu sein? Carpenters Gewalt ist kompromisslos, findet aber, ganz im Gegensatz zu vielen Actionfilmen des neueren Baujahrs auch Momente jenseits des Effekts. Menschliches Leben ist Carpenter nicht so egal wie etwa Zack Snyder oder Eli Roth, seine Figuren fühlen etwas im Angesicht von Tod und Gefahr. So hat auch der verurteilte Mörder Napoleon Wilson (Darwin Joston) einen ethischen Kompass und der Film lässt es offen, ob ihn dies zumindest teilweise rehabilitiert. Das Kernelement von Assault ist denn auch die Dynamik zwischen den Überlebenden des Reviers.

Assault – Anschlag bei Nacht lebt zudem von der Musik Carpenters, die treibend Spannung erzeugt und sein auch später unter Beweis gestelltes Talent als Komponist eingängiger Scores zum ersten Mal präsentierte (die Musik von Dark Star, für die sich ebenfalls Carpenter verantwortlich zeigte, war weitaus weniger präsent oder prägnant). Das Theme macht bereits klar, dass der Film keine Gefangenen nimmt.
Hinzu kommt eine gelungene Kameraarbeit und eine zum Schneiden dichte Atmosphäre, die den heutigen Zuschauer ohne Schnörkel in die 1970er Jahre zurückversetzt.

Am Ende des Tages ist Assault ein B-Movie, keine Frage, aber dafür eins der Besseren. Alle Elemente greifen so beneidenswert gut ineinander, dass der Film neunzig Minuten exzellente Unterhaltung garantiert. Man mag die Gangmitglieder zu offensichtlich an George A. Romeros Zombies angelehnt finden in ihrem völlig kopflosen Versuch, das Revier zu überrennen und man darf bedauern, dass Carpenter das Potenzial einer Figur wie dem von Frank Doubleday dargestellten Warlord schlicht verschenkt, aber unterm Strich ist Assault – Anschlag bei Nacht einer der zu Unrecht bei den meisten Kinozuschauern in Vergessenheit geratener Actionfilm. Wenn das hoffnungslos unterlegene Remake Das Ende – Assault on Precinct 13 für etwas gut war, dann dafür, mehr Menschen an Carpenters Original heranzuführen.



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