Montag, 2. Juni 2014

Otto - Der Film (1985)




OTTO – DER FILM
Deutschland 1985
Dt. Erstaufführung: 18.07.1985
Regie: Xaver Schwarzenberger & Otto Waalkes

Ob man ihn nun persönlich mag oder nicht, Otto Waalkes gehört zur deutschen Humoristenszene genau wie Loriot, Heinz Erhardt oder Dieter Nuhr. Seit er in den 1970er Jahren auf den westdeutschen Bühnen auftauchte und bereits seine erste Live-Platte mit Mitschnitten aus seinem Programm 500.000 Mal verkauft wurde, ist er als „Blödelbarde“ präsent. Der Humor ist durchwachsen, er reicht von durchaus cleveren Parodien und absurder Situationskomik bis zu äußerst gefälligen Schenkelklopfern. Eben jenen Mix kann mal wohl als Erfolgsrezept lesen, bietet Waalkes durch die schiere Menge an Gags, die er innerhalb eines Programms abfeuert, für so ziemlich jeden Zuschauer etwas, dass ihm oder ihr gefallen könnte. Genau nach diesem Prinzip funktioniert auch sein erster Kinofilm, der im Sommer 1985 in die gesamtdeutschen Kinos kam und mit einer Besucherzahl von 14 Millionen auch heute noch als erfolgreichster deutscher Film gewertet werden kann (der aufgrund von Rechentricks manchmal ebenfalls mit diesem Titel bedachte Der Schuh des Manitu kam insgesamt auf 12 Millionen Zuschauer). Man kann nun darüber lamentieren, was es wohl für ein Land bedeutet, wenn ihr größter Publikumsmagnet eine launige Aneinanderreihung von Sketchen ist, zusammengehalten von einer äußerst dürftigen Rahmenhandlung und in der Struktur der Sesamstraße nicht unähnlich – viele, auch einzeln konsumierbare Teilchen. Otto – Der Film ist wie sein Hauptdarsteller ein Kind seiner Zeit. Heute mag vieles bieder wirken, doch sollte man es vielleicht lieber als unschuldig interpretieren. So gelingt es dem Film nämlich auch fast 30 Jahre nach seiner Uraufführung noch, ein paar Lacher zu generieren.

Otto (Waalkes) ist ein junger, naiver Mann aus Ostfriesland, der in Hamburg sein großes Glück sucht. Sein Start-Up nennt er OSSI (Ottos Super-Service International) und leiht sich blauäugig Geld vom dubiosen Kredithai Shark (Peter Kuiper). Als die Geschäfte nicht so gut laufen und Shark irgendwann an die 10.000 Mark von Otto einfordert, der natürlich nicht das Kleingedruckte gelesen hat, da dies ja schlecht für die Augen sei, gerät der Jungunternehmer in Bedrängnis. Abhilfe könnte die Zufallsbekanntschaft mit der Familie von Kohlen und Reibach schaffen, deren Tochter Silvia (Jessika Cardinahl) Otto auf einer Baustelle unmerklich das Leben rettete. Jetzt gilt es nur noch, sich eine großzügige Belohnung abzuholen, denkt sich jedenfalls Otto…

Fans der damals sehr populären Otto-Shows im Fernsehen dürften damals und heute einige Déjà-Vu-Erlebnisse gehabt haben, recycelt Waalkes doch diverse Sketche und Begebenheiten aus seinen Bühnenprogrammen. Andere, wie etwa die völlig kontextfreie, aber dennoch amüsante Heino-Parodie, bedienen sich gekonnt des Mediums Film, während das Ende, in dem Otto ein vollbesetztes Passagierflugzeug auf einem Flugzeugträger zu landen versucht und ein Inferno verursacht, vollkommen geschmacklos daherkommt. Da kann auch der Ausklang, in dem sich dumpfes Brauchtum als größter deutscher Exportschlager erweist, nicht mehr viel retten. Abgesehen von dem völlig missglückten Finale, welches deutlich macht, dass man nicht so recht wusste, wie man den Nonsens beenden könnte, bietet Otto – Der Film diverse unterhaltsame Vignetten. Die Geschichte um Shark dient nur als Aufhänger für diverse Kapriolen, wie Otto versucht, das benötigte Geld aufzutreiben und wird dementsprechend hemmungslos albern aufgelöst. Ferner sieht man Otto beim Stehlen von Zement zu, bei einer Hasenjagd, im Gespräch mit einem Edel-Obdachlosen (Johannes Heesters), beim Überleben in einem Rockerclub und als unerkannte Geisel bei einem herrlich doofen Banküberfall. Dabei ist es, wie erwähnt, die Fülle an Material, die auf den Zuschauer einprasselt, die dem Film erstens Tempo und zweitens eine ansehnliche Gagdichte beschert. Mag auch nur jeder fünfte Witz zünden und sich der Rest in altbekannten und schlichten Klamauk erübrigen, durch die Masse gewährt Otto – Der Film eine beachtliche Kontinuität. Es ist schlicht für Jeden etwas dabei, auch wenn die Form einem jüngeren Publikum, das noch fern der Pubertät ist, deutlich mehr zusagen dürfte als einem erwachsenen.

Am Ende ist Otto – Der Film unterhaltsam, genügsam, blöd, albern, clever und entwaffnend. Man spürt das Herzblut, das in ihm steckt, die Energie, die Waalkes und sein Regisseur Xaver Schwarzenberger (der bis heute in erster Linie TV-Filme inszeniert) für das Projekt aufbringen. Ecken und Kanten mag das kaum haben, ironisch im heutigen Sinne ist wenig, allenfalls der Angriff auf die Political Correctness, wenn Otto zusammen mit Günther Kaufmann als Justiziar und Sklave schnell an Geld kommen, lässt auch heute noch aufhorchen. Als Kind seiner Zeit erlaubt der Film einige interessante Einblicke in die humoristischen Befindlichkeiten von Westdeutschland in den 1980er Jahren und dementsprechend ist er auch als Nostalgie-Produkt von Wert. Großes Kino ist das nicht, aber das war wohl auch nie die Intention. Man mag nie von sich aus gefragt haben, was unsichtbar ist und nach Hase riecht, aber Otto – Der Film beantwortet solche Fragen auf durchaus charmante, wenn auch völlig konsequenzlose Weise.



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