REPTILICUS
Dänemark/USA 1961
Dt. Erstaufführung: bisher nicht in Deutschland veröffentlicht
Regie: Sidney W. Pink
Dt. Erstaufführung: bisher nicht in Deutschland veröffentlicht
Regie: Sidney W. Pink
Reptilicus
ist ein seltsamer Fall, wurde der 1961 als dänisch-amerikanische Co-Produktion
entstandene Film doch nie synchronisiert und in Deutschland zur Aufführung
gebracht. In einem Land mit auch in den 1960er Jahren vielen potentiellen
Zuschauern durchaus erstaunlich. Vielleicht wurde der Film von einem möglichen
Verleih begutachtet und man kam zu dem Schluss, dass der Film einerseits zu
erschreckend sei (es gibt Szenen, die in ihrer Schonungslosigkeit im Kontext
der Entstehungsperiode überraschen), andererseits zu albern (die Effekte sind sehr
schlecht). Was auch immer der Grund war, inzwischen besteht für den neugierigen
Fan die Möglichkeit, dank DVD-Importen und YouTube
auch ein Werk wie Reptilicus zu
sichten. Und der Grund, dies zu tun, liegt auf der Hand: der Film gehört in
eine ganz spezielle Kategorie, denn er ist so schlecht, dass er schon wieder
viel Spaß bringt. Reptilicus ist
Mumpitz der allerfeinsten Sorte.
Bei Bohrungen in Lappland wird der tief unter der Erde
eingefrorene Teil eins bisher unbekannten prähistorischen Reptils gefunden und
zur Untersuchung in Aquarium nach Kopenhagen gebracht. Durch Unachtsamkeit taut
das als Teil eines Schwanzes identifizierte Stück auf und beginnt, sich zu
regenerieren. Das wissenschaftliche Interesse weicht blanker Furcht, als aus
dem Schwanz wieder ein vollständiges, riesenhaftes Tier geworden ist, dass
beginnt, eine Spur der Zerstörung durch die Ostsee und dann Kopenhagen zu
legen. Eine militärische Intervention erscheint wenig ratsam, denn aus jedem
abgesprengten Teil des „Reptilicus“ getauften Monsters regeneriert sich eine
neue Kreatur…
Das Drehbuch zu Reptilicus
stammt von Sidney W. Pink (der auch die Regie übernahm) und Ib Melchior, dem „Dremteam“,
dass sich auch für den kultigen Science-Fiction-Klassiker Weltraumschiff MR-1 gibt keine Antwort verantwortlich zeichneten.
Ihre dramaturgischen Vorlieben demonstrieren sie auch anhand dieses „Creature
Features“: ältere Männer mit Herzanfällen, gepflegter Sexismus, unlustige „comic
reliefs“ und ein unbedingter Glaube an die Geschichte, die von der Ausführung
konterkariert wird. Was durchaus gut funktioniert ist die Spannungskurve in der
ersten Hälfte des Films. Wie das Monster entdeckt wird, wie es zunächst zu
Untersuchungen kommt und sich die Gefahr langsam aufbaut ist ansprechend und flott erzählt. Alles andere in Reptilicus ist eher unfreiwillig komisch und zwar weitaus mehr, als
es in Weltraumschiff MR-1 der Fall
war.
Nach den Regeln des „richtigen“ Kinos müsste Reptilicus eigentlich vollkommen
durchfallen. Die Schauspieler sind mies, vor allem Carl Ottosen als Mark
Grayson ist eine Zumutung. Oft hat man auch den Eindruck, die Darsteller würden
ihre Texte von schwer lesbaren Tafeln, die irgendwo in der Ferne stehen, entziffern.
Über allem hängt ein jovialer Chauvinismus, Frauen kommen nur am Rande vor und
wenn nicht, ist dies ein Grund zur höchsten Verwunderung („I’m not used to that
such a beautiful woman has anything to do with science!“) und der
intelligenzgeminderte Hausmeister (Dirich Passer) ist die „lustige Nebenfigur“.
Ähnlich schlecht sind die Effekte. Lässt der Beginn noch hoffen, sind die Stücke des Monsters doch gut in Szene gesetzt, sind diese Vorschusslorbeeren sobald „Reptilicus“ in Gänze auftritt, verspielt. Das Ungeheuer, dass ständig grünen Zeichentrick-Schleim hochwürgt und durch die Gegend spuckt, stümpert sich durch eine Spielzeuglandschaft und bewegt sich dabei wie eine Puppe der Augsburger Puppenkiste, die von einem äußerst talentfreien Spieler geführt wird. Eins der großen Experimente der Natur, wie der Film über sein Monster urteilt, sieht definitiv anders aus.
Ähnlich schlecht sind die Effekte. Lässt der Beginn noch hoffen, sind die Stücke des Monsters doch gut in Szene gesetzt, sind diese Vorschusslorbeeren sobald „Reptilicus“ in Gänze auftritt, verspielt. Das Ungeheuer, dass ständig grünen Zeichentrick-Schleim hochwürgt und durch die Gegend spuckt, stümpert sich durch eine Spielzeuglandschaft und bewegt sich dabei wie eine Puppe der Augsburger Puppenkiste, die von einem äußerst talentfreien Spieler geführt wird. Eins der großen Experimente der Natur, wie der Film über sein Monster urteilt, sieht definitiv anders aus.
So versagt der Film also auf zwei der wichtigsten Gebiete.
Dennoch ist Reptilicus unterhaltsam,
eben weil er so billig inszeniert ist. Der Ernst, mit der der Angriff einer
unkoordinierten Marionette durchgespielt wird, ist geradezu bewundernswert und
entfaltet eben jenen Trash-Charme, den moderne Monsterfilme kaum noch bieten
können. Und dann werden urplötzlich Szenen wie jene mit einer Zugbrücke
eingestreut, die, hochgezogen um dem Monster den Weg abzuschneiden, diversen
Kopenhagener Passanten zum Verhängnis wird und sie in ihren Tod stürzen. Diese
Sequenz ist in ihrer Rohheit überraschend effektiv, auch wenn man zwischendurch
immer wieder Komparsen mit einem breiten Grinsen im Gesicht sieht, die in den
Massenszenen vor der Kreatur durch die Straßen der dänischen Hauptstadt
fliehen. Auch dass „Reptilicus“ zwischendurch einen Familienvater verspeist und
die Badegäste eines Strandes verätzt gibt der Theorie Aufschwung, dass der Film
wegen seiner vergleichsweise drastischen Gewalt nicht für eine Auswertung in
der BRD in Betracht gezogen wurde. Wirklich geschockt wird heute niemand mehr
davon sein, in den 1960er Jahren war dies gewiss anders, trotz der sonst holprigen
Ausführung.
Am Ende ist Reptilicus
ein großer Spaß für Freunde des B- bis C-Films, ein Werk, das mit Mitteln der
gängigen Kritik kaum zu fassen ist. Gerade in seiner innewohnenden Verzweiflung
zwischen epischen Anspruch (die Panikszenen in Kopenhagen waren sicherlich
nicht „mal eben“ im Kasten) und hanebüchen-schlechter Tricktechnik liegt ein
schräges Vergnügen. Reptilicus ist
weder gute Phantastik noch generell gutes Kinos, zumindest nicht im
herkömmlichen Sinne. Im generösen Blick zurück aber offeriert sich ein
ambitionierter Film, der zwar den Subtext seines Vorbildes Godzilla von 1954 nicht ganz verstanden hat, aber trotzdem sein
Möglichstes versucht. Mit höherem Budget und besseren Darstellern wäre
vielleicht etwas herausgekommen, das jenseits des puren Trashs Bestand hat.
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