Montag, 9. Juni 2014

Otto - Der neue Film (1987)




OTTO – DER NEUE FILM
Deutschland 1987
Dt. Erstaufführung: 16.07.1987
Regie: Xaver Schwarzenberger & Otto Waalkes

Wolle man gehässig sein (oder auch nur diese Besprechung schnell hinter sich bringen), so könnte man schlicht alles, was zu Otto – Der Film gesagt und geschrieben wurde, leicht variieren und schon hätte man eine treffende Einschätzung für dessen fast auf den Tag genau zwei Jahre später erscheinende Fortsetzung. Anders oder gar innovativer ist Otto – Der neue Film an keiner Stelle. Dennoch muss man wohl konstatieren, dass der zweite Teil etwas stringenter daherkommt als sein Vorgänger. Die Handlung ist tatsächlich als solche zu bezeichnen, das Konstrukt ist nicht mehr ganz so wahllos aus Einzelteilen zusammengewürfelt wie zuvor. Es gibt immer noch viele mehr oder weniger kontextfreie Einlagen und das infantile Gehabe von Waalkes wird auf ein ungesundes Maß hinaufgeschraubt, aber als Gesamtpaket funktioniert auch Otto – Der neue Film noch recht gut, eben weil auch er eine Vielzahl an unterschiedlichen Gag-Kalibern und dadurch Auswahl bietet. Am bemerkenswertesten aber ist, dass der 1987 ins Kino gekommene Film sehr viel mehr wie ein Kind des Jahrzehnts aussieht als Otto – Der Film.

Inhaltliche Kontinuität kann man gleich zu Beginn vergessen: Otto (Waalkes) ist wieder der (verhältnismäßig) junge Mann in Nöten, diesmal nicht in Hamburg, sondern in Westberlin. Nachdem er all sein Hab und Gut verpfänden musste, schickt er sich an, wieder zurück in seine Heimat, nach Hühneroog, zu ziehen. Dummerweise schuldet er seinem faschistoiden Vermieter (Dirk Dautzenberg) noch drei Monatsmieten, weshalb er zunächst seine Schulden abarbeiten soll. Durch eine Verkettung von Zufällen wird Otto in der Folge von der arroganten, aber attraktiven neuen Mieterin Gabi Drösel (Ute Sander) für den außer Haus befindlichen Professor Edelsen (Friedrich Schoenfelder) gehalten, die er zu beeindrucken hofft, obwohl sie nur Augen für den Actionstar „Amboss“ (Georg Blumensaat) hat. Und dann wäre da ja auch noch Anna (Anja Jaenicke), die Otto heimlich anhimmelt…

Auch wenn es nur eine gängige Romantic-Comedy-Dramaturgie ist, die Ereignisse in Otto – Der neue Film beziehen sich stärker auf dieses Konstrukt als es die Vignetten bei Otto – Der Film getan haben. Das Ganze wirkt dadurch in sich geschlossener, etwas ausgereifter. Von Leerlauf und weniger funktionalen Einschüben kann sich aber auch dieser Film nicht retten. Es ist wirklich more of the same: Klamauk und wirklich witzige Einfälle wechseln mit mal mehr, mal weniger gelungenen Parodien ab. Überhaupt ist der Film reich an Verweisen, vor allem auf das Actionkino des Arnold Schwarzenegger, den Blumensaat als tumben, reaktionären Muskelmann, in dem Rolle und Schauspieler verschwimmen, persifliert. Abgesehen davon, dass ein intelligent konstruierter Film wie Der Terminator nicht auf seinen Gewaltanteil reduziert werden sollte, sind diese durchgeknallten Pseudo-Filme mit so klingenden Titeln wie Amboss – Der Kontrollator oder Der Rabiator eine durchgängig verlässliche Quelle für hübsche Gags.

Andere Parodien sind weniger erfolgreich, vor allem, weil sie nur zur Schleichwerbung dienen. Es gibt drei Marken, die in Otto – Der neue Film exzessiv beworben werden: Levi’s, Bauknecht und Jever Pilsener. Letzteres darf noch als augenzwinkernder Verweis auf dessen Werbespruch, „Friesisch-Herb“, gesehen werden, die anderen schieben sich vor allem in dem von Like Ice In The Sunshine unterlegten Verweis auf die damals populäre Langnese-Werbung penetrant nach vorn. Zuvor hat Otto bereits zweimal die Levi’s-Werbespots aufs Korn genommen und in jeder (Wasch-)Küchen-Szene ist der Aufdruck „Bauknecht“ wie zufällig mitten im Bild, während auch die Supermarktketten Edeka und Aldi geradezu schockierend offen ins Bewusstsein gerufen werden. Otto – Der neue Film weiß, wie man zu Geld kommt und es ist ihm völlig egal, wie penetrant dies für den Zuschauer geschieht.

Neben diesen Ärgernissen und der durchwachsenen Qualität der Witze gibt es immer wieder wahre Perlen in dem Chaos. Drei martialisch aussehende Fußballfans (Dieter Landuris, Thomas Ahrens und Claus-Peter Damitz), die die Straße hinuntergehen und eine hochtrabende Diskussion über Mozart führen sind so ein Beispiel, ebenso wie die völlig absurden, an die Muppet Show erinnernden Kämpfe zwischen Otto und dem Hund des Vermieters oder die selbstmordgefährdete Katze. Das heimliche Highlight aber ist, neben den Schwarzenegger-Verweisen, der inzwischen verstorbene Dirk Dautzenberg. Seine Figur Rettich, ein rassistischer, dumm-dreister Nationalist, der seinem Hund beizubringen versucht, keine Wurst von Türken anzunehmen, ist gleichermaßen herrlich überzogen und ein sinniger Widerpart zum quirligen, langhaarigen Otto, als auch ein kleiner Kommentar auf die Untiefen des deutschen Spießbürgertums. Die Szenen zwischen Dautzenberg und Waalkes sind schon wegen ihrer archetypischen Gegensätze Gold wert. Subtil ist das nicht, dass es hervorragend funktioniert, ist unbestreitbar.

Otto – Der neue Film ist alles in allem besser konstruiert als der Erstling, die Gags etwas hemmungsloser (wenn auch immer noch sehr harmlos), dafür ist er auch und gerade wegen seines Product Placements weniger unschuldig. Wenn Otto sich als Babysitter verdingt, dann ist das Kinderzimmer voll mit Anregungen, was es in der bunten Otto-Welt denn alles zu kaufen gibt. So etwas ist nicht schön und trübt etwas den Spaß am Treiben eines Mannes, der niemals, aber auch niemals erwachsen werden kann und sollte. Ein wahrer Volltreffer ist hier bei weitem nicht jeder Gag, genügsam und launig ist das Gesamtpaket auch hier, aber gerade im Hinblick auf die Dinge, die noch folgen sollten, ist Otto – Der neue Film einen Blick wert. Und sei es auch nur, um herauszufinden, wie man trotz eines falschen Codes („Das Rohr neigt zum Biegen!“) in den Backstagebereich des Zoo-Palastes gelassen wird.



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