Dienstag, 20. Mai 2014

Die Teufelswolke von Monteville (1958)




DIE TEUFELSWOLKE VON MONTEVILLE
(The Trollenberg Terror)
Großbritannien 1958
Dt. Erstaufführung: 24. Juli 1959
Regie: Quentin Lawrence

Es wird gern angenommen, dass explizite Gewaltdarstellungen eine Erfindung des Kinos ab den 1970er Jahren sind. Gerade in Deutschland flammten, entzündet an einzelnen Filmen wie Dirty Harry (1971) oder Zombie (1978), die Diskussionen immer wieder auf, inwiefern Gewalt in den Medien einen negativen Einfluss gerade auf jugendliche Zuschauer haben könnte. Ganz davon abgesehen, dass dieser Diskurs bis heute andauert und in nächster Zeit wohl kaum mit einem definitiven Ergebnis beendet werden wird, beweist Die Teufelswolke von Monteville, dass auch die 1950er Jahre kein seeliger Ort des bestenfalls angedeuteten Grauens waren. Der britische Film ist nicht gerade zimperlich und seine Freigabe ab 18 Jahren wurde bis heute von der FSK nicht revidiert. In Zeiten, in denen andere einst argwöhnisch beobachtete „Gewaltfilme“ wie Der Terminator und John Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt ungekürzt ab 16 neu für das Heimkino erscheinen ist das durchaus erstaunlich. Nun ist der Film glücklicherweise keine Abfolge von Scheußlichkeiten, sondern ein atmosphärisch dichter Science-Fiction-Horror, dem der Zahn der Zeit bemerkenswert wenig anhaben konnte.

Seltsame Dinge ereignen sich in den Schweizer Alpen in einem kleinen Örtchen, dass wie das naheliegende Massiv den klingenden Namen Trollenberg (Monteville in der deutschen Synchronisation) trägt: ein Student, der mit zwei Freunden zu einer Klettertour aufgebrochen ist, verliert in den Bergen aus unerklärliche Weise den Kopf – im wahrsten Wortsinne. Kurz darauf kommen die Schwestern Sarah (Jennifer Jayne) und Anne Pilgrim (Janet Munro) zusammen mit dem patenten Alan Brooks (Forrest Tucker) in dem Ort an. Während letzter als Beobachter der UN im Observatorium des Ortes zusammen mit dem Wissenschaftler Prof. Crevett (Warren Mitchell) herausfindet, dass die Vorkommnisse im Zusammenhang mit einer mysteriösen, stationären und radioaktiven Wolke stehen könnten, die über dem Berg schwebt, scheint die übernatürlich begabte Anne in sporadischem telepathischen Kontakt zu etwas zu stehen, dass sich in besagter Wolke versteckt hält…

…und selbstredend nichts Gutes plant, könnte man als (überflüssige) Ergänzung noch hinzufügen. Denn etwas Wohlwollendes wird wohl kaum aus einer radioaktiven Formation herauskriechen, die der Titel als „Teufelswolke“ anpreist. So ist es auch keine wirkliche Überraschung, dass die Wolke nur als Tarnung für eine geplante außerirdische Invasion dient: glupschäugige Aliens, die wie eine Mischung aus Tintenfisch und Gehirn aussehen, akklimatisieren sich langsam, um die Erde von den Bergen aus zu erobern. So weit, so trashig. Auch das plot device der Telepathie ist eher ein vergessenswertes Gimmick. Dennoch ist Die Teufelswolke von Monteville ein sehenswerter Vertreter seines Genres und seiner Zeit. John Carpenter inspirierte er zu The Fog – Nebel des Grauens und gerade jenes wabernde Naturphänomen weiß der Film gekonnt einzusetzen. Atmosphäre ist alles in diesem Werk, das sich viel Zeit nimmt, bis es seine Kreaturen in voller Pracht auf den Zuschauer loslässt. Dabei gilt ähnliches wie bei Filmen wie Alarm für Sperrzone 7: die Technik mag veraltet sein, aber die Monster sind gut genug ausgeführt und mit dem gebührenden Elan in Szene gesetzt, dass sie sich nicht der Lächerlichkeit preisgeben. Die Teufelswolke von Monteville ist ein Prüfstein für das Publikum: ist es bereit, sich der Illusion, also dem wichtigsten Element zur Akzeptanz des Mediums allgemein, hinzugeben und die Kreaturen im Rahmen der Handlung zu akzeptieren? Wenn dem nicht so ist, ist man bei Genrefilmen wie diesem nicht gut aufgehoben. Wenn ja, offeriert dieser von TV-Veteran Quentin Lawrence inszenierte Film einige gruselige Bilder, die es durchaus schaffen, ein Bedrohungsszenario aufzubauen. Seine Regie ist so stark, dass sie über einige Disharmonien (wie beispielsweise die Panik eines jungen Mädchens im Angesicht eines der Monster, die lediglich von der Tonspur behauptet wird, im Gesicht des Kindes aber keinerlei Entsprechung findet) hinweg hilft. Selbst im Grunde zum brüllen komische Szenen wie jene mit der Zwei-Kamera-Überwachungsanlage auf dem Dach des Observatoriums, die augenscheinlich ein direkter Vorfahr der NSA-Spionagetechnik war, kann der Film so überstehen.

So empfiehlt sich der Film durch seine gekonnte Dramaturgie und die sorgfältige Gestaltung. Das Sounddesign, gerade das der Aliens, ist hervorragend, die Darsteller sind allesamt durchschnittlich, aber grundsolide. Auch die vergleichsweise größere Gewichtung auf die „Wissenschaft“ hinter dem Spektakel als Opposition zu den oftmals gleich militärischen Lösungen vergleichbarer US-Produktionen macht Die Teufelswolke von Monteville interessant.
Dank einer deutschen DVD-Veröffentlichung im Rahmen der Galerie des Grauens-Reihe scheint dem Film auch vor dem Schicksal seiner zugrundeliegenden TV-Serie bewahrt worden zu sein. Denn Die Teufelswolke von Monteville basiert auf der TV-Adaption des Stoffes, der unter dem gleichnamigen Originaltitel, The Trollenberg Terror, in sechs Episoden 1956 produziert wurde. Was mit der Serie passiert ist, liegt im Dunkel der Geschichte, lediglich IMDB äußerst sich dahingehend, dass alle sechs Episoden verschollen seien und ordnet sie gleich dem Tag „lost tv series“ zu.
Die Teufelswolke von Monteville hat dies nicht verdient, denn als gestalterisch und inhaltlich bemerkenswertes Zeitdokument sowie als pures Fest für jeden B-Film-Freund ist sie ein Genuss.



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