X-MEN - ZUKUNFT IST
VERGANGENHEIT
(X-Men: Days of Future Past)
USA 2014
Dt. Erstaufführung: 22.05.2014
Regie: Bryan Singer
Dt. Erstaufführung: 22.05.2014
Regie: Bryan Singer
Die Screen Junkies konnten passenderweise in
ihrem neusten Honest Trailer zu den
bisherigen X-Men-Filmen die Frage
nicht beantworten, warum die Mutanten und ihre Fähigkeiten von der Gesellschaft
oftmals abgelehnt und angefeindet, während Helden wie Spider-Man, Iron Man und
der Hulk im gleichen Universum gefeiert werden. An dieser simplen Fragestellung
lässt sich bereits ablesen, dass a) die X-Men vor dem langsam aus allen Nähten
platzenden „cinematic MARVEL universe“ das Licht der Leinwand erblickten und b)
man es mit diesem ganzen Comic-Mumbo-Jumbo wohl nicht so genau nehmen sollte.
Es ist recht praktisch, dass die X-Men-Filme
(noch) nicht in den Rest des MARVEL-Universums eingemeindet wurden, denn sie
haben wahrlich genug mit sich selbst zu tun.
Das stellenweise überbordende Lob, dass dem neusten Franchisebeitrage Zukunft ist Vergangenheit entgegenschlägt, lässt zudem die Vermutung aufkommen, dass die X-Men mehr wegen ihren Möglichkeiten denn wegen der Filme an sich geliebt werden. Als Projektionsfläche sind die Mutanten grandios, die inzwischen sieben in diesem Kosmos angesiedelten Filme kommen qualitativ sehr unterschiedlich daher. Nach einem sehr holprigen Start 2000 folgte mit X-Men 2 ein erfolgreicherer Beitrag, nur um danach von X-Men – Das letzte Gefecht konterkariert zu werden. Die zwei Solo-Abenteuer von Wolverine waren beide vergessenswerte Zuschauerbeleidigungen, bis 2011 mit X-Men – Erste Entscheidung ein Prequel in die Kinos kam, dass zwar erzählerisch nicht allzu viel neues bot, aber sehr viel energetischer und unterhaltsamer als die meisten anderen Beiträge zur Reihe daherkam. X-Men - Zukunft ist Vergangenheit ist nun ein Versuch, die beiden Erzählstränge zusammenzuführen, also die Riege der „alten“ X-Men aus den ersten drei Teilen mit ihren jüngeren Inkarnationen aus Erste Entscheidung zu vereinen.
Das stellenweise überbordende Lob, dass dem neusten Franchisebeitrage Zukunft ist Vergangenheit entgegenschlägt, lässt zudem die Vermutung aufkommen, dass die X-Men mehr wegen ihren Möglichkeiten denn wegen der Filme an sich geliebt werden. Als Projektionsfläche sind die Mutanten grandios, die inzwischen sieben in diesem Kosmos angesiedelten Filme kommen qualitativ sehr unterschiedlich daher. Nach einem sehr holprigen Start 2000 folgte mit X-Men 2 ein erfolgreicherer Beitrag, nur um danach von X-Men – Das letzte Gefecht konterkariert zu werden. Die zwei Solo-Abenteuer von Wolverine waren beide vergessenswerte Zuschauerbeleidigungen, bis 2011 mit X-Men – Erste Entscheidung ein Prequel in die Kinos kam, dass zwar erzählerisch nicht allzu viel neues bot, aber sehr viel energetischer und unterhaltsamer als die meisten anderen Beiträge zur Reihe daherkam. X-Men - Zukunft ist Vergangenheit ist nun ein Versuch, die beiden Erzählstränge zusammenzuführen, also die Riege der „alten“ X-Men aus den ersten drei Teilen mit ihren jüngeren Inkarnationen aus Erste Entscheidung zu vereinen.
In einer nicht allzu fernen
Zukunft haben die Sentinels, hochentwickelte Kampfmaschinen, die Erde in eine
Ödnis verwandelt. Einst geschaffen, um Mutanten aufzuspüren und unschädlich zu
machen, wandten sie sich bald auch gegen normale Menschen, die Mutanten halfen
oder die potenziell mutierte Kinder bekommen könnten. Die letzten Reste der
X-Men kämpfen einen aussichtslos erscheinenden Kampf und schicken schließlich
Wolverine (Hugh Jackman) zurück in die 1970er Jahre, um den jungen Charles
Xavier (James McAvoy) mit seinem Erzfreund Erik Lehnsherr (Michael Fassbender)
zu vereinen. Denn nur gemeinsam können sie ihre ehemalige Freundin Mystique
(Jennifer Lawrence) aufhalten, die den Schöpfer der Sentinels, den
Industriellen Dr. Bolivar Trask (Peter Dinklage) erschießen will und damit den
Lauf der Geschichte erst richtig in Fahrt bringt. Keine einfache Aufgabe für
den ungeduldigen Grantler und auch keine einfache Aufgabe für die zerstrittenen
Freunde, die einst Professor X und Magneto sein werden…
X-Men – Zukunft ist Vergangenheit ist unbestreitbar ein ambitionierter
Film, der sichtlich Lust an dem Spiel mit Zeitebenen, an ihrer Dekonstruktion
und ihrer Neuschöpfung, hat. Kontinuitätsfreunde werden sich grausen und ein
bisschen faul ist der Film in der Hinsicht auf die offensichtlichsten Fragen
(wie Magnetos wiedergewonnene Kräfte und Prof. X‘ pure Existenz nach dem Ende
von X-Men – Das letzte Gefecht), auch
wenn sich die Fans im Internet genügend holprige Erklärungen für all die plot holes zusammenschustern. Man darf
wohl annehmen, dass Zukunft ist
Vergangenheit als eine Art Reboot funktionieren soll, das viele, wenn nicht
gar alle, Ereignisse aus den bisherigen Filmen (mit Ausnahme von Erste Entscheidung) als obsolet erklärt.
Gerade im Hinblick auf Totalausfälle wie X-Men
Origins: Wolverine ist das wohl eine gute Nachricht.
So unterhaltsam und kurzweilig
der Film auch ist, ganz kann man das Gefühl nicht abschütteln, dass Zukunft ist Vergangenheit sich mehr
vornimmt, als er abarbeiten kann. So ist er geradezu versessen darauf, sofort
mit der Action zu beginnen und lässt die dystopische, an Der Terminator erinnernde Zukunft, links liegen. Schnell
abgefrühstückte Expositionen werden anstelle einer sinnlich erfahrbaren
Situation gesetzt, mit einem „world building“ hält sich der Film nicht auf, was
auf Kosten der Dringlichkeit geht. Sicherlich, wir werden Zeuge von ziemlich
gewalttätigen Vernichtungen vieler X-Men, aber die Chance zu zeigen, dass die
Sentinels eine Bedrohung für alle Menschenformen sind und die von ihnen
geschaffene Zukunft kein lebenswerter Ort für Alle ist, wird auf geradezu
ärgerliche Weise verschenkt. Andere Konflikte, wie der zwischen Xavier und
seiner Behandlung, die ihn zwar wieder laufen lässt, ihm aber auch seine Kräfte
nimmt, werden angerissen und dann fallengelassen, die Loyalitäten ändern sich
manchmal etwas zu schnell, neue Mutanten werden eingeführt und lediglich auf
ihre Fähigkeiten reduziert [besonders schlimm trifft es Bishop (Omar Sy) und
Quicksilver (Evan Peters), dem immerhin eine der schönsten Sequenzen des Films
gewidmet wird]. Der innere Kampf von Mystique wird hingegen sehr gut
verhandelt, ebenso die wechselvolle Dreiecksbeziehung, die sie mit Xavier und
Erik verbindet.
Zukunft ist Vergangenheit muss sich auch die Frage gefallen lassen,
ob die Geschichte zur rechten Zeit kommt. Erste
Entscheidung war ein guter Ausgangspunkt für neue, frische, energiegeladene
Abenteuer der X-Men, so dass die Zusammenführung mit der „alten“ Riege, die am
Ende auch so enervierende Figuren wie Jean Grey (Famke Janssen) und Scott
Summers (James Marsden) wieder auftauchen lässt, wie ein Bremsmanöver wirkt. In
Zeiten von ständigen Neuauflagen ist es doch erstaunlich, dass sich eine
Filmreihe wie diese um Dinge wie eine leidliche Kontinuität schert. Zumal man
so fast alle Nebenfiguren aus Erste
Entscheidung einfach für tot erklären kann. Außerdem drückt sich das
Franchise wieder einmal darum, die Mutanten in einen gesellschaftlichen Kontext
der Zeit zu stellen, ein Punkt, der schon im Vorgänger auffiel. In Zeiten der
US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, was hätte es da für Ansatzpunkte gegeben.
Hier wird die Historie mit Hinweisen wie „John F. Kennedy war ein Mutant“
bedacht und dann ebenso vergessen wie viele andere Plotelemente. An großartigen
Szenen vom Kaliber einer „Hast du schon einmal versucht, kein Mutant mehr zu
sein“-Unterhaltung aus X-Men 2
mangelt es Zukunft ist Vergangenheit.
Handwerklich ist der Film
selbstredend hervorragend und voller visueller Bonmots wie den multiplen
Wurmlöchern, die von einer Mutantin erschaffen werden oder dem Design der
Sentinel-Transportflugzeuge, die nicht von ungefähr an umgedrehte Särge
erinnern. Auch eine Überschneidung zwischen „echtem“ Filmmaterial und „authentischen“
Super-8-Aufnahmen von Passanten ist ein herrlicher Einfall, ebenso die bereits
erwähnte Quicksilver-Szene sich aller Register der Tricktechnik bedient, ohne
dass es aufgesetzt oder protzig wirkt.
So ist X-Men – Zukunft ist Vergangenheit ein unterhaltsamer Popcornfilm mit mehr als den sonst im Superheldenfilm üblichen Ideen, die aber innerhalb der zwei Stunden Laufzeit etwas zu sehr miteinander konkurrieren. Regisseur Bryan Singer und Drehbuchautor Simon Kinberg fangen viel an, beenden wenig, setzten manchmal disharmonische Prioritäten, legen aber auch den Grundstein für interessante weitere Episoden aus dem Mutanten-Universum. Wenn man sich dann auch wieder mehr auf die Qualitäten von Erste Entscheidung konzentriert (sprich weniger „alte“ X-Men inklusive Wolverine und noch mehr Fassbender, Lawrence und McAvoy), stehen die Chancen gut, dass die wirklich großartigen Franchisebeiträge noch kommen werden.
So ist X-Men – Zukunft ist Vergangenheit ein unterhaltsamer Popcornfilm mit mehr als den sonst im Superheldenfilm üblichen Ideen, die aber innerhalb der zwei Stunden Laufzeit etwas zu sehr miteinander konkurrieren. Regisseur Bryan Singer und Drehbuchautor Simon Kinberg fangen viel an, beenden wenig, setzten manchmal disharmonische Prioritäten, legen aber auch den Grundstein für interessante weitere Episoden aus dem Mutanten-Universum. Wenn man sich dann auch wieder mehr auf die Qualitäten von Erste Entscheidung konzentriert (sprich weniger „alte“ X-Men inklusive Wolverine und noch mehr Fassbender, Lawrence und McAvoy), stehen die Chancen gut, dass die wirklich großartigen Franchisebeiträge noch kommen werden.
Sehr gute Kritikpunkte. Der Film setzt sein Potenzial definitiv nicht genug um.
AntwortenLöschenWas es mir aber erleichtert, von seinen Fehlern etwas Abstand zu nehmen, ist die Tatsache, dass es eben nur ein Übergangsfilm ist, der alte Erzählstränge endgültig schließt und die neuen festigt. Und darin finde ich ihn sogar sehr mutig, indem er die Handlung von ganzen fünf Filmen einfach auslöscht, das Blatt wieder fast komplett reinwäscht. Das ist schon ein ungewöhnlicher Gewaltakt.
Das ist wahr, ein Gewaltakt ist der Film auf jeden Fall. Ich bin auch sehr gespannt, wie man nun weiterverfährt, da ich ja kein Freund der ersten drei Filme war und mir einfach mehr von der neuen Riege verspreche. Über das verschenkte Potenzial von "Days of Future Past" konnte ich derweil einfach nicht ganz hinwegsehen. Es ist wie bei "Godzilla": ich wollte den Film wirklich, wirklich aus ganzem Herzen empfehlen, aber das konnte ich dann doch nicht so ganz mit mir vereinbaren.
LöschenDein Text zu den X-Men ist im übrigen auch ganz grandios!
Oh, danke sehr. :)
LöschenIch mag die neue Riege auch etwas lieber (aber ich bin halt auch sehr, sehr großer Fassbender-Fan). "First Class" bereitet mir von der gesamten Reihe am meisten Spaß und Mitgefühl. Damit steht man allerdings relativ allein da (wobei man das als X-Men-Fan ja gewöhnt ist).