Freitag, 23. Mai 2014

Razorback - Kampfkoloß der Hölle (1984)




RAZORBACK – KAMPFKOLOß DER HÖLLE
(Razorback)
Australien 1984
Dt. Erstaufführung: April 1986 (Video-Premiere)
Regie: Russell Mulcahy

Wenn man sich den deutschen Untertitel von Razorback so anschaut, kann man ganz wehmütig ob der Einfallslosigkeit der heutigen Verleiher werden. Es wird einfach weniger solch ehrlich-bekloppter Lyrik fabriziert als noch in den 1980er Jahren, gerade, wenn der Film hierzulande nur für den Heimkinomarkt ausgewertet wurde. In der Poetik des Schwachsinns liegt aber auch eine Falle: Kampfkoloß der Hölle kann Erwartungen wecken, die der Film nicht zu decken imstande ist. Denn der titelgebende „Kampfkoloß“ steht, streng genommen, hauptsächlich in der Gegend herum, weil die Puppe sich nur für Close-Ups eignete. Das ist als Umstand unfreiwillig komisch und dennoch unterhält der Film nur dann, wenn das titelgebende Tier in Aktion tritt. Razorbacks sind verwilderte Hausschweine, wie man sie in den USA und in Australien, dem Schauplatz dieses Films, findet und dementsprechend hat man es dann auch noch mit dem ganz besonders dummen Subgenre des Tierhorrors zu tun. Anders als beispielsweise Der weiße Hai findet Razorback immerhin eine leidliche Erklärung für den vom Tier ausgehendem Horror: es ist halt ein ganz besonders großes Schwein. Wer fragt, warum dieser Umstand allein mit einer erhöhten Aggressivität und Menschenfresserei einhergeht, der ist im Genre allgemein und bei Razorback im Speziellen wohl fehl am Platz.

Die amerikanische Journalistin Beth Winters (Judy Morris) reist nach Australien, um dort über die illegale Känguruhjagd zu berichten. Als sie im Outback verschwindet, reist ihr Mann Carl (Gregory Harrison) bald nach, um seine Frau zu suchen. Er entdeckt, dass Beth von einem riesigen verwilderten Schwein, einem sogenannten Razorback, getötet wurde und versucht, es zur Strecke zu bringen. Den gleichen Plan verfolgt Jake Cullen (Bill Kerr), dessen kleiner Enkel dereinst von dem Monster getötet wurde und er sich in den Augen der Justiz und seines Umfelds nie ganz von dem Vorwurf des Mordes freimachen konnte…

Mit Razorback konnte der australische Regisseur Russell Mulcahy international auf sich aufmerksam machen und bekam als nächstes die Verantwortung für Highlander – Es kann nur einen geben übertragen. Das ist schön für Mulcahy, verwunderlich aber dahingehend, warum sein Malen-nach-Zahlen-Horror ihn für den Job empfahl. Denn bemerkenswert sind an Razorback bestenfalls eine psychedelische Traumsequenz und seine Verweigerungshaltung gegenüber seinen Figuren. Eine Katharsis wird ihnen größtenteils vorenthalten. Jake Cullen ist jahrelang auf der Suche nach dem Ungetüm, das in der effektivsten Angriffsszene des ganzen Films seinen Enkel tötet, nur um dann seiner Rache beraubt zu werden. Ebenso kommt das Schwein Carl zuvor, als dieser einen Outback-Redneck (David Argue) stellt, der sehr viel mehr zum Tod von Beth beigetragen hat als das lediglich seine Chancen nutzende Tier. Überhaupt gerät der titelgebende Eber im Vergleich mit den menschlichen Antagonisten zusehends ins Hintertreffen. Die Rednecks sind grausam, ebenso das Umfeld des gebeutelten Cullens, so dass das Riesenschwein streckenweise wie ein zweitrangiger Drehbucheinfall wirkt. Es ist eher die Fähigkeit zu perfiden Plänen, die erschreckend ist, weniger der Razorback – kein allzu guter Ausgangspunkt für einen Tierhorrorfilm.

Wie erwähnt, mangelt es der verwendeten Puppe an Bewegungsmöglichkeiten. Dieses Manko wird teilweise durch den Schnitt wett gemacht. William M. Anderson schafft eine sehr suggestive Montage, die den Zuschauer glauben lässt, er habe mehr gesehen als wirklich da war. Bei genauerem Hinsehen wird das Tier eben hauptsächlich in Nahaufnahmen und verschämten Schwenks gezeigt, wenn es sich bewegt, tut man das nötigste, um die Unzulänglichkeiten der Animatronic zu kaschieren. Der Kampfkoloß ist ziemlich träge, wenn es drauf ankommt.

Unterm Strich ist Razorback ein ungemein trashiges B-Movie, das sich allzu viele Nachfragen nach Sinn und Unsinn des Ganzen verbietet. Unterhaltsam wird es immer dann, wenn das titelgebende Tier einen Auftritt hat und manchmal gelingt es gar, ein paar interessante Kamerapositionen und dementsprechende Bilder zu finden, sogar den ein oder anderen humorvollen Einfäll lässt sich Mulcahy nicht nehmen. Außerdem eignet sich das australische Outback ungemein gut für jegliche Filme dieser Art. Die menschlichen Figuren sind austauschbar und ihre Dramen werden, mit Ausnahme jenem von Cullen, überraschend wenig ausgespielt. Wer knapp 90 Minuten ziemlich genügsame Unterhaltung sucht, der könnte bei Razorback sogar fündig werden. Und wer nur wegen des deutschen Untertitels nach ihm greift – wer könnte ihm/ihr das verübeln?



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