FLUCHT AUS L.A.
(John Carpenter’s
Escape from L.A.)
USA 1996
Dt. Erstaufführung: 31.10.1996
Regie: John Carpenter
Dt. Erstaufführung: 31.10.1996
Regie: John Carpenter
Dem
aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass dieser Rezensent hier kein
Fan von John Carpenters Die
Klapperschlange ist, trotz seiner loyalen und offensichtlich stetig
wachsenden Fanbasis. Die wütende Allegorie auf die Reagan-Ära ist mehr ein obskurer
Genremix mit einem Helden, dessen Coolness zu unlegitmiert daherkommt. Doch Die Klapperschlange ist ein Kultfilm und
es war nur eine Frage der Zeit, bis auch John Carpenter in den unkreativen
Vermarktungssog der Filmwirtschaft hineingezogen werden würde. Bereits der
vorangegangene Film, Das Dorf der
Verdammten, war ein unnötiges Remake, Flucht
aus L.A. ist nun eine unnötige Fortsetzung. Doch eins muss man Carpenter
und allen, die an diesem dreisten Versuch der Geldschinderei beteiligt gewesen
waren, lassen: sie hatten durchaus Spaß an der Sache, der sich – zumindest
partiell – auf den Zuschauer überträgt.
Neben New York
ist nun auch Los Angeles zu einem Gefängnis für die von der Regierung
unerwünschten Personen geworden. Nach einem verherrenden Erdbeben eine vom
Festaland abgetrennte Insel regiert hier die Anarchie – in die wieder einmal
der Outlaw Snake Plissken (Kurt Russell) deportiert werden soll. Doch da die
Präsidententochter hat ein Gerät (sprich: McGuffin) gestohlen, dass die
Zivilisation technologisch in die Steinzeit zurückwerfen könnte, um es einem
Rebellenführer in L.A. zu überbringen, wird Snake einmal mehr rekrutiert, um,
durch die Injektion eines zeitversetzt tödlichen Virus entsprechend motiviert,
für die faschistische Regierung einen Auftrag unter den von der Gesellschaft
ausgestoßenen zu erledigen…
Flucht aus L.A. ist ein einziger
Trashfilm und er weiß sehr gut um diese Existenz, was ihn vor einem
Totalausfall bewahrt. Gewiss kann man immer noch die Sinnfrage stellen, auch im
Hinblick darauf, dass der Film narrativ doch sehr nah am Original bleibt –
sprich: er ist im Grund nur eine Kopie. Doch die kruden, bizarren und schlicht
bekloppten Einfälle häufen sich, so darf Plissken sich beispielsweise als
Surfer betätigen und am Ende die verlotterte Gesellschaft endgültig ins Aus
katapultieren. Die Effekte sind fast durchweg mies, die Computeranimationen auf
dem Niveau eines schnell zusammengerechneten Computerspiels (inklusive eines
sagenhaft schlechten Hais), einzig die physischen Effekte entbehren nicht einer
gewissen Handwerkskunst. Flucht aus L.A.
münzt seinen Schrott-Appeal auf dreiste, aber irgendwie auch liebenswerte Weise
zu seinem Vorteil um. Im Gegensatz zu Die
Klapperschlange funktioniert der humoristische Aspekt, weil sich der Film
eindeutiger positioniert.
So sind gerade
die poltischen Seitenhiebe einmal mehr besonders gelungen. Der Präsident ist
ein religiöser Fanatiker, der kurzerhand sein Heimatnest zur Hauptstadt der USA
ernennt und Atheismus per Gesetzt verbieten lässt. Der Staatsapparat wird noch
deutlicher zum faschistischen Regime, dass seine eng definierten Moralgesetzte
den Menschen aufzwingt – ob sie nun wollen, oder nicht. Deutlicher als in Die Klapperschlange ist das großflächige
Gefängnis nicht nur von „wirklichen“ Kriminellen bevölkert, sondern auch von
Leuten, die sich nicht den rigiden Vorstellungen der Herrschenden unterwerfen
wollten. In gewisser Weise ist L.A. hier ein riesiges Konzentrationslager, was
den Exploitation-Charakter der ganzen Produktion nur weiter unterstreicht.
Es dürfte kein
Universum existieren, in dem Flucht aus
L.A. als großes Kino durchgehen würde (es sei denn, in diesem Universum
existieren ansonsten nur Filme von Michael Bay und Uwe Boll). Und trotz aller
Wiederholungen, trotz des unübersehbaren Versuchs, an den Erfolg alter Zeiten
anzuknüpfen, hat der Film einen ganz eigenen Charme, der ihn zwar nicht über
den Durchschnitt erhebt, ihm aber zumindest eine rudimentäre Berechtigung
verschafft. Flucht aus L.A. hat genug
Energie und Wahnsinn, um den Zuschauer vor dem Einschlafen zu bewahren. Kein
guter Carpenter-Film, kein gutes Genrewerk, aber sich seines eigenen
Trashfaktors derartig bewusst, dass man ihm nicht nachhaltig böse sein kann.
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