DAS DING AUS EINER
ANDEREN WELT
(The Thing)
USA 1982
Dt. Erstaufführung: 22.10.1982
Regie: John Carpenter
Dt. Erstaufführung: 22.10.1982
Regie: John Carpenter
Was kann
man über Das Ding aus einer anderen Welt noch
erzählen, was dem Cinephilen nicht schon längst bekannt ist? Das Remake des
Genreklassiker von 1951, seinerseits basierend auf der Kurzgeschichte Who goes there? (Wer da?) von John W.
Campbell, gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Vertretern des
Science-Fiction-Horrors, er ist zudem eine bis heute beeindruckende Zurschaustellung
der tricktechnischen Möglichkeiten und eine Leistungsschau in der kunstvollen
Deformation von menschlichen Körpern. Gerade aufgrund letzteren Aspekts war der
Film lange Zeit in Deutschland indiziert, inzwischen kann die ungeschnittene
Fassung mit dem Siegel „ab 16“ frei verkauft werden. Allein dieser Umstand lädt
zu einer rezeptionsgeschichtlichen Betrachtung ein. Das Ding aus einer anderen Welt kann durchaus als fordernder Film
angesehen werden, nicht nur im Hinblick auf die sich verändernden Rahmenbedingungen
des Jugendschutzes, sondern auch mit Blick auf das Publikum. So kann man
tatsächlich darüber streiten, ob eine Freigabe ab 16 nicht etwas tief gestapelt
ist, denn John Carpenters Film stellt den Zuschauer vor die Herausforderung,
mit der hoffnungslosen und düsteren Atmosphäre zurechtzukommen. Bis dato
Carpenters dichtester Film, ist Das Ding
sicherlich kein Wohlfühlfilm, gerade aber für Genrefreunde eine durchaus
lohnende Erfahrung.
Eine US-amerikanische
Forschungsstation in der Eiswüste der Antarktis: als ein norwegischer
Helikopter von einer anderen Station auftaucht, versucht, einen fliehenden
Husky zu töten und die beiden Insassen dabei ums Leben kommen, gehen die Männer
der Sache nach und finden Hinweise darauf, dass die Norweger etwas Außerirdisches
im Eis gefunden hatten. Doch die norwegische Einrichtung ist zerstört, die
Amerikaner unter der Leitung von Pilot MacReady (Kurt Russell) finden lediglich
unheimliche Artefakte vor. Was sie noch auf drastische Art herausfinden werden:
ihre europäischen Kollegen haben ein aggressives Alien wieder ins Leben geholt,
dass dereinst aus dem All kommend im Eis einfror und jede Gestalt annehmen kann
(aber auch gern in amorphen Teilstücken auftritt) – und es hat sich in Form des
Husky Zutritt zur Station verschafft…
Das Ding aus einer anderen Welt ist eine tricktechnische
Wundertüte. Tentakel wachsen aus Hundekörpern, Köpfe platzen auf, Zähne klaffen
in Bauchwunden, Spinnenbeine brechen aus Schädeln – was das Effektteam rund um
Rob Bottin geschaffen hat, hat eine geradezu zeitlose Qualität und kann es mit
allen modernen Gore-Darstellungen aufnehmen. Doch es bleibt die Frage, ob dies
reicht. Das Ding ist eine explizite
Geisterbahnfahrt, nach diesem Muster muss hinter jeder Ecke ein noch größerer
Schock warten als der Vorangegangene, was selbstredend Abnutzungserscheinungen
mit sich bringt. Zudem Carpenter nichts der Fantasie überlässt – meistens sind
die Auftritte des Monsters gut ausgeleuchtet und für jedermann sichtbar. Das
ist zwar eine weitere Adelung der Effekte, hat mit dem wohligen Grusel des
Originals aber nicht mehr viel zu tun. Das
Ding ist Terrorkino in Reinkultur.
Ist der Film deshalb zumindest
partiell ein Misserfolg, steht seine Sucht nach immer aufwendigeren,
erschreckenderen Darstellungen ihm selbst im Weg? Bemerkenswerter Weise nicht
und hier profitiert der Film von Carpenters inzwischen äußerst selbstsicherer Regie.
Denn Das Ding ist nicht nur in seinen
Deformationen wohlkomponiert, sondern auch in seiner gelungenen Darstellung von
Paranoia. Da das Wesen jede Gestalt annehmen und sich so nahezu perfekt tarnen
kann, ist jeder im Team verdächtig. Dabei fragt man sich zwar schon, warum das
Team derartig groß sein muss, so dass kaum Zeit für alle Charaktere bleibt (die
meisten sind nur dazu da, vom Alien absorbiert und dann verunstaltet zu werden)
oder warum der Aggressor meistens so aufwendige und offensichtliche Manöver
gebraucht, anstatt alle Menschen heimlich und still zu infizieren, aber es ist
die unheilvolle Atmosphäre, die sich verschiebenden Allianzen in der
ausschließlich männliche Gruppe, die Das
Ding auch jenseits des Tricks unterhaltsam macht. So kann man den Film auch
als Fortschreibung des politischen Subtext von Die Klapperschlange lesen – nichts ist sicher, jeder könnte ein
gemeingefährlicher Opportunist sein. Durch den Infizierungscharakter bietet
sich Das Ding zudem als Kommentar zur
AIDS-Welle an, die, zunächst unerklärbar und unheimlich, Amerika in den frühen
1980er Jahren erfasste.
Nach dem unterhaltsamen, aber
unspektakulären The Fog – Nebel des
Grauens und der leidlich involvierenden Genre-Travestie Die Klapperschlange ist Das Ding aus einer anderen Welt nicht
nur Carpenters Rückkehr zur Klaustrophobie eines Assault – Anschlag bei Nacht, sondern einer seiner
wohlkomponiertesten Filme. Dramaturgisch geht er trotz der grellen
Effektausbrüche relativ subtil vor, über die handwerkliche Qualität wurde nun
bereits genug des Lobes gesagt, die Inszenierung ist kompakt und trotz der
Offensichtlichkeit der Deformationen oftmals spannend. Das Ding aus einer anderen Welt ist feinstes Genrekino und nicht zu
Unrecht einer von Carpenters bekanntesten und beliebtesten Filmen.
Wie findest du denn die 2011er Anlehnung an diesen Film hier? Ich muss gestehen, dass ich den atmosphärisch durchaus ebenso gelungen finde wie Carpenters 'Original', wenn nicht sogar stellenweise besser.
AntwortenLöschenHmmm...ich sollte eine Rezension davon wohl demnächst als Ergänzung hinterher schicken, was? Nur so viel: so ganz überzeugt bin ich nicht, aber auch nicht vollkommen enttäuscht.
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