Mittwoch, 8. Oktober 2014

Die Klapperschlange (1981)




DIE KLAPPERSCHLANGE
(Escape from New York)
USA 1981
Dt. Erstaufführung: 03.09.1981
Regie: John Carpenter

Wieder sind es die bösen, bösen US-Kritiker, die einen Film hochhalten, der seinem Kultstatus nicht gerecht wird. Die Klapperschlange ist der fünfte Film von John Carpenter und der erste, dem man das Prädikat „Mittelmaß“ zusprechen muss. Bereits die vorherigen Filme Halloween – Die Nacht des Grauens und The Fog – Nebel des Grauens waren durchwachsen, aber Die Klapperschlange ist noch einmal einen Hauch darunter anzusiedeln. Die Öffnung des Handlungsspielraums, die sich in The Fog bereits abzeichnete, wird hier noch weiter betrieben und führt interessanterweise zu einem Verlust der bisher am stärksten hervorgetretenen Carpenter-Elemente wie dem gekonnten Einsatz eines räumlich recht klar definierten Ortes. Natürlich kann man New York in diesem Kontext als größere Variante der Polizeistation aus Assault – Anschlag bei Nacht ansehen, aber es fehlt das Gefühl der Enge, der Klaustrophobie. Hinzu kommen eine geradezu frustrierend wenig genutzte Prämisse und ein Antiheld, dessen Coolness etwas zu sehr im luftleeren Raum hängt.

In der fernen Zukunft des Jahres 1988 erreicht die Kriminalitätsrate in den Vereinigten Staaten bedenkliche Höhen. Kurzerhand wird die ohnehin zum Moloch verkommende Metropole New York City zu einem Hochsicherheitsgefängnis umfunktioniert, dass lediglich an den jenseits der Wasserwege gelegenen Punkten von der zur Army mutierten Polizei bewacht wird. Innerhalb des Sektors sind die Gefangenen sich selbst überlassen und es gilt die Regel: „Wer einmal drin ist, kommt nie wieder raus.“ Doch als 1997 das Flugzeug des Präsidenten (Donald Pleasence) in Manhattan abstürzt, rekrutiert man doch den Neuzugang, den wortkargen Snake Plissken (Kurt Russell), um das Staatsoberhaupt zu retten. Mit einem verzögert wirkenden Nervengift entsprechend motiviert, bleiben Snake nur wenige Stunden, um den Präsidenten und sich selbst zu retten…

Die Klapperschlange hat Fans. Viele Fans. Und es gibt ein paar Anhaltspunkte, warum das so ist. Zum einen wäre da Kurt Russell, der wahrscheinlich viel Freude an der Rolle des mürrischen „rebel without a cause“ hatte, dessen Coolness aber, wie erwähnt, etwas zu aufgesetzt, etwas zu forciert wirkt. Man erfährt sehr wenig über Snake, man soll seine „Bad Boy“-Attitüde aber sofort goutieren. Warum er so ist, wie er ist, darüber schweigt sich der Film ziemlich aus und der Charakter erfährt so zu wenig Legitimation.
Zum anderen ist da die wirklich herrliche Pulp-Idee, die gleichermaßen Schreckensbild und Satire auf die Reagan-Ära ist. Auch hier geizt der Film so sehr mit Blicken hinter den Vorhang, mit einer Einbettung des Gefängnisses in die weiteren politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse dieser möglichen Zukunft aus dem Jahr 1981, dass das Konzept als wenig genutzt erscheint. Die Mission der Männer in Dark Star – Finsterer Stern wurde mit simplen Mitteln besser in einen sozialen Kontext eingebunden als hier die Abspaltung eines Landesteils zur Verwahrung von Kriminellen.
Und dann wäre da noch ein behaupteter „Fun-Faktor“. Die Klapperschlange soll Spaß machen, kann aber nur in wenigen Momenten wirklich überzeugen. Trotz der Dringlichkeit, die der Prämisse innewohnt, springt der Funken nie ganz über, nie kommen Plot und tatsächliches Filmtempo überein. Die Action ist spärlich und vor allem der Showdown bemerkenswert belanglos (und mit viel überflüssiger Charakter-Entsorgung angereichert), es gibt einen immer wieder aufblitzenden humoristischen Unterton, der aber auch nicht mit dem Rest des Films eine Einheit einzugehen versteht. Die Klapperschlange ist ein kurioses Potpourri aus den verschiedensten Elementen, die sich schwertun, ein kohärentes Ganzes zu bilden.

So ist Die Klapperschlange in letzter Konsequenz ein Film, der auf ganz merkwürdige Art in der Schwebe feststeckt. Mal hart an der Grenze zur absurden Komödie, dann wieder düstere Gesellschaftskritik, dann wieder generischer Actionfilm – schon das musikalische Thema, dass wie gewohnt von Carpenter selbst geschrieben wurde, ist das bis dato unentschlossenste und damit belangloseste seine Diskographie. Die Klapperschlange ist ein Kultfilm, dessen Kult schwer nachzuvollziehen ist. Vielleicht ist es gerade die Uneineindeutigkeit, der „beautiful mess“, der zu seinem Status beigetragen hat, das Potenzial zu etwas großem. Doch so ganz kann zumindest ich das Gefühl nicht abschütteln, es hier mit einem von Carpenters weniger erinnerungswürdigen Werken zu tun zu haben.



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