ROBOCOP
USA 2014
Dt. Erstaufführung: 06.02.2014
Regie: José Padilha
Dt. Erstaufführung: 06.02.2014
Regie: José Padilha
„Remake“ ist ein Wort mit „Geschmäckle“.
Wirklich gerne nehmen es Filmschaffende und vor allem Vermarkter nicht in den
Mund, verbreitet es doch den dezenten Duft von Ideenausverkauf. Man spricht
gern von Neuinterpretation, zumal wenn die Prämisse auf ein anderes Medium,
einen Roman etwa, zurückgeht oder von einer Neuauflage für eine nachgewachsene
Generation. Da sich die Menschheit gefühlt ohnehin nur ein Dutzend Geschichten
in variierenden Konstellationen erzählt, hat das sogar eine gewisse
Berechtigung, zumindest aber einer Erklärung. Gute Geschichten kommen auch
deshalb immer wieder, weil sie in modifizierter Form aktuell bleiben. Dem RoboCop-Remake gelingt es nun, aufbauend
auf Paul Verhoevens brachialer Satire von 1987, zu einer eigenen Sichtweise auf
den kybernetischen Gesetzeshüter zu gelangen. Die Kritik war nicht unbedingt
gnädig zu dem Film, die niedrige Altersfreigabe sorgte bereits im Vorfeld für
Empörung: RoboCop ohne exzessive
Gewalt ist doch nicht RoboCop! Doch
der Brasilianer José Padilha hatte augenscheinlich auch keine sklavische
Adaption des Originals im Sinn. RoboCop
1987 und RoboCop 2014 sind zwei sehr
unterschiedliche Filme, die mehr als Randnotiz den gleichen albernen Titel
tragen.
Im Jahr 2028 werden die Krisenherde dieser Welt von diversen
Kampfrobotern kontrolliert, die allesamt vom OmniCorp Konglomerat stammen. Nur
in den USA selbst sind die metallenen, unbestechlichen und angeblich auch
nahezu unfehlbaren Gesetzteshüter noch nicht im Einsatz, weil der Senat sich
bisher weigerte, eine Erlaubnis für derlei Projekte zu erteilen. Umfragen
lassen zudem den Schluss zu, dass die Amerikaner einem rein künstlichen
Polizisten ohne jegliche menschliche Regungen nicht vertrauen würden. Als der
idealistische Detroiter Polizist Alex Murphy (Joel Kinnaman) im Zuge einer
Ermittlung gegen einen Waffenhändler (Patrick Garrow) schwer verwundet wird,
kommt die Zeit für ein neues OmniCorp-Projekt: den kybernetischen Polizisten,
körperlich schwer angeschlagene Cops sollen mithilfe von Robotertechnologie
wieder in den Dienst zurückkehren können. Drei Monate nach seinem Unfall
erwacht Alex in Gestalt des von den Medien und der Bevölkerung bald „RoboCop“
getauften Inkarnation. Doch was heißt es, wenn man ein menschliches Hirn in
eine hochentwickelte Maschine steckt – und was bedeutet das vor allem für
Murphy selbst?
RoboCop ist
beileibe kein perfekter Film, manchmal versagt er sogar auf den Basisleveln des
Unterhaltungskinos. Das liegt vor allem an der bemerkenswert emotionslosen
Darstellung von Joel Kinnaman. So arbeitet sich der Film fruchtlos an der
Beziehung zwischen Alex und seiner Frau Clara (Abbie Cornish) und Sohn David
(John Paul Ruttan) ab, ohne auch nur einmal eine genuine Emotion zu generieren.
Kinnamans Darbietung reicht für das Grundverständnis des Subtextes, ehrlich
mitgenommen wird das Publikum nicht. Auf dem emotionalen Level war Verhoevens
RoboCop und sein Ausflug in sein leer stehendes Haus sehr viel erfolgreicher.
Hervorragend aber gelingt Padilha das Update des
intellektuellen Parts der Geschichte. 1987 war RoboCop noch eine zynische Abrechnung mit dem Amerika der Reagan-Ära,
2014 ist RoboCop ein Kind des
WikiLeaks-Zeitalters, der Welt der Drohnenkriege und der ständigen
Verfügbarkeit von Daten. Alles wird irgendwo gespeichert, jeder Schritt kann,
wenn man an den richtigen Stellen sucht, nachverfolgt werden. So ist RoboCop zunächst
genauso überfordert mit der schieren Masse an Daten wie jeder durchschnittliche
Bewohner der digitalen Welt, die (menschliche) Fähigkeit zur Analyse, zum
Filtern, muss erst erworben werden. Geradezu süffisant ist in diesem
Zusammenhang der Versuch der Verantwortlichen, Alex‘ Gefühle durch eine
Hirnmanipulation vollkommen zurückzuschrauben – der Mensch ist nur noch
Blendwerk für die Öffentlichkeit, im Hintergrund zieht ein nüchterner Computer
die Fäden. Alex ist abwechselnd eine Maschine, die sich für einen Menschen hält
und ein Mensch, der glaubt eine Maschine zu sein. RoboCop stellt damit nicht nur die ewig junge Frage nach dem Wesen
des Menschen im Umfeld einer zunehmend technisierten Welt, er plädiert auch für
einen besonnenen, ja geradezu ethischen Umgang mit Daten. Nicht alles, was man
aufgrund von Informationen tun oder entscheiden kann, muss auch zwangsläufig
durchgeführt werden. Im WikiLeaks-Beispiel wäre das eine Unterscheidung
zwischen Informationen, die Verstoße gegen die Menschenrechte aufklären und
solchen, deren Verfügbarkeit eher jenen in die Hände spielen, die genau diese
Rechte angreifen. Der Computer handelt rational, der Mensch denkt. Beide
Systeme produzieren Fehler, geradezu zwangsläufig, und RoboCop ist ein Triebwerk, dass unter der Oberfläche des etwas
holprigen Popcornfilms ständig auf Hochtouren läuft.
In diese Kerbe schlägt auch die ätzende Satire, die Padilha mit
der TV-Show von Pat Novak (Samuel L. Jackson) inszeniert, und die als eine Art
Rahmen, Exposition und Kommentar zum eigentlichen Geschehen dient. Hier kommt Padilha
Verhoeven am nächsten, wenn er Jackson als Moderator mit unbestimmter
politischer Gesinnung als Medienstellvertreter mal so, mal so argumentieren
lässt und aus komplexen Diskurs ein populistischer Reflex wird, der den
Zuschauer am Ende mit dumpfen Patriotismus wieder schlafen legt.
So bietet Padilhas RoboCop weitaus mehr, als Puristen ihm zugestehen wollen. Sicherlich war Verhoevens Film greller, überlebensgrößer und in letzter Konsequenz auch unterhaltsamer inszeniert, aber unter der generischen Oberfläche des Remakes schlägt ein ambitioniertes Herz, das seine Ideen und Diskurse vom Zuschauer freigelegt sehen möchte. Sieht man RoboCop als reines Konsumprodukt an, kann er wohl nur enttäuschen, vor allem, wenn man die Meinung vertritt, Verhoevens Gewaltfetischismus sei ein unabkömmlicher Bestandteil der Narrative. Doch letztlich sind die beiden Version der Geschichte recht unterschiedliche Filme, die beide in die jeweilige Zeit passen.
RoboCop 2014 hat das Zeug dazu, in zwanzig, dreißig Jahren sehr viel besser besprochen zu werden als zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung, erzählt er hinter den Actionsequenzen und den mitunter etwas hölzernen Darbietungen doch bemerkenswert viel über die Zeit, aus der er stammt. Und das Bild eines von seiner „Rüstung“ befreiten Alex, der nur noch aus Kopf, Lungenflügeln, Luftröhre und einer Hand besteht, ein „head on a stick“ sozusagen, könnte sich zu einem definierenden Moment in der filmischen Darstellung der Mensch/Maschinen-Beziehung mausern.
So bietet Padilhas RoboCop weitaus mehr, als Puristen ihm zugestehen wollen. Sicherlich war Verhoevens Film greller, überlebensgrößer und in letzter Konsequenz auch unterhaltsamer inszeniert, aber unter der generischen Oberfläche des Remakes schlägt ein ambitioniertes Herz, das seine Ideen und Diskurse vom Zuschauer freigelegt sehen möchte. Sieht man RoboCop als reines Konsumprodukt an, kann er wohl nur enttäuschen, vor allem, wenn man die Meinung vertritt, Verhoevens Gewaltfetischismus sei ein unabkömmlicher Bestandteil der Narrative. Doch letztlich sind die beiden Version der Geschichte recht unterschiedliche Filme, die beide in die jeweilige Zeit passen.
RoboCop 2014 hat das Zeug dazu, in zwanzig, dreißig Jahren sehr viel besser besprochen zu werden als zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung, erzählt er hinter den Actionsequenzen und den mitunter etwas hölzernen Darbietungen doch bemerkenswert viel über die Zeit, aus der er stammt. Und das Bild eines von seiner „Rüstung“ befreiten Alex, der nur noch aus Kopf, Lungenflügeln, Luftröhre und einer Hand besteht, ein „head on a stick“ sozusagen, könnte sich zu einem definierenden Moment in der filmischen Darstellung der Mensch/Maschinen-Beziehung mausern.
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