DER DIEB DER WORTE
(The Words)
USA 2012
Dt. Erstaufführung: 23.05.2013
Regie: Brian Klugman & Lee Sternthal
Dt. Erstaufführung: 23.05.2013
Regie: Brian Klugman & Lee Sternthal
Ein kurzer Blick auf Rotten Tomatoes genügt:
englischsprachige Rezensenten waren nicht gerade begeistert vom Dieb der Worte, mit gerade einmal 22%
positiven Stimmen kann man von einer veritablen Flop sprechen. Dabei ist das
Regiedebüt von Brian Klugman und Lee Sternthal emotional erstaunlich potent und
bietet einen recht akkuraten Blick auf die Fallstricke, die ein „kreativer“
Lebensentwurf mit sich bringt. Zumal sich der Film einer gängigen Dramaturgie
dahingehend verweigert, als dass er große, filmreife Konfrontationen auslässt.
In Der Dieb der Worte wird sehr leise
sehr laut geschrien.
Rory Jansen (Bradley Cooper) ist ein erfolgloser Autor,
dessen Arbeiten zwar Potenzial aufweisen, nicht aber so marktkompatible sind,
als das sich ein Verleger für sie finden würde. So schlägt sich Rory durchs
Leben, nur die Liebe zu seiner Frau Dora (Zoe Saldana) hält ihn aufrecht. Als
die beiden sich entschließen zu heiraten und ihre Flitterwochen in der
Schriftsteller-Sehnusuchtsstadt Paris verbringen, kaufen sie in einem
Antiquitätengeschäft eine alte Ledertasche. Wieder daheim bemerkt Rory
irgendwann durch Zufall, dass im Innenfutter der Tasche ein Manuskript
versteckt ist. Es erzählt so eindringlich die Geschichte eines jungen Soldaten
(Ben Barnes) im Paris am Ende des Zweiten Weltkrieges, dass Rory sein eigener
Misserfolg nochmals schmerzlich vor Augen geführt wird. Nur um zu spüren, wie
es ist, wenn solch kraftvolle Worte aus seinen Fingern strömen, beginnt er, das
Manuskript anzuschreiben, Zeile für Zeile, Wort für Wort. Es kommt, wie es
kommen muss: die Geschichte landet bei einem Verleger, wird gedruckt und bildet
den Grundstein für Rorys langersehnten Erfolg als Schriftsteller. Eines Tages
taucht ein alter Mann (Jeremy Irons) auf – und Rorys Lügengebäude droht zu
kollabieren.
Der Dieb der Worte
besteht aus drei Erzählebenen: in der einen wird die Geschichte von Rory
erzählt, die ihrerseits die Grundlage für ein Buch geliefert hat, dass in der
als Rahmenhandlung zu verstehenden Lesung des Autors Clay Hammond (Dennis
Quaid) rezitiert wird. Die von Rory gefundene Erzählung ist ebenfalls als
Flashback erzählt. Was sich zunächst kompliziert anhört, ergibt im Endeffekt
nicht nur ein natürlich fließendes, keineswegs verwirrendes Ganzes, sondern ist
auch mehr als die Summe seiner Teile. Sicherlich ist der Rahmen mit Dennis
Quaid und einer als Figur ziemlich ziellosen Olivia Wilde als Daniella der
schwächste Part, passt aber in seiner melancholischen Stimmung zum Rest des
Films. Der Dieb der Worte ist ein
Film über Geschichten, sicherlich, aber auch darüber, wie Realitäten zu eben
jenen Geschichten werden, die wir in Büchern und Filmen antreffen. Die drei
Ebenen sind miteinander verbunden, womöglich etwas vorhersehbar, aber dennoch
stimmig. Leben werden zu Erzählungen, die ihrerseits wieder zu so etwas wie Legenden
werden. So räumt Hammond nie ganz die Zweifel aus, ob er der „wahre“ Rory ist,
die Hauptgeschichte also nur eine mit Alter-Egos erzählte Wahrheit ist, oder ob
es sich um eine dramatisierte Version einer Realität handelt, die nur in
Auszügen so stattgefunden hat. Hat sich Hammond dem Plagiat schuldig gemacht?
Will er mit der Rory-Geschichte alles wieder ins Lot rücken, Buße tun? Der Dieb der Worte mag in diese Richtung
argumentieren, gänzlich anderen Interpretationen verschließt er sich dabei
nicht.
Der Duktus ist ruhig, vielleicht zu ruhig für manches
Publikum. Aber auch darin liegt eine der ungeahnten Kräfte des Films. Die
innere Spannung wird gehalten und gerade im Zusammentreffen von Rory und dem
alten Mann liegt sehr viel emotionaler Zündstoff, der sich nicht auf der
Leinwand entlädt, wohl aber stetig glimmt. „Sie nahmen diese Worte, dann
nehmen Sie auch den Schmerz“ wird zu einem zentralen Satz, der sehr viel besser
funktioniert als jede öffentliche Entblößung, die man Rory hätte angedeihen
lassen können. Auch die als sehr harmonisch geschilderte Beziehung zwischen
Rory und Dora explodiert nicht, sondern zerbricht leise und dadurch umso
schmerzvoller. Manchmal sind die kleinen Gesten sehr viel kraftvoller als das
große Gehabe.
So ist Der Dieb der
Worte ein trauriger, aber emotional dadurch auch erstaunlich involvierender
Film geworden. In der Kreativität liegt per se viel Leid und Klugman und
Sternthal sind entwaffnend ehrlich damit. Selbst- und Außenbild können leicht
kollidieren, Neid und innere Melancholie jemanden in ethische Dilemmas stürzen.
Rory ist kein schlechter Mensch, nur jemand, dessen kreative Arbeit nicht so
geschätzt wird, wie er es sich wünscht. Der
Dieb der Worte ist weitaus klüger, als es die restlichen 78% auf Rotten Tomatoes ihm zugestehen wollen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen