NO!
(¡No!)
Chile/USA/Frankreich/Mexiko 2012
Dt. Erstaufführung: 07.03.2013
Regie: Pablo Larraín
Dt. Erstaufführung: 07.03.2013
Regie: Pablo Larraín
Als erster chilenischer Film, der für
den Fremdsprachen-Oscar nominiert war, ist No!
allein deshalb ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit sicher. Verdient hat es der
von Pablo Larraín inszenierte Film auf jeden Fall, auch wenn seine fiktive
Geschichte recht konventionell erzählt ist und als solche wenig Überraschendes
bietet. Was den Film aber über den Durchschnitt hebt, ist seine Form. No! besteht zu 30% aus originalem Archivmaterial
aus den 1980er Jahren. Doch die Übergänge zwischen diesem und den knapp 30
Jahren später entstandenen Spielszenen sind so gut wie unsichtbar, dank eines
genial einfachen Kniffs.
Ende der 1980er Jahre in Chile: Im Hinblick auf den
zunehmenden internationalen Druck auf die Militärdiktatur in Chile unter
Augusto Pinochet gewährt der Alleinherrscher der Opposition jeden Tag 15
Minuten Sendezeit im staatlichen Fernsehen – ein Referendum soll darüber entscheiden,
ob Pinochet weitere 8 Jahre im Amt bleiben soll. Eine einfache „Ja oder Nein“-Wahl
steht dem Land bevor und für die „No“-Kampagne wird der Werbefachmann René
(Gael García Bernal) verpflichtet. Mit ebenso respektlosen wie zeitgemäßen
Ideen rückt er der Regierung werbewirksam auf den Pelz und macht sich damit
nicht nur Freunde…
Gedreht wurde der Film mit U-matic-Videokameras im Format
4:3, um den reibungslosen Übergang zwischen den Originalwerbespots der Zeit und
dem neuen Material zu ermöglichen. Das Ergebnis mag auf den ersten Blick
gewöhnungsbedürftig sein, entpuppt sich aber bald als ziemlich kluger
Schachzug, erlaubt er dem Zuschauer doch so nicht nur eine emotionale, sondern
auch eine ästhetische Annäherung an das Thema. Das Originalmaterial hat in
seiner Aktualität wenig an Relevanz verloren, was an sich schon
diskussionswürdig ist, No! kann man
nicht nur als unterhaltsame Geschichtsstunde, sondern auch als augenzwinkernder
Kommentar auf heutiges Ringen um die Demokratie werten.
Unter diesem Gesichtspunkt hat womöglich auch die
dramaturgisch konventionelle Geschichte ihre Berechtigung: als bösartiger
Fingerzeig. René nimmt den Job an, ohne so recht zu wissen, worauf er sich
einlässt. Er und seine Familie werden bedroht, es gibt Schmähanrufe, Einbrüche
in seine Wohnung. Vom Standpunkt des routinierten Cineasten mag man meinen,
dies wäre vorauszusehen gewesen. Wenn du dich mit den Mächtigen anlegst wirst
du nicht in Lenor gehüllt. Der Subtext, dass sich die Mechanismen, wie Menschen
miteinander umgehen, stetig wiederholen, ist böse, wird aber wenig ausgespielt.
Larraín inszeniert altbekannte Versatzstücke des politischen Thrillers neu, was
ihm formal so hervorragend gelingt, dass man über den klischeehaften Charakter
weniger nachdenkt. Also: das Drehbuch von Pedro Peirano erfindet das Rad nicht
neu, ihn sind in dieser Hinsicht geradezu die Hände gebunden. Darin mag man
eine subtile Stärke erkennen, muss es aber nicht.
No! eröffnet einen
erstaunlich vergnüglichen Blick auf eine Zeit südamerikanischer Geschichte, die
vom Rest der Welt schnell vergessen wird. Larraín bricht Kontexte auf, um sie
für seinen Film neu zu verknüpfen, die Webespots erfüllen so sowohl narrative als
auch ästhetische Aufgaben, No! ist
gleichermaßen Satire wie Drama, Geschichtsrekonstruktion wie augenzwinkernder
Kommentar. Das scheinbare Gegensatzpaar Mediensatire und Geschichtsstunde
werden so auf unterhaltsame, formal in seiner Einfachheit bestechenden Art und
Weise vermählt. Zu diesem Nein kann man nur Ja sagen.
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