Dienstag, 6. Mai 2014

Weltraumschiff MR-1 gibt keine Antwort (1959)




WELTRAUMSCHIFF MR-1 GIBT KEINE ANTWORT
(The Angry Red Planet)
USA 1959
Dt. Erstaufführung: 13.04.1963
Regie: Ib Melchior

Regisseur Ib Melchior ist trotz seines überschaubaren Oeuvres Freunden des phantastischen B-Films ein Begriff – eigentlich fast nur wegen Weltraumschiff MR-1 gibt keine Antwort, seinem Spielfilmdebüt. Danach sollte er noch 2071: Mutan-Bestien gegen Roboter inszenieren und das Drehbuch für Frankensteins Todesrennen schreiben ansonsten ist sein Beitrag zum Genre gering. Seit 1970 hat er nicht mehr als Regisseur gearbeitet, seit 1975 nicht mehr als Autor. Spricht dies für die besondere Qualität von Weltraumschiff MR-1, dass er unter Genrefans einiges an Bekanntheit genießt? Bedingt, ja. Großes Kino oder große Science-Fiction ist der Film nicht, wohl aber eine spaßige Pulp-Angelegenheit mit liebevollen Effekten und dem Charme vergangener Tage.

Der erste bemannte Marsflug kehrt zur Erde zurück, doch die vierköpfige Crew reagiert nicht auf die Kontaktversuche aus dem Kontrollzentrum. Per Fernsteuerung gelandet, finden sich an Bord nur noch zwei Besatzungsmitglieder, eins davon, Dr. Iris Ryan (Nora Hayden) ist schwer traumatisiert. Nach etwas Erholung ist sie bereit, den Anwesenden von der Mission zu berichten, die voller Hoffnung begann, dann aber in einer Katastrophe endete…

Im penetranten originalen Trailer zum Film wird nicht versäumt, ständig auf das spektakuläre „Cinemagic“-Verfahren hinzuweisen, dass für die auf dem Mars spielenden Szenen verwendet wurde. Im Endeffekt beschränkt es sich darauf, den Film wie eine rot eingefärbte Negativkopie aussehen zu lassen, was sich schlimmer anhört, als es im Endeffekt ist. Auf dem Mars ist eben alles rot, auch wenn bei Melchior der Planet natürlich nicht die Steinwüste ist, die irdische Rover heute vorfinden. Hier gedeiht eine faszinierende (und gefräßige) Tier- und Pflanzenwelt und auch vernunftbegabte Kreaturen sind nicht weit. Es gehört sicherlich zu den interessantesten Einfällen des Drehbuchs, diese nicht als Aggressoren zu zeigen, die den Besuchern nachstellen. Vielmehr beruft sich der Film auf eine Umkehrung der Interpretationen: die Menschen sehen sich als Wissenschaftler, greifen mit neuartigen Waffen (und Macheten) aber massiv in das Ökosystem ein und werden deshalb von den Marsianern quasi des Planeten verwiesen. Von der Erde kann nichts Gutes kommen, wird der Planet doch von einer geradezu primitiven Spezies mit gefährlichen Möglichkeiten beherrscht. Weltraumschiff MR-1 wirkt in seiner Grundaussage von Der Tag, an dem die Erde stillstand inspiriert, nur ohne die generöse Einladung, unter einer „sanften Diktatur“ sich der Friedfertigkeit zu verpflichten. Melchiors Aliens wollen mit den Wilden, die da des Weges kommen, nichts zu tun haben. Im Kontext der Zeit ist dies durchaus interessant, transportiert es doch den Wunsch nach einer friedlichen Welt jenseits der atomaren Bedrohung – andernfalls wird es nichts mit dem Erstkontakt.

Der Film lebt auch von den Monstren, auf die die Crew trifft. So versucht eine riesige Pflanze Dr. Ryan zu verschlingen, eine bizarre Mischung aus Ratte, Spinne und Krabbe greift an und eine irgendwie niedlich aussehende Riesenamöbe hindert die Menschen daran, auch in der Stadt der Marsianer Unheil anzurichten. Das alles ist mit Liebe gemacht und die Kompositionen funktionieren ausgezeichnet, wohl auch, weil der Rot-Filter einiges gnädigerweise überdeckt. Das Innere des Raumschiffs ist als funktionaler, klobiger Technikraum ein Kind seiner Zeit, selbstredend mit ewig währender Sauerstoffversorgung und mysteriös vorhandener Schwerkraft.
Die Charaktere sind aus heutiger Sicht der größte Comedyfaktor des Films. Gerald Mohr gibt den gepflegt-sexistischen Colonel, der Dr. Ryan beständig „Irish“ anstatt „Iris“ nennt, Veteran Les Tremayne ist der stereotype steife Professor und Jack Kruschen ist als Cheftechniker eine Mischung aus allen sieben Zwergen von Disney. Immerhin versucht man, Nora Hayden mehr zu tun zu geben als nur die Frauenquote zu erfüllen. In den entscheidenden Momenten ist sie zwar wieder die „Jungfrau in Nöten“, aber immerhin gibt sie den plumpen Annäherungsversuchen des Colonels nicht allzu bereitwillig nach und hofft bei Problemlösungen auch nicht auf Geistesblitze der Männer.

Weltraumschiff MR-1 gibt keine Antwort ist entwaffnend-ehrlicher Trash, eine Art verfilmter Roman aus der bekannten Terra-Reihe der 1950er Jahre mit hübschen Effekten und ansprechender Dramaturgie, die zwar mit ein paar Längen zu kämpfen hat, den Zuschauer aber immer wieder zurück ins Geschehen zu holen vermag. Und dank des Drehbuchs von Melchior und Sidney W. Pink verkommt der Film auch nicht zum völlig gehaltlosen Abenteuerfilmchen. Man kann verstehen, warum Genrefans Ib Melchior nicht vergessen haben.



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