GODZILLA
USA/Japan 2014
Dt. Erstaufführung: 15.05.2014
Regie: Gareth Edwards
USA/Japan 2014
Dt. Erstaufführung: 15.05.2014
Regie: Gareth Edwards
Es ist an der Zeit, die Frauen und
Männern zu beglückwünschen, die sich für das Marketing von Godzilla anno 2014 verantwortlich zeichneten. Ihre hervorragenden
Trailer werden am Eröffnungswochenende sicherlich sehr, sehr viele Menschen in
die Kinos locken, bevor die Botschaft die Runde macht, dass der leider allzu
oft zutreffende Spruch „Don’t believe the Hype“ auch hier angewendet werden
kann. Gareth Edwards, der sich mit seinem eleganten Indie-Film Monsters, in dem sich außerirdisches
Leben auf der Erde einnistet und beginnt, ein eigenes Ökosystem aufzubauen, empfahl,
galt als Hoffnungsträger, als jemand, dem man zutraute, den
US-Sommerblockbuster mit einer Arthouse-Sensibilität zu kombinieren. Dies ist
nicht gelungen, denn auch wenn Edwards durchaus mit der Erwartungshaltung des
Publikums spielt, geht das Kalkül nicht auf, denn Godzilla verlangt, dass man mit Charakteren mitfiebert, die die Tiefe
einer Pfütze haben. Natürlich erwartet man im Grunde in einem Film mit einem
riesigen Reptil im Titel keine tiefschürfenden Figuren, aber gerade weil
Edwards und Drehbuchneuling Max Borenstein den Zuschauer zwingen, sich
größtenteils mit den menschlichen Protagonisten zu beschäftigen, ist deren
armselige Charakterisierung durchaus als Frechheit zu werten.
1999 erwecken Bergbauarbeiten auf den Philippinen ausversehen
ein vorzeitliches Ungeheuer, dass sich von Radioaktivität ernährt. Auf seiner
Suche nach Nahrung steuert es das nächstgelegene Atomkraftwerk in Japan an und
löst mit seinem unerkannten Besuch eine Katastrophe aus, bei der die Mutter
(Juliette Binoche) des kleinen Ford (CJ Adams) ums Leben kommt. Sein Vater Joe
(Bryan Cranston) kann mit dem Verlust nicht umgehen und sucht auch noch 15
Jahre später nach einer Erklärung für das Unglück. Ford (Aaron Taylor-Johnson)
ist inzwischen mit Elle (Elizabeth Olson) verheiratet und hat seinerseits einen
kleinen Sohn (Carson Bolde). Als der als Kampfmittelbeseitiger bei den US-Streitkräften
arbeitende Ford nach einem Einsatz nach Hause kommt, erwartet ihn gleich der
nächste Auftrag: sein Vater ist in Japan wegen wiederholtem Betreten des
gesperrten Gebietes des ehemaligen Atomkraftwerks verhaftet worden. Ford begibt
sich nach Japan, um seinen Vater aus dem Gefängnis zu holen und stolpert so unversehens
mit in dessen manische Recherchen hinein. Schon bald sollen sie der Ursache für
das damalige Unglück Auge in Auge gegenüberstehen, denn das Monster von damals
ist nun ausgewachsen und begibt sich auf Brautschau. Da erscheint es durchaus
als Glücksfall, dass man 1954 versehentlich eine weitere urweltliche Kreatur
geweckt hat, die sich nun als Spitze der Nahrungskette erweist und Jagd auf das
andere Monster machen kann: Godzilla.
Das Godzilla die
Bedrohung durch eine unkontrollierbare Gewalt auf den kleinsten gemeinsamen
Nenner, die Familie, herunter bricht, ist nichts neues. Doch selbst die
Tom-Cruise-Sippschaft in Steven Spielbergs Version von Krieg der Welten war interessanter als die Brodys. Oder spezifiziert:
als Ford Brody. Aaron Taylor-Johnson, der als Hänfling in Kick-Ass bekannt wurde, sieht inzwischen wie ein
Channing-Tatum-Klon aus und spielt dementsprechend. Sein Ford ist so derartig
blass, dass man knapp 40 Minuten hofft, er möge einfach nur als lästiges
Anhängsel seines Vaters Joe durch den Film wandeln. Bryan Cranston ist ein
begnadeter Schauspieler, der durch sein Spiel eine sofortige, glaubwürdige
Reaktion beim Publikum generieren kann. Wenn Joe weint und tobt, ist man als
Zuschauer sofort mit in seinem emotionalen Sog, eben weil Cranston so gut ist.
Doch dann verabschiedet er sich nach nicht einmal der Hälfte der Spielzeit aus
dem Film und in Sachen menschliche Ankerpunkte stirbt Godzilla einen langsamen Tod. Der Rest der Familie Brody ist so
langweilig charakterisiert, so lustlos ins Szene gesetzt, dass man sich ständig
fragt, warum man gezwungen wird, mit diesen Figuren die Zeit zu verbringen.
Sicherlich könnte man unter anderen Umständen darüber
hinwegsehen, waren doch auch die Protagonisten im letztjährigen, alles in allem
erfolgreicherem „Giant-Monster-Movie“ Pacific
Rim nicht gerade Ausgeburten der Originalität, aber immerhin lebendiger
gezeichnet, aber gerade weil Edwards mehr abliefern will als ein
Standardprodukt und sich, wie in Monsters
demonstriert, für die menschlichen Dimensionen seiner Situationen interessiert,
fallen die extremen Disharmonien so ins Gewicht. Für 40 Minuten ist der Film
ein unterhaltsam aufgeblähtes B-Movie, danach kann man das Wörtchen „unterhaltsam“
streichen. Es ist erstaunlich, wie sehr Godzilla
von Cranston profitiert und wie sehr sein Verlust eine Lücke in die Gefühlswelt
des Films reißt.
Sind dann wenigstens die Szenen ein Erfolg, für die man
schließlich in einen Godzilla-Film
geht? Bedingt. Man ist sehr darauf bedacht, der Action keinen allzu großen Raum
zuzugestehen, was bei einem Film dieser Art etwas irritierend ist. Bis zum
großen Finale, in dem Godzilla gegen zwei andere Monster kämpft und dabei San
Francisco in Schutt und Asche legt, verweigert sich das Werk konsequent einer
Ausbuchstabierung seiner Zerstörungsorgien. Der erste Kampf zwischen Godzilla
und einem seiner Gegner wird durch flüchtige TV-Bilder abgefrühstückt, ebenso
die Zerstörung von Las Vegas. Das ist als Spiel mit den Erwartungshaltungen des
Publikums interessant, dürfte aber auch für diverse Unstimmigkeiten sorgen.
Wenn man nicht vom Showdown überzeugt wird, könnte man das Gefühl bekommen,
recht wenig von dem gesehen zu haben, wofür die Godzilla-Filme bekannt sind.
Irritierend ist auch die Geschichte, mit der man die
Existenz von Godzilla und den anderen M.U.T.O.s (Massive Unidentifizierte
Terrestrische Organismen) erklärt. War Godzilla im japanischen Original 1954
ein durch Menschenhand entstandenes Ungeheuer, eine Bedrohung als Sinnbild für
die Maßlosigkeit und die Zerstörungskraft des Menschen, die sich in Form eines
wütenden Tieres rächt, sind die Monstren hier Teil eines ominösen urzeitlichen
Ökosystems, dass 1954 durch Expeditionen in die Tiefsee teilweise reaktiviert
wurde. Die Atomtests der 1950er-Jahre waren in der Welt von Godzilla denn auch keine Tests, sondern
Versuche, das Biest zu töten. Das ist alles ziemlich holprig und wird
bemerkenswert verklausuliert erzählt bis zu dem Punkt, an dem man sich fragt,
was an durch Strahlung entstandenen Ungeheuern denn so schlecht sein soll. Der
kritische Ansatz, den man im Japan der Fünfziger noch mit der Erschaffung von Gojira verfolgte, wird hier in den
Hintergrund gedrängt, die menschliche Verantwortung marginalisiert und durch
einen wie zufällig eingeworfenen Satz des „magical asian guys“ Dr. Ichiro
Serizawa (Ken Watanabe) beendet. Dementsprechend zündet auch die Idee nicht
richtig, dass man durch Atommüll das Heranwachsen eines weiteren M.U.T.O.s erst
möglich gemacht hat.
Reich ist Godzilla
hingegen an visuellen Einfällen, einige hat Edwards zwar aus Monsters recycelt, andere hingegen sind
geradezu grandios. Das Bild eines unter einem Flugzeugträger schwimmenden
Godzillas oder auch, wie das riesenhafte Tier von eben solchen Schiffen de
facto eskortiert wird - das Bild einer bizarren Allianz. Und wenn der
titelgenende „König der Monster“ am Ende ins Meer verschwindet, sich die Wellen
sofort wieder glätten und Stille eintritt, dann hätte man dieses Bild durchaus
länger genießen können als die paar Sekunden, die dem Publikum zugemutet
werden. Weniger erfolgreich dagegen ist der zu Trailerzwecken bereits
ausgeschlachtete Sprung aus einem Flugzeug mitten hinein ins monströsen
Geschehen, der eher wie eine Reminiszenz an Transformers
3 wirkt. Hervorragend ist der Vorspann, ein hübsch gestaltetes Werk aus
Archivaufnahmen und solchen, die sich dafür ausgeben.
Was bleibt also am Ende außer einem leidlich unterhaltsamen
Monsterfilm mit verhältnismäßig vielen Monstern, die nicht auf den Namen
Godzilla hören? Nicht viel. Handwerklich hervorragend stehen den ansehnlichen
Effekten und den vielen tollen Details vergessenswerte Figuren und ein mäanderndes
Skript gegenüber. Mehr als angestrengte Blockbuster-Durchschnittsware ist auch Godzilla nicht geworden. Es ist löblich,
dass Hollywood versucht, durch die Verpflichtung von unverbrauchten Regisseuren
ihren Eventfilmen einen neuen Stempel aufzudrücken. Doch der erhoffte Spagat
misslingt, hauptsächlich, weil man sich auf Figuren verlässt, die den Film
nicht tragen können. Wenn dann auch noch das Spektakel weitestgehend ausbleibt,
schiebt man doch lieber das japanische Original in den Player. Oder einen der
nachfolgenden, größtenteils hemmungslos bekloppten Godzilla-Filme. Mehr Freude wird man daran auf jeden Fall haben.
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