ACROSS THE RIVER
(Oltre il guado)
Italien 2013
Dt. Erstaufführung: 08.05.2014
Regie: Lorenzo Bianchini
Dt. Erstaufführung: 08.05.2014
Regie: Lorenzo Bianchini
Als letztes Jahr The Conjuring -
Die Heimsuchung von James Wan präsentiert wurde, waren die Kritiken
teilweise geradezu euphorisch. Der Film, ein leidlich spannender Versuch, dem
Geisterfilm alter Schule wieder Leben einzuhauchen, war nur ein weiterer Haunted-House-Thriller, der außer der
Kinematographie nicht viel zu bieten hatte. Umso ärgerlicher ist es, dass der
kleine, feine Low-Budget-Film aus Italien, Across
the River, wohl auch auf DVD ein Geheimtipp bleiben wird. Dies ist der
Film, der The Conjuring und erst
recht Insidious gerne gewesen wären,
ein spannender, minimalistischer Genrefilm, der narrativ keine großen
Innovationen bietet, aber dennoch frisch und unterhaltsam daherkommt.
Marco Contrada
ist ein Verhaltensforscher, der im menschenleeren Grenzgebiet von Italien zu
Slowenien Zählungen der Wildtierpopulationen durchführt. Einen Fuchs stattet er
mit einer Rückenkamera aus, um seine Bewegungen verfolgen zu können. Eben
dieser Fuchs stößt auf ein verlassenes Dorf, das Contrada dank der Kamera und
der Ortungsfunktion ausfindig machen kann. Neugierig macht er sich auf den Weg
und überquert einen kleinen Bach, der nach ergiebigen Regenfällen zum Strom
anwächst und ihm den Rückweg versperrt. Isoliert muss Marco bald erkennen, dass
außer den Tieren noch etwas anderes in dem Geisterdorf umherstreift - etwas,
dass dieser Bezeichnung alle Ehre macht...
Across the River ist ein ungemein spannender Film,
allerdings nicht für ein Publikum, dass Spannung mit blutigen Effekten
verwechselt. Zwar gibt es auch hier im Finale Einstellungen, die die
Altersfreigabe ab 16 rechtfertigen, aber meistens arbeitet Across the River mit Mitteln der Suggestion und der Angst vor dem
Verborgenen. Es ist ein bisschen wie beim Überraschungserfolg Blair Witch Project – das individuelle
Gelingen hängt maßgeblich davon ab, ob man die gezeigten zurückhaltenden
Schreckensmomente in dieser Form nachvollziehen kann. Wer keinen Zugang zur
Vorstellung finden kann, vor einem Knarzen in der Dunkelheit zu fliehen, der
wird womöglich nur bei den Einstellungen mit der subjektiven Kamera Grusel
empfinden, denn diese sind der größte Selbstläufer des Films.
Talent beweist
der Film auch im Spiel mit Genrekonventionen. Die unheimlichen Erscheinungen,
die Marco heimsuchen, erscheinen zwar auch auf einer alten Videoaufnahme, um
zusätzliche Spannungsmomente einzubauen, aber Across the River verweigert sich konsequent einer der üblichen
Spuk-Erklärungen. Die umhergeisternden Mädchen sind nicht Opfer einer
ungerechtfertigten Willkür oder sind einer menschlichen Fehlinterpretation
erlegen, vielmehr suggeriert der Film eine nicht-menschliche Herkunft für die
beiden Antagonisten, ohne dabei allzu sehr ins Detail zu gehen. Ihre diffuse
Herkunft und ihre ebensolchen Motive, die in ihren Ausführungen ein bisschen an
eine Katze erinnern, die mit ihrer Beute spielt, lassen die mit entstellten
Gesichtern in alten Gemäuern lauernde Wesen nur noch bedrohlicher erscheinen.
Across the River holt aus seinem minimalen Budget das
Maximum heraus. Bianchini
demonstriert eine sichere Hand bei der Inszenierung, die Atmosphäre ist dicht,
die Kinematographie rau und dem Sujet angemessen, einige Kamerafahrten und
–positionierungen schlicht grandios. Einzig der Subplot mit einem alten Mann,
der auch schon Opfer des Spuks wurde und dessen Handlungsstrang nie mit dem des
Protagonisten zusammengeführt wird, wirkt wie ein Anhängsel, dass nur zu
Expositionszwecken aufgenommen wurde. Ansonsten ist Across the River ein erfrischend effektiver Genrefilm, eine
willkommene Überraschung im Wust der ähnlich gelagerten Werke. Wer 1 ½ Stunden
wohliges Gruseln eines kompetenten Regisseurs sehen will, der kann mit Across the River die vielleicht beste
Wahl des Jahres treffen.
Interessant. Ich fand den Film leider gar nicht spannend. Ein Mann läuft erst durch einen Wald, dann durch ein verlassenes Dorf. Da mal eine schräge Klaviernote, dort ein Horn. Du sagst, Bianchini spielt mit Genre-Konventionen, ich sage: er reiht sie aneinander. Und nur dafür, dass er kein großer Fan von Jump Scares zu sein scheint, bin ich noch nicht bereit zu klatschen. Änderungsvorschlag: Alle Nebenstränge (alten Mann, Sanitäter und vor allem die beiden Schwester weglassen), die Im-Traum-Ertrink-Szene zum Schluss noch einmal wiederholen und ihn nicht aufwachen lassen. ;-)
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